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Herzensangelegenheit. Ein Barcelona-Fan mit der Flagge der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung.

© Maso/AFP

Kampf um Unabhängigkeit: Katalonien ist zu klein für den FC Barcelona

Die Katalanen wollen sich von Spanien abspalten - das Projekt ist für den FC Barcelona hochgradig riskant. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Euphorie war Mittwochabend nur ein schwaches Wort. In Barcelona und in Berlin wurde gebrüllt, geweint, getobt. Bei der remuntada des FC Barcelona, der kaum fassbaren Wiederauferstehung in der Champions League, haben das Camp Nou und der „Penya Barcelonista Berlin Culer“, 1800 Kilometer entfernt im Kino Zukunft in Friedrichshain, gebebt. Der 8. März 2017 ist jetzt für Barça-Fans ein magisches Datum. Wohl sogar einen Tick mehr als das nächste, das sich abzeichnet, das Finale in der Champions League am 3. Juni in Cardiff. Wer da gewinnt, steht in Barcelona und Friedrichshain schon fest. Doch ein miracle wie das 6:1 nach dem Desaster in Paris ist kaum zu toppen. Man darf sich einen Barça-Fan jetzt als notorisch glücklichen Menschen vorstellen.

Der sich allerdings, so paradox es klingen mag, wegen des Wunders auch Sorgen machen muss. Die remuntada des in Katalonien als Pfeiler der eigenen, rebellischen Identität verehrten Barça bringt zusätzlichen Schwung in ein Abenteuer, das die Zukunft des Klubs ruinieren könnte. Die katalanische Regierung will die Region noch in diesem Jahr von Spanien abspalten. Dass sich bislang nur etwa die Hälfte der Bevölkerung für die Unabhängigkeit ausspricht, stört die Separatisten um Ministerpräsident Carles Puigdemont nicht. Sie sind schon dabei, Parallelbehörden zu denen des spanischen Staates aufzubauen, darunter ein katalanisches Außenministerium. Der Drift in die Unabhängigkeit scheint kaum aufzuhalten zu sein. Obwohl das Projekt gerade für Barça hochgradig riskant ist.

Wenn Spanien trotz äußerstem Widerwillen die Provinz ziehen lässt, wird Katalonien einen hohen Preis zahlen müssen. Das Land würde keineswegs, wie die Separatisten behaupten, automatisch in die EU aufgenommen. Und es ist zumindest fraglich, dass der königlich-spanische Fußballverband den FC Barcelona weiter in der Primera División mitspielen ließe.

Vermutlich müsste sich Katalonien eine eigene Liga aufbauen. In der Barça keinen adäquaten Gegner hätte. Derzeit ist in der Primera División nur ein weiterer katalanischer Verein vertreten, Barças mittelmäßiger Stadtrivale Espanyol Barcelona. Eine katalanische Liga wäre etwa so attraktiv wie die schottische. Barça goes Celtic? Oh no!

Warum also sollten Megastars wie Messi, Neymar und Suarez bei einem Provinzverein bleiben? Wer glaubt schon, der Argentinier, der Brasilianer und der Urugayer würden aus Sympathie für den katalanischen Patriotismus Woche für Woche gegen Amateure spielen?

Ein möglicher Ausweg, die immer mal wieder diskutierte europäische Superliga, eine exklusive Veranstaltung für Spitzenklubs, ist noch weit weg. Und dass die französische Ligue 1 dem FC Barcelona Asyl gewährt, ist nur ein Wunschtraum.

Der wahre Barça-Fan wird natürlich so oder so seinem Verein die Treue halten. Aber eine remuntada der Risikoabwägung in Kataloniens Regierung wäre auch nicht schlecht.

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