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Chiesa gehört zu den italienischen Stürmern, die eine ständige Gefahr sind.

© AFP

Italien wird Europameister!: Das kommende Finale ist wie eine Zugabe

Die italienische Mannschaft steht im Endspiel – zu Recht. Denn sie bringt alles mit, was für ein erfolgreiches Turnier nötig ist. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ja, wenn das nicht schon wie die Entscheidung wirkte, die Entscheidung in der Europameisterschaft. Denn da trafen zwei ungewöhnlich spielstarke Mannschaften aufeinander, in einer Weise, die finalwürdig war.

Und es war ein verdienter Sieg für Italien. Natürlich am Ende glücklich, aber verdient auch wegen der Leistung des Trainers, des stets bestens orientierten Roberto Mancini, dessen Aufstellung Italien ins Elfmeterschießen geführt hat.

Spanien war eigentlich überlegen, hatte mehr Torchancen und meistens den Ball (70/30). Ballbesitz hat aber im modernen Fußball keinen wirklichen Wert mehr, jedenfalls nicht um seiner selbst willen, wie man am deutschen Beispiel schon seit 2016 leidvoll erfahren konnte. Lukaku, Kane, Schick, Benzema, Lewandowski und immer noch Ronaldo, das ist die Art Zielspieler des modernen Fußballs, die die Spiele entscheiden.

Das Spiel ohne Stürmer, stattdessen mit „falscher 9“, hat sich endgültig überlebt. Luis Enrique ließ in Morata seinen einzigen echten Stürmer zunächst und lange auf der Bank, und so fehlte es Spanien schlicht an der Strafraumbesetzung und Chancenverwertung.

Eine „echt italienische“ Innenverteidigung

Anders die Italiener, bei denen Mancini immer gleich mehrere „echte“ Stürmer spielen lässt. Sie sind eine ständige Gefahr. Instinktiv richtig im Strafraum positioniert, binden sie die Verteidigung und schaffen dadurch Räume für die zweite Reihe mit den torgefährlichen offensiven Mittelfeldspielern, die beim Umschaltspiel auf die „zweiten Bälle“ lauern.

So kam es, dass in der Phase, in der ein Tor für Spanien in der Luft lag, in Chiesa genau einer dieser Stürmer eiskalt zuschlug. Er, der über die Bank nur langsam ins Turnier gekommen ist, wird, wie der Rest des Teams, immer stärker, selbstbewusster und „wilder“. Seine Kaltschnäuzigkeit in den entscheidenden Momenten macht ihn vom Bank- zum Unterschiedsspieler.

Dazu bietet Mancini eine „echt italienische“ Innenverteidigung mit den „ewigen“ Chiellini und Bonucci auf. Beide, obwohl jeweils Mitte 30, vermitteln der Mannschaft die Sicherheit, die sie für ihr Konterspiel braucht. Selbst bei den für italienische Mannschaften häufigen Ballverlusten hat die Abwehr eigentlich nie ein Problem.

[Lesen Sie hier alle wichtigen Entwicklungen der EM im Tagesspiegel-Liveblog]

Was für ein Unterschied zum deutschen Abwehrspiel, bei dem Strafraumbesetzung, Stellungsspiel, Abstände und vor allem Achtsamkeit (Antonio Rüdiger!) nie gestimmt haben. Dazu hat Italien in Donnarumma noch den besten Torwart des Turniers.

Alles zusammengenommen hat Mancini das „Setup“ für ein erfolgreiches Turnier: Alle fühlen sich wohl auf dem Platz, jeder kann ein Tor schießen, jeder Einwechselspieler ist wichtig, alle kämpfen und freuen sich geradezu unbändig füreinander.

Die beiden anderen Mannschaften, bei denen das ähnlich ist, bestreiten das andere Halbfinale. Zurecht. Das kommende Finale ist wie eine Zugabe. Da capo!

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