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Sport: In der Antike geehrt

Nadine Kleinert gewinnt im Kugelstoßen Bronze, Astrid Kumbernuss scheitert

Im alten Hain von Olympia war gestern viel Trubel. 15 000 Zuschauer saßen auf den mit Rasen bewachsenen Rängen. Sie sahen zunächst den Kugelstoß-Wettbewerb der Frauen und schließlich auch, wie sich eine deutsche Athletin an der historischen Stätte, an der es bereits 776 vor Christus die ersten Olympischen Spiele gegeben hatte, am Ende besonders ausgiebig begeistern konnte: Nadine Kleinert wirbelte mit den Armen und schrie vor Freude. Die Magdeburgerin hatte zum Auftakt der olympischen Leichtathletik-Wettbewerbe Bronze im Kugelstoßen gewonnen und damit eine bemerkenswerte Serie fortgesetzt. Seit 1936 haben deutsche Kugelstoßer bei Olympia immer mindestens eine Medaille geholt.

Die 28-jährige Kleinert, Vizeweltmeisterin von 1999 und 2001, stieß im zweiten Versuch 19,55 Meter weit und musste sich damit nur der Jahres-Weltbesten Irina Korschanenko aus Russland (21,06 Meter) und der Kubanerin Yumileidi Cumba (20,59 Meter) beugen. Das war ein großer Erfolg für die Magdeburgerin: Vor vier Jahren in Sydney hatte es für sie nur zu Platz acht gereicht, vor dem Wettbewerb von Athen galt sie nicht unbedingt als Kandidatin für eine Medaille.

Andere deutsche Teilnehmerinnen machten hingegen einen weniger glücklichen Eindruck als Kleinert. Bereits in der Qualifikation ausgeschieden war Astrid Kumbernuss aus Neubrandenburg, immerhin Olympiasiegerin von 1996 in Atlanta. Kumbernuss kam nur auf Platz 16, stieß die Kugel lediglich 17,89 Meter weit. Ihr schossen die Tränen in die Augen. Gescheitert. Ausgeschieden in der Qualifikation des Kugelstoßens. Platz 16. Kumbernuss, eine der erfolgreichsten Kugelstoßerinnen aller Zeiten, hatte den Endkampf verpasst. Ausgerechnet in Olympia, der Geburtsstätte der antiken Olympischen Spiele. „Es ist ein Traum, dort zu stoßen“, hatte sie vor dem Wettkampf gesagt. Astrid Kumbernuss hat 13 Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften gewonnen, aber so etwas hatte sie noch nie erlebt. Schon den Einmarsch der Athleten unter dem alten, millionenfach fotografierten Torbogen empfand sie als fantastisch. Dann die Atmosphäre, dieses Stadion beim Pinienwald, dieser staubige Untergrund, die antiken Steinblöcke und Figuren. „Faszinierend und bezaubernd“, sagte sie.

War das jetzt die Abschiedsvorstellung der Kugelstoßerin Kumbernuss? Gut möglich. Sie ist Mutter, sie ist schon 34 Jahre alt, sie hat Probleme, ihre Verletzung auszukurieren, und sie läuft inzwischen ihrer eigenen Größe hinterher. Aber Astrid Kumbernuss dachte nicht an die Zukunft. Sie hatte mit der Gegenwart genug zu tun: „Vielleicht hätte ich erst gar nicht herkommen sollen.“ Kumbernuss war am Abend die erste Gratulantin von Kleinert, die Gewinnerin der Bronzemedaille tröstete ihre Teamgefährtin. „Ich werde jetzt mal versuchen, Astrid zu überreden, dass wir noch zwei Jahre gegen die Russinnen kämpfen“, sagte Kleinert. Sonst war sie aber verständlicherweise vorrangig mit ihrem eigenen Erfolg beschäftigt. „Mein Trainer hat immer gesagt: Du kannst es, du kannst Bronze holen. Nach 13 Jahren sollte ich meinem Trainer endlich mal glauben.“

Bei herrlichem Sonnenschein konnte Kleinert über ihren Erfolg jubeln – vor stattlicher Kulisse und bei einer Atmosphäre wie bei einem Volksfest. Derartiges lag Kleinert in der Vergangenheit eigentlich gar nicht so. 2002, bei einem DLV-Meeting in Dortmund, hatte sie sich noch beschwert, die Veranstaltung sei ihr „zu viel Volksfest und nicht genügend Wettkampf“.

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