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Globaler Jubel: Fans der Nationalmannschaft jubeln in München. Das Trikot der Nationalelf wird mittlerweile aber weltweit getragen, Nationalmannschaft touren den Globus.

© AFP

Internationale Freundschaftsspiele: Nationalmannschaften sind die neuen Klubmannschaften

Nationalmannschaften bedienen nicht mehr nur die Fans aus ihren Ländern, sondern touren für ihre Sponsoren um die Welt. Ein Kommentar.

Treue Nationalmannschafts-Fans aus Uruguay und Tschechien haben es schwer: Ganz nach China müssen sie reisen, wollen sie ihre Auswahlteams am Freitag spielen sehen. Nun gut, die ostchinesische Küstenstadt Nanjing liegt zumindest so ungefähr auf halbem Weg zwischen Mitteleuropa und Südamerika. Das Gleiche gilt für Portugal, die am Montag den Niederlanden bis Genf entgegenreisen. Doch schaut man sich die internationalen Freundschaftsspiele, die in der kommenden Woche gehäuft ausgetragen werden, genauer an, fragt man sich, ob da nicht jemand einfach blind den Finger auf den Globus gehalten hat: Warum etwa müssen die Kolumbianer und die Australier ganz nach London fliegen, um gegeneinander zu spielen?

Die Antwort ist so simpel wie ernüchternd: Money makes the world go around, oder: Geld regiert die Welt. Denn das Geld im internationalen Klubfußball sitzt nun mal in Europa. Das bedeutet, dass die besten Spieler einer jeden Nation ohnehin in Europa spielen und es einfacher für sie ist, den Flieger nach London zu nehmen als nach Australien oder Südamerika zu reisen. Auch das Kapital für Eintrittskarten und Merchandise sitzt bei den europäischen und chinesischen Fans lockerer als bei den nordafrikanischen oder lateinamerikanischen. Da die meisten Nationalmannschaften sich in ihren Sponsorenverträgen dazu verpflichtet haben, eine gewisse Anzahl an Freundschaftsspielen zu absolvieren, entscheiden die Sponsoren häufig mit, wo diese stattfinden. Deshalb wird nach Kundenpotential entschieden und nicht danach, wo die lokalen Fans ihre Mannschaft am einfachsten unterstützen können.

Nationalmannschaften sind also die neuen Klubmannschaften. Tourten früher eher Klubs im Sommer durch die Welt, um ihre Fans etwa in Asien zu begeistern, trifft das auch in zunehmendem Maße die Nationalmannschaften. Denn mit markigen Titeln wie „Die Mannschaft“ werden auch die Nationalauswahlen immer mehr zu Marken mit internationalem Flair. Die DFB-Leibchen müssen längst nicht mehr nur an deutschen Körpern sitzen, sie sind mittlerweile weltweit zu sehen. Das mag gut sein für den Tourismus und die großen Sportartikelmarken. Nachhaltig und gerecht ist das kaum – denn nicht nur reisen die meisten Mannschaften und viele Fans extra zum Spiel an, oft per Flugzeug. Auch entgeht den Uruguayern ein Spiel ihrer Mannschaft, denn die wenigsten werden sich eine Reise nach China leisten können. Damit wird auch der Fußball zum internationalen Exportprodukt, das von der Nachfrage und dem meistbietenden Angebot getrieben wird und nicht wie einst von der Begeisterung für eine Mannschaft, die den Fußball des eigenen Landes repräsentiert.

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