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Kopf an Kopf. Bayerns Startelfdebütant Chris Richards im Duell mit Hertha Lucas Tousart (r.):

© REUTERS

Irres Spiel in München: Hertha BSC unterliegt dem FC Bayern 3:4

Hertha BSC kommt gegen die Bayern zweimal zurück und verliert am Ende trotzdem 3:4 - weil Robert Lewandowski gegen die Berliner vier Tore erzielt

Alexander Schwolow, der Torhüter von Hertha BSC, hätte dieser Tage allen Grund, mit seinen Gedanken überall zu sein – nur nicht auf dem Fußballplatz. Schwolow kann praktisch minütlich zum ersten Mal Vater werden. Aber den Gedanken, im entscheidenden Moment nicht an der Seite seiner Partnerin zu sein, hat er am Sonntagabend offenbar erfolgreich verdrängt. Schwolow bewahrte seine Mannschaft gegen den FC Bayern München mehrmals vor einem Gegentor. An ihm lag es definitiv nicht, dass die Berliner eine bittere Niederlage kassierten.

Die Berliner ließen sich am Sonntag in München einfach nicht unterkriegen. Lagen 0:2 zurück, schafften den Ausgleich. Kassierten das 2:3, schlugen durch den gerade eingewechselten Jessic Ngankam umgehend zurück – und mussten sich durch einen Elfmeter in der zweiten Minute der Nachspielzeit doch mit 3:4 (0:1) geschlagen geben. Alle vier Tore der Münchner hatte Robert Lewandowski erzielt.  

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An diesem Montag, um 18 Uhr, endet die Transferperiode für die Klubs in der Fußball-Bundesliga. 24 Stunden zuvor trafen zum Abschluss des dritten Spieltags zwei Mannschaften aufeinander, die personell noch einiges vorhaben. Doch während sich bei den Bayern anscheinend noch einiges tut, wirkte Herthas Trainer Bruno Labbadia vor dem Anpfiff recht desillusioniert. „Wir sind an vielen Dingen gescheitert“, sagte er im Interview bei Sky.

Dass er nicht zu Unrecht auf Verstärkungen hofft, bewies ein Blick auf die Aufstellung. Kurzfristig musste Labbadia auch noch auf Jordan Torunarigha verzichten. Der Innenverteidiger hat sich einen Teilriss des Syndesmosebandes zugezogen und fällt nun ebenfalls mehrere Wochen aus. Der gelernte Rechtsverteidiger Deyovaisio Zeefuik, erstmals in Herthas Stammelf, musste im offensiven Mittelfeld aushelfen.

Cordoba stand erstmals in der Startelf

Trotz allem machten es die Berliner über weite Strecken sehr gut gegen die Bayern. Bei deren Ballbesitz wurde aus dem 4-2-3-1 ein 4-4-2 mit zwei Viererketten, die den Münchnern wenig Platz zum kombinieren ließ. Bei Ballgewinn sollte es dann schnell nach vorne gehen. Erstmals seit seinem Wechsel aus Köln stand Jhon Cordoba in der Startelf. Der Kolumbianer sollte seiner Mannschaft mit seiner Präsenz helfen – und tat das auch.

Knapp zehn Minuten dauerte es, bis die Bayern erstmals offensiv auffällig wurden. Nachdem Niklas Stark, der für den verletzten Torunarigha in der Innenverteidigung spielte, den Ball nicht hatte klären können, kam Robert Lewandowski zum ersten Abschluss für sein Team. Der Schuss wurde aber noch geblockt. Noch in derselben Minute aber stand der Pole völlig frei vor Schwolow. Herthas Torhüter fuhr den Fuß aus und bewahrte sein Team vor dem sicheren Rückstand.

Im Gegenzug bot sich Hertha sogar die Chance zum Kontern, doch Dodi Lukebakio schloss ein bisschen zu früh ab und setzte den Ball knapp am Tor vorbei. Die vermeintliche Führung der Gäste nach einer knappen Viertelstunde zählte nicht, weil Cordoba beim Pass von Maximilian Mittelstädt im Abseits gestanden hatte. Grundsätzlich aber war Herthas Plan klar zu erkennen. Die Berliner wollten mit ihren schnellen Offensivspielern hinter die letzte Kette der Bayern kommen.

Defensiv ließ Hertha lange wenig zu – bis Thomas Müller zehn Minuten vor der Pause relativ unbedrängt zum vermeintlichen 1:0 einköpfen konnte. Der Torjingle war bereits verklungen, das Spiel schon wieder in Gang, als Schiedsrichter Benjamin Cortus ein Signal aus Köln bekam. Müller hatte bei der Flanke von Rechtsverteidiger Chris Richards knapp im Abseits gestanden.

Hertha blieb dran, Hertha wollte mehr

Der Aufschub für die Berliner aber währte nicht lange. Nur vier Minuten später landete der Ball erneut im Tor der Gäste, und diesmal zählte der Treffer. Den ersten Versuch – einen Kopfball von Lewandowski – hatte Schwolow noch glänzend pariert, doch nach der Hereingabe von Serge Gnabry reagierte Lewandowski schneller als sein Gegenspieler Stark und vollendete zur Führung für sein Team.

Hertha hatte das offensive Potenzial der Bayern lange unter Kontrolle halten können. Kurz vor und kurz nach der Pause aber gelang es den Berliner nicht. Auch das 2:0 erzielte Lewandowski, der sich mit einer Körpertäuschung seines Gegenspielers Vladimir Darida entledigte und Torhüter Schwolow mit einem platzierten Flachschuss ins lange Eck keine Abwehrchance ließ.

Mit zwei Toren bei den Bayern hinten liegen – das ist in der Regel das Signal, sich zumindest nicht abschießen zu lassen. Aber Hertha zeigte keine Anzeichen von Resignation. Und so gab es in der menschenleeren Arena eine wahnwitzige Partie zu sehen. Matheus Cunha scheiterte unmittelbar nach dem 0:2 an Torhüter Manuel Neuer. Nach einer knappen Stunde aber wurden die Bemühungen der Gäste belohnt. Nach Cunhas perfekter Freistoßflanke wuchtete Cordoba den Ball per Kopf zum 1:2 ins Tor.

Hertha blieb dran, Hertha wollte mehr. Deshalb wechselte Labbadia mit Krzysztof Piatek einen zweiten Stürmer ein, und der hatte gleich einen wichtigen Auftritt – als Doppelpasspartner für Matheus Cunha unmittelbar vor dem Münchner Strafraum. Cunha hatte nur noch Manuel Neuer vor sich und überwand Bayerns Torhüter mit einem überlegten Schlenzer.

2:2 nach 0:2: Was für ein Comeback. Die Bayern hingegen verspielten im eigenen Stadion wie schon unter der Woche beim Supercup einen Zweitorevorsprung. Gegen Dortmund hatte Joshua Kimmich noch spät zum Sieg getroffen. Das passierte diesmal nicht, weil Trainer Hansi Flick Kimmich schon vor dem 2:2 ausgewechselt hatte. Dafür traf fünf Minuten vor dem Ende erneut Robert Lewandowski. 

Aber Hertha wand sich noch einmal. Ngankam, erst wenige Sekunden im Spiel, erzielte nach einem Freistoß per Kopf sein erstes Bundesligator. Trotzdem gingen die Bayern, ganz offenbar nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte, als Sieger vom Feld: weil Maximilian Mittelstädt Lewandowski im Strafraum zu Boden zog – und der Pole den Elfmeter zum 4:3-Endstand verwandelte. (Tsp)

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