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Faust auf Faust. Trainer Bruno Labbadia (Mitte) klatscht Jessic Ngankam ab, der gegen Dortmund eingewechselt wurde und eine Halbzeit lang gut spielte.

© Tim Groothuis/Imago

Jessic Ngankam und Lazar Samardzic: Diese Hertha-Talente sind absolut förderungswürdig

Herthas Trainer Bruno Labbadia scheut sich nicht, die junge Garde reinzuwerfen. Vor allem zwei Spieler bieten sich an.

Neulich ist Bruno Labbadia gefragt worden, weshalb er an Vedad Ibisevic als Sturmspitze festhalte. Der Trainer von Hertha BSC hat dann einiges ausgeführt, er hat von Fixpunkten und Achsenspielern gesprochen, die jede gut funktionierende Mannschaft nun einmal brauche. Vor allem aber hob Labbadia das „Leadership“ des bosnischen Stürmers hervor, das Ibisevic derzeit so „wichtig und wertvoll“ für Hertha mache. Dass Vedad Ibisevic bald 36 wird und damit als Fußballprofi praktisch kurz vor seiner Pensionierung steht, interessiere ihn überhaupt nicht. Für Labbadia ist das Alter eines Spielers nicht mehr als eine Randnotiz.

Wenn Hertha am Samstagnachmittag die Mannschaft von Eintracht Frankfurt im Olympiastadion empfängt (15.30 Uhr/live bei Sky), wird zu beobachten sein, wie altersdurchlässig Bruno Labbadia denkt. Es werden neben den Spielern der Ü-30-Fraktion (Ibisevic, Jarstein, Pekarik und Skjelbred), die seit Labbadias Arbeitsantritt bei Hertha jeweils in der Startelf gesetzt waren, auch sehr wahrscheinlich ganz junge Spieler ihre Spielzeiten bekommen. Etwa Jessic Ngankam oder Lazar Samardzic. Die beiden Talente aus der vereinseigenen Nachwuchsakademie sind mit 19 und 18 Jahren gut halb so alt wie Kapitän Ibisevic. „Wir scheuen uns nicht, die junge Leute reinzuwerfen“, sagte Labbadia, „wir trauen ihnen viel zu.“

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Beim Charlottenburger Bundesligisten gehört es seit einigen Jahren gewissermaßen zum guten Ton, junge Begabungen zu entwickeln und sie an den Profifußball heranzuführen und ihnen Einsatzzeiten in der Bundesliga zu geben. Unter Labbadias Vor-Vor-Vorgänger im Traineramt, Pal Dardai, konnte gleich eine Handvoll Nachwuchsspieler in der Bundesliga debütieren. Dardais Nachfolger Ante Covic, Jürgen Klinsmann und Alexander Nouri machten weniger Gebrauch davon. Erst unter Labbadia gibt es für talentierte Eigengewächse wieder eine gelebte Durchlässigkeit ins Profiteam hinein. Und da Außenbahnspieler wie Javairo Dilrosun, Matheus Cunha, Marius Wolf und Mathew Leckie derzeit nicht einsatzfähig sind, erhöhen sich die Chancen für die zu den Profis hochgezogenen Talente.

Hinzu kommt, dass die Bundesligatrainer seit dem Re-Start der Saison fünf statt drei Spieler pro Match einwechseln dürfen, wovon gerade auch Labbadia Gebrauch macht. So kam das Sturmtalent Ngankam bereits auf drei Kurzeinsätze, der dribbelstarke Mittelfeldspieler Samardzic auf zwei. Vor allem Ngankam hinterließ schon bleibende Eindrücke. Zuletzt im Spiel gegen Dortmund eine komplette Halbzeit zum Einsatz. So war er bereits ein echter Faktor im Spiel und gab trotz der 0:1-Niederlage dabei eine bessere Figur als der 20-Millionen-Euro-Einkauf Dodi Lukebakio.

Scouts anderer Vereine war Ngankam bereits aufgefallen

Ngankam ist seit 14 Jahren im Verein, in Herthas U-23-Team in der Regionalliga erzielte er elf Tore und bereitete weitere elf Treffer vor. Das war auch Scouts von anderen Vereinen aufgefallen, Hertha machte kurzen Prozess und stattete Ngankam im vorigen Monat mit einem langfristigen Profivertrag aus.

Da Hertha vier Spieltage vor Saisonende nicht mehr in argen Nöten steckt, kann Labbadia natürlich auch ein wenig testen. „Jessic hat großes Potenzial, er hat eine enorme Power“, sagte Labbadia unlängst, „wir wollen, dass er diese Power noch mehr ausspielt. Er hat Anlagen, die wir fördern müssen.“ Doch bei Hertha werden die Erwartungen in der kommenden Spielzeit wieder steigen. Investor Windhorst hat nach seiner 224-Millionen-Euro-Einlage weitere 150 Millionen in Aussicht gestellt hat.

Und doch können Spieler wie Ngankam und Samardzic zu echten Alternativen heranwachsen. „Es fehlt ihnen noch etwas an Substanz“, sagte Labbadia. Aber gerade Herthas junge Garde konnte während der Coronavirus-bedingten Pause nicht die Umfänge der Profis fahren, die wochenlang nur in Achtergruppen trainieren durften.

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Man sehe schon noch, dass die Bundesliga für Spieler wie Ngankam und Samardzic „Neuland“ ist, wie Labbadia sagte. Sie müssten sich rasch an das hohe Spieltempo gewöhnen. Man dürfe nicht vergessen, dass es für einen wie Ngankam das erste „Herrenjahr“ sei, sagte Labbadia, den Sprung in die U 23 habe er aber sehr gut geschafft. Mit ihm habe er ein individuelles Förderprogramm besprochen, das für sechs bis zwölf Monate angelegt ist. In den Gesprächen mit den Talenten hat Labbadia seine Erwartungen klar formuliert. Er sagte ihnen: „Passt auf, die Tür steht offen, aber durchgehen müsst ihr selbst.“

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