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Aufgeben ist keine Option. Patrick Lange konnte zwischenzeitlich nicht mehr, hielt durch und siegte auf Hawaii.

© dpa

Ironman auf Hawaii: Der große Triumph des Patrick Lange

Beim Ironman auf Hawaii siegt Patrick Lange mit neuem Streckenrekord und erlebt dabei alle emotionalen Höhen und Tiefen.

Auf Hawaii liegen Niederlage und Weltrekord oft nur einen Gedanken voneinander entfernt. „Ich wollte aussteigen“, sagte der neue Ironman-Weltmeister Patrick Lange nach dem Rennen in Kona. „Ich wollte in Kawaihae zurückfahren, weil ich einfach nur richtige Scheißbeine hatte.“ Anstatt aber nach einem Viertel der Strecke umzukehren, brachte der zu dem Zeitpunkt mehrere Minuten hinter dem Führenden liegende Hesse den Fahrradteil zu Ende. Nach einer halsbrecherischen Aufholjagd auf der Marathonstrecke kam Lange, der einige Stunden zuvor noch ans Aufgeben gedacht hatte, nicht nur als Sieger über die Ziellinie, er brach mit einer Zeit von 8:01:40 Stunden auch gleich noch den sechs Jahre alten Streckenrekord des Australiers Craig Alexander.

„Ich weiß auch, dass diese Tiefpunkte kommen“, sagte er nach dem Rennen dem ZDF. Auf Gänsehaut und Hochgefühl könnte einen Kilometer weiter schon der totale Zusammenbruch folgen, so der 31-Jährige. „Dann denkst du dir, ich spring gleich ins Meer, weil ich einfach nur noch fertig bin. Du bist total überhitzt, kriegst den Körper nicht runtergekühlt, dann 500 Meter später denkst du dir, es ist einfach nur geil.“

Dass Aufgeben beim Ironman keine Option ist, zeigte auch der Verlierer des Tages, Langes deutscher Landsmann Jan Frodeno. Der klare Favorit und Champion der Jahre 2015 und 2016 musste beim Marathon zwischendurch zum Gehen wechseln, setzte sich an einer Verpflegungsstation mit schmerzverzerrtem Gesicht hin, um wieder zu Kräften zu kommen. Frodeno erreichte eine Stunde und 14 Minuten nach dem Sieger ins Ziel.

Frodeno hatte Probleme

Aufgrund einer Rückenverletzung und daraus resultierenden Ischiasschmerzen brauchte der 36-Jährige vier Stunden für den Marathon, 1:20 Stunden länger als Sieger Lange. „Hat heute ein bisschen länger gedauert", resümierte er lakonisch im Interview mit der „Sportschau“. Warum er das Rennen trotzdem zu Ende brachte? „Das gehört sich so.“ Denn tausende Freizeitathleten würden sich hier bis zu 17 Stunden lang ins Ziel quälen, deshalb sei an Aufgeben nicht zu denken. „Man kann eben nicht immer gewinnen. Das ist schon hart“, sagte der sonst so fröhliche Frodeno und hatte Mühe, ein Zittern in der Stimme zu unterdrücken. Anschließend verabschiedete er sich zur Behandlung, er habe unfassbare Schmerzen.

Die Nacht von Samstag auf Sonntag war ein Beweis dafür, dass das Rennen auf Hawaii seine ganz eigene Dynamik hat. Klare Favoriten wie Frodeno können hier abgeschlagen ins Ziel stolpern, während junge Athleten triumphieren. Sowohl im Männer- als auch im Frauenfeld sägten angriffslustige Herausforderer am Thron der Favoriten: Bei den Männern zeigte der schon abgeschriebene Sebastian Kienle überragende Stärke auf dem Fahrrad, holte seinen Rückstand vom Schwimmen schnell auf und lag am Ende des Radrennens als Zweiter in einer starken Führungsgruppe hinter dem Australier Cameron Wurf.

Zu diesem Zeitpunkt lag Jan Frodeno nur 40 Sekunden hinter Sebastian Kienle. Cameron Wurf, der mit seinem furiosen Tempo den Radstreckenrekord von Norman Stadler um fünf Minuten unterboten hatte, konnte das Tempo auf der Laufstrecke nicht halten und fiel ebenso wie Frodeno zurück. Nun machten die Laufspezialisten das Rennen unter sich aus: Patrick Lange rückte mit seinem unerbittlich starken Lauftempo vom elften auf den ersten Platz vor, vorbei an dem starken Kienle und Lionel Sanders.

Daniela Ryf gewann bei den Frauen

Der 29 Jahre alte Kanadier war im Vorfeld als Geheimtipp gehandelt worden: In seinen Jugendjahren drogenabhängig, hat er sich heute ganz dem Triathlon verschrieben. Sein Markenzeichen: Er trainiert fast ausschließlich drinnen, in einem sogenannten Infinity-Pool mit Gegenströmung und auf dem Heimtrainer. „Ich habe einfach die eine Sucht gegen eine andere ausgetauscht“, sagt Sanders über sein neues Leben.

Auch bei den Frauen musste Favoritin Daniela Ryf hart um den Sieg kämpfen, denn die Kona-Debütantin Lucy Charles aus Großbritannien dominierte überraschenderweise den Radteil des Rennens. Die erst 24-Jährige hatte in diesem Jahr bereits den Ironman auf Lanzarote gewonnen, der ebenfalls für seinen aggressiven Föhnwind und seine hohen Temperaturen bekannt ist und damit ähnliche Bedingungen wie Hawaii bietet.

„Angry Bird“, wie Daniela Ryf auch genannt wird, holte auf der Marathonstrecke nicht nur die 39 Sekunden auf, sie pulverisierte ihre unerfahrene Konkurrentin förmlich und kam volle 8:51 Minuten vor Charles ins Ziel, mit einer Endzeit von 8:50:47 Stunden. Hinter der Britin holte sich die amtierende Langdistanzweltmeisterin Sarah Crowley aus Australien die Bronzemedaille. Mit Sonja Tajsisch schaffte es eine bisher unbekannte deutsche Triathletin auf Platz 21, die deutsche Hoffnung Anja Beranek schied nach wenigen Kilometern aus dem Marathon aus.

Die Worte ihres Landsmannes Jan Frodeno dürften ihr aus der Seele sprechen: „What a bitch of a day“, sagte der gebürtige Kölner in seinem Rennresümee. Patrick Lange dagegen kämpfte aus anderen Gründen mit den Tränen: „Hiervon habe ich geträumt, seitdem ich ein kleiner Junge bin“, sagte der gelernte Physiotherapeut. „Es gibt einfach nichts Größeres für mich.“

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