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Alles im Blick: Jan Siewert freut sich auf die neue Saison mit den Füchsen.

© imago images/Jan Huebner

Interview mit Füchse-Coach Siewert: „Meinen Hund kümmert das Ergebnis nicht“

Füchse-Trainer Jaron Siewert über die Vorbereitung, die neue Saison und seine Rückzugsmöglichkeiten.

Herr Siewert,

die Füchse sind bereits in der letzten Juliwoche wieder in das Training eingestiegen. Durch Olympia fehlten allerdings vier Spieler. Was war in der Vorbereitung möglich?

Wir haben viel im individuellen und im athletischen Bereich gearbeitet, aber es war alles etwas zerstückelt und zerfahren. In den ersten Wochen fiel Milos Vujovic aus, weil er sich den Blinddarm entfernen lassen musste. Anschließend kam die Hiobsbotschaft von Marc Walter, der sich gerade erst nach seinem Kreuzbandriss zurückgekämpft hatte und am Kreis einen richtig guten Eindruck gemacht hat. Doch dann musste er sich wieder operieren lassen und fällt jetzt für mehrere Monate aus. Da war viel Improvisation gefragt, einmal ganz abgesehen von den geplanten Entbehrungen von Paul Drux, Lasse Andersson, Jacob Holm und Viran Morros.

Morros, die einzige externe Neuverpflichtung in dieser Saison, hat sich im Einsatz für die spanische Nationalmannschaft in Tokio einen Muskelfaserriss zugezogen. Wir steht es um den Abwehrroutinier?

Er ist mittlerweile hier in Berlin und macht Fortschritte im Reha-Prozess. Die Ärzte haben einen Zeitraum von sechs Wochen angegeben, in denen er fehlen wird. Da kommt es aber auf den individuellen Heilungsverlauf an, sodass ich nicht groß spekulieren möchte. Er soll dann natürlich einen wichtigen Part in unserer Defensive einnehmen, allerdings wird seine Integration wohl sehr wahrscheinlich im Spielbetrieb erfolgen müssen. Das hätten wir uns selbstredend anders gewünscht.

Neu im Team sind außerdem Nils Lichtlein und Matthes Langhoff, die aus der eigenen Jugend den Schritt zu den Profis geschafft haben. Wie machen sich die beiden 19-jährigen Rückraumspieler?

Menschlich haben sie sich schon vollends integriert und sind ein Teil der Mannschaft. Beide brauchen aber Zeit, um sich einzugliedern und an das Niveau zu gewöhnen. Dafür war das Turnier in Moskau wichtig, wo Nils und Matthes viel Spielzeit bekommen und das sehr gut gemacht haben. Wenngleich auch hier deutlich wurde, woran wir arbeiten müssen. Trotzdem sehe ich da einen Mehrwert für unseren Kader in dieser Saison.

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Im Ganzen betrachtet, hat sich das Team personell kaum verändert. Wir groß ist dieser Vorteil – besonders in Anbetracht der kurzen Vorbereitungszeit?

Das ist wie bei einem Leistungssportler, der lange nicht trainiert hat. Er verliert vielleicht etwas Muskelmasse, aber es geht viel schneller diese wieder aufzubauen, als wenn er sie nie gehabt hätte. Wir hatten jetzt eine lange Pflichtspielpause, aber die Mannschaft kennt sich und deswegen geht es um einiges schneller, gewisse Abläufe wieder zu verinnerlichen. Trotzdem dürfen wir uns nicht der Illusion hingeben, dass es leicht wird und alles von alleine läuft.

Herr Siewert, was haben Sie persönlich sich für die nächste Saison vorgenommen?

Zu meiner eigenen Person kann ich nur sagen, was ich zur Mannschaft sagen würde. Wir haben Zeit gebraucht, um gewisse Mechanismen und Abläufe zu finden. Da haben wir alle zusammen eine Entwicklung durchlaufen und auch ich als Trainer musste Erkenntnisse gewinnen und daraus lernen. Die Komplexität der Themen aufgrund des sehr engen Spielplans, waren natürlich auf einem ganz anderen Niveau, als es noch in der Zweiten Liga der Fall war. Aber ich finde, das haben wir über die Saison gesehen, gut gemeistert. Für die kommende Saison werden wir noch mehr den Fokus auf die Details legen, da keine grundsätzlichen Richtungen zu klären sind.

Dabei gab es ebenso Phasen, in denen es für die Füchse nicht so gut lief. Sind in dieser Zeit Selbstzweifel aufgekommen oder war zwischenzeitig der Moment gekommen, in dem Ihr meist sehr analytischer Habitus den Emotionen weichen musste?

Da passiert innerlich manchmal schon etwas mehr, als man von außen wahrnimmt. Vieles nehme ich dann sicherlich auch nach Hause mit und denke dort weiter nach. Ich glaube aber, dass es eine Stärke von mir ist, dass ich immer versuche, objektiv zu bleiben, die Fehler zu analysieren und mich dabei nicht zu sehr von Gefühlen treiben zu lassen. Dadurch sieht man bisweilen klarer und steigert sich weniger stark in Nichtigkeiten hinein. Trotzdem bin ich auch in der einen oder anderen Situation enttäuscht oder emotional.

Was hilft, um sich dann abzulenken?

Einfach nach Hause kommen. Mein Hund kümmert sich nicht darum, ob ich gewonnen oder verloren habe, solange ich mit ihm rausgehe, das Essen hinstelle und ihn streichle. Genauso begrüßt mich mein kleiner Sohn mit einem Lachen, egal wie es gelaufen ist. Außerdem ist meine Frau ein starker Rückhalt und schafft es, nach Niederlagen und auch Siegen immer die richtigen Worte zu finden. Zu Hause zählt man als Mensch. Es ist enorm wichtig, so einen Rückzugsort zu haben, wo man fernab vom Leistungsdruck funktionieren kann.

Das ist in der Halle so nicht immer möglich, zumal der Anspruch der Füchse kein geringer ist. Was ist denn für Ihr Team in dieser Saison möglich?

Wir wollen in allen drei Wettbewerben eine möglichst große Rolle spielen. Unser Ziel ist es auf jeden Fall, die Punktedifferenz in der Bundesliga im Vergleich zur letzten Spielzeit zu verkleinern. Wenngleich man realistisch betrachtet zugeben muss, dass Flensburg und Kiel da die absolute Spitzengruppe gebildet haben. Ich bin gespannt, was die Liga in diesem Jahr zu bieten hat. Es sind neue Spieler gekommen, in den Hallen wird es unterschiedliche Auslastungen geben ... das sind alles Faktoren, die es interessant machen.

Interessant waren auch die Nachrichten der Füchse in den letzten Wochen. Nach der Verpflichtung des schwedischen Kreisläufers Max Darj kommt im Jahr 2022 außerdem der Olympia-MVP Mathias Gidsel nach Berlin. Ist das eine Kampfansage?

Da muss man Stefan Kretzschmar gratulieren, was er durch seine Hartnäckigkeit und Expertise geleistet hat. Das ist schon ein Ausrufezeichen. Doch das ist Zukunftsmusik, davon können wir uns jetzt nichts kaufen. Es geht darum, auch in diesem Jahr zu performen und Erfolge zu feiern.

Das Gespräch führte Carolin Paul.

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