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Daniela Ryf aus der Schweiz jubelt im Ziel der Ironman Europameisterschaft auf dem Frankfurter Römerberg.

© Arne Dedert/dpa

Ironman-WM Hawaii 2018: Daniela Ryf ist die Heldin von Kona

Neben dem Erfolg von Patrick Lange ging Daniela Ryfs spektakulärer Rekord unter - ein Spiegel der ungleichen Berichterstattung. Ein Kommentar.

Zugegeben, es ist eine schöne Geschichte: Ein Deutscher führt die Dominanz seiner Landsmänner bei einem der härtesten Ausdauerrennen der Welt fort, ja, er schafft sogar die Sensation: Als Erster in der Geschichte der Ironman-WM auf Hawaii kommt Patrick Lange unter der magischen acht-Stunden-Marke ins Ziel. Danach sinkt er auf die Knie, hatte er sich doch selbst versprochen, seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen, sollte ihm der Rekord gelingen. Die Welt und vor allem die Triathlon-Nation Deutschland jubelt, Lange ist in den Schlagzeilen und die Bilder seines Zieleinlaufs brennen sich in das kollektive Gedächtnis ein als der wichtigste Moment der Ironman-WM 2018.

Nur: Da war doch noch was. Eine halbe Stunde später quert Daniela Ryf die Ziellinie, zum vierten Mal als Erste und satte 20 Minuten unter der alten Streckenbestzeit. Ihre Geschichte ist ebenfalls unglaublich, wurde sie doch vor dem Schwimmen unter den Armen von Quallen verbrannt, behandelte sich in der Wechselzone aus Mangel an Essig mit ihrem eigenen Urin und fuhr eigentlich nur noch mit, um irgendwie ins Ziel zu kommen. Dass ihr Durchhaltevermögen ihr eine Verbesserung des Streckenrekords und den Weltmeistertitel einbringen würde, hätte sie nicht zu träumen gewagt.

Zum Vergleich: Lange verbesserte seine Zeit um etwa neun Minuten, weniger als die Hälfte des Unterschieds zwischen Ryfs altem und neuen Streckenrekord. Dass bei dieser Verbesserung auch die niedrigen Temperaturen und Windstille eine Rolle spielten, zeigen die Zeit des Zweitplatzierten, der ebenfalls unter acht Stunden blieben - an dieser Marke hatte sich Jan Frodeno jahrelang die Zähne ausgebissen, in diesem Jahr gelang gleich zwei Athleten der Durchbruch.

Ein schaler Beigeschmack bleibt

Nun soll Langes Leistung nicht geschmälert werden. Seine Geschichte ist eine schöne, bekräftigende mit Happy End, man liest sie gerne, vor allem in seinem Heimatland. Schallmauern wie die acht Stunden auf Hawaii oder die Zwei-Stunden-Marke beim Marathon sind zu Recht legendär und wer sie bricht, verdient den wortwörtlichen Lorbeerkranz.

Trotzdem bleibt ein schaler Geschmack zurück. In einem Sport wie dem Triathlon, in dem Frauen und Männer, Profis und Hobbysportler, Para- und Nicht-Para-Athleten gemeinsam auf die Strecke gehen und Spitzenathletinnen sich vor allem später im Rennen eher an den Männern orientieren, sollte die Aufmerksamkeit etwas gleichmäßiger verteilt sein. Vor allem sollte sie nach Leistung gehen. Sieht man nun einmal von dem Durchbrechen der - relativen - Zeitmarke ab, hat die Siegerin eine mindestens ebenso bemerkenswerte, wenn nicht sogar bessere Leistung erbracht als der Sieger.

Ryf mag keine Deutsche sein, sie mag etwas dröge wirken in ihrer Art, aber all das schmälert ihre Leistung nicht. Deswegen wird ihr ein kurzer Absatz am Ende des Rennberichts nicht gerecht, sie verdient es nicht, dass ihre absolute Verbesserung relativiert wird, weil Frauen nun einmal etwas langsamer sind und Ryf aus dem Nachbarland kommt. Die Schweizerin kämpfte sich nach dem Schreck beim Start auf spektakuläre Weise an ihre Konkurrentin Lucy Charles heran und dominierte von dort an das Rennen. Trotzdem steht Lange im Fokus, das Frauenrennen wird meist als Seitenbemerkung erwähnt. Ohne den Respekt für die Männer schmälern zu wollen - etwas mehr Platz und ein paar Bilder von der champagnerspritzenden Ryf sowie der überraschend drittplatzierten Anne Haug hätten der Berichterstattung nicht geschadet. Vielleicht wird man sich dann irgendwann nur noch daran erinnern, wer bei den Frauen auf dem Treppchen stand. Oder im Idealfall an beide Sieger.

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