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Hertha BSC (mit Jessic Ngankam/links) wurde am Ende als Titelverteidiger nur Siebter.

© imago/Hartenfelser

Juniorcup in Sindelfingen: Die große Lücke im System des DFB

Beim Juniorcup in Sindelfingen zeigt sich, was den deutschen Nachwuchsfußballern fehlt: Dribbler und ballsichere Spieler.

Von David Joram

Meikel Schönweitz ist derzeit vielleicht der wichtigste Mann im deutschen Fußball. Er soll den deutschen Nachwuchs so fördern, dass aus den Jugendspielern von heute Weltmeister von morgen werden. Als sportlicher Leiter ist Schönweitz, 38, für die Junioren des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bis hinauf zur U 21 zuständig. Der Hesse sagt, er suche nicht nach „Lösungen“, das klinge ihm zu drastisch, „immerhin ist nicht alles schlecht im deutschen Fußball.“ Wohl aber sucht er nach „Veränderungen“, weil eben „ein paar Lücken im System aufgegangen sind“, wie Schönweitz es formuliert. Manchmal stellt er ganz pragmatische Fragen, etwa diese: „Warum haben andere Länder so viele Dribbler, so viele ballsichere Spieler?“ Seine Antwort: „Es gibt Länder, die fangen zum Beispiel in der F-Jugend das Spiel im zwei gegen zwei oder drei gegen drei an. Und wir fangen mit sieben gegen sieben an. Man sieht dann 14 Kinder, die dem Ball hinterher rennen, aber nur einen, der den Ball hat.“

Am Wochenende war Schönweitz einer von 10.000 Zuschauern, die den Juniorcup in Sindelfingen besuchten, ein Turnier für U-19-Teams, das schon von Spielern wie Mesut Özil, Lars Ricken oder im vergangenen Jahr Herthas Arne Maier geprägt worden ist. Dort, in der Halle, wurde zwar auch nicht zwei gegen zwei gespielt, sondern sechs gegen sechs, aber Schönweitz kam trotzdem, um sich ein besseres Bild von den Dribblern im Lande zu verschaffen. Mit dem Deutschen A-Jugendmeister Hertha BSC, der als Titelverteidiger zum Junior Cup reiste, A-Jugend-Vizemeister Schalke 04 sowie Bayern München und dem VfB Stuttgart waren vier deutsche Topteams am Start.

Der sportliche Leiter des DFB lobt die Berliner

Einen herausragenden Kicker wie Maier, der im vergangenen Jahr zum besten Spieler des Turniers gewählt worden war und sein Team zum Titel geführt hatte, suchte Schönweitz diesmal aber vergeblich. Die besten Techniker liefen für Rapid Wien auf, das im Finale aber etwas überraschend 2:3 gegen den FC Liverpool verlor. Es war das erste Finale seit 22 Jahren, das ohne deutsche Beteiligung stattfand, vielleicht nur ein Zufall, vielleicht aber auch eine Folge dessen, was Schönweitz beobachtet. Dass dem deutschen Nachwuchsfußball zwar eine formidable Systemoptimierung gelungen ist, dabei aber viel Kreativität verloren ging, Straßenfußballmentalität.

Die brachte auch Hertha BSC nicht mit nach Sindelfingen. Und Dennis Jastrzembski, 18, der dem Bundesliga-Kader von Pal Dardai angehört, half der U 19 auch nur bedingt weiter. In der Vorrunde verlor das Team von Trainer Michael Hartmann gegen Rapid Wien und Bayern München, gegen die Glasgow Rangers spielte Hertha 3:3. Auch die Zwischenrunde brachte keinen Sieg und so fanden sich die Berliner nach den Spielen gegen den FC Liverpool (1:1) und den VfB Stuttgart (0:4) am Ende nur im Duell um den siebten Platz wieder. Nach Toren von Tarik Gözüsirin und einem Doppelpack von Kapitän Jessic Ngankam besiegten sie Atlanta United 3:2 und verließen das Turnier in der Nähe Stuttgarts nicht als Letzter.

Hartmann sprach trotz der klar verpassten Titelverteidigung ein mildes Urteil: „Wir sind komplett unter unseren Möglichkeiten geblieben. Nicht, weil wir nicht hätten mithalten können, sondern weil wir die zahlreichen Torchancen, die wir im zweiten, dritten, vierten Spiel hatten, nicht nutzen konnten. Auch gegen Liverpool musst du in der Zwischenrunde gewinnen. Im Großen und Ganzen war die Leistung okay - bis auf das Spiel gegen Stuttgart, in dem wir keine gute Einstellung hatten.“

Lob für die Berliner gab es von Schönweitz: „Der Übergang von der Jugend zur ersten Mannschaft funktioniert dort sehr gut, weil die drei entscheidenden Trainer – Dardai, Hartmann und Covic – eine sehr, sehr gute Kommunikation miteinander haben. Das ist ein entscheidender Faktor, warum so viele Jungs da oben reinkommen.“ Und was Schönweitz noch ganz gut findet: „Berlin ist die letzte Stadt, in der noch ein bisschen Straßenfußballmentalität aufkommt.“

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