zum Hauptinhalt
Am Ball. Thies Prinz gilt als großes Talent und als eine der Stützen der Zukunft der deutschen Hockey-Nationalmannschaft.

© imago images / foto2press

Hockey-Talent Thies Prinz: Beende deine Jugend!

Der Berliner Thies Prinz hat gute Chancen, sich in der Hockey-Nationalmannschaft zu etablieren.

Thies Prinz saß am Mittwochabend wie das Huhn auf der Stange, eingequetscht von zwei Kollegen. Allzu bequem sah das nicht aus, aber für den 20 Jahre alten Hockey-Nationalspieler war das eine ganz besondere Erfahrung: die erste Autogrammstunde seines Lebens, das erste Mal, dass er Grüße und Widmungen aufs Papier oder Hockeyschläger schreiben musste. „Eigentlich war das ganz cool“, sagt er.

Thies Prinz, in Berlin geboren, macht in diesen Tagen einige Erfahrungen, die ihm ziemlich cool vorkommen dürften. Im März hat er in der Pro League gegen Spanien sein Pflichtspieldebüt für die deutsche Nationalmannschaft gefeiert, und am vergangenen Montag bestritt er mit seinem Klub Rot-Weiß Köln sein erstes Europapokalfinale. „Das ist momentan die heißeste Phase meiner Karriere“, sagt Prinz.

Bei einem 20-Jährigen mag das keine besonders gewagte Aussage sein, aber Prinz hat schon einiges erlebt. Bereits mit 17 debütierte er für die Nationalmannschaft, gleich zweimal gewann er mit der deutschen U18 den EM-Titel, und im vergangenen Sommer entschloss er sich, von Blau-Weiß Berlin zu Rot-Weiß Köln zu wechseln.

„Schade, dass er Berlin verlassen hat“, sagt Martin Häner vom Berliner HC. „In Berlin hätte es auch Alternativen gegeben.“ Der Kapitän der Nationalmannschaft muss selbst ein bisschen schmunzeln, weil er natürlich weiß, dass der BHC mit seinen beschränkten finanziellen Möglichkeiten nicht die erste Adresse für die größten Talente im deutschen Hockey ist. Und genau zu denen zählt Thies Prinz.

Vor allem seine Fertigkeiten am Ball werden als herausragend gepriesen. „Er ist ein echter Zocker, kann die Gegner auf dem Bierdeckel ausspielen“, sagt sein Kölner Klubtrainer André Henning. Ähnlich sieht es Bundestrainer Stefan Kermas, der Prinz für die beiden Pro-League-Spiele in Mönchengladbach beim 2:4 (2:2) gegen Holland am Freitagabend und für Sonntag gegen Großbritannien nominiert hat: „Er ist technisch versiert, hat den Sport verstanden und denkt immer offensiv.“

Der Kölner ist einer von zwei Spielern, die bei beiden Pro-League-Begegnungen im Kader stehen, obwohl sie am Wochenende noch beim Finalturnier der Euro-Hockey-League (EHL) im Einsatz waren. „Ich halte ihn für körperlich robust genug, dass er das mal wegstecken kann“, sagt Kermas. „Er braucht diese Spiele, um weiter zu wachsen.“ Ganz einfach sei es nicht gewesen, sich vom Vereinshockey gleich wieder auf die Nationalmannschaft umzustellen, gibt Prinz zu. Nach der 0:4-Niederlage im EHL-Finale gegen den belgischen Klub Waterloo „war ich mit den Gedanken eigentlich noch woanders“, sagt er, „aber dafür macht man’s doch.“

Der Wechsel nach Köln war eine „Megaentscheidung“

Nach einer längeren Länderspielpause hat Prinz jetzt die Chance, sich in der Nationalmannschaft festzuspielen – und damit seiner anderthalb Jahre älteren Cousine Nike Lorenz zu folgen, die immer mehr zu einer der herausragenden Spielerinnen im Welthockey wird. Prinz hat die Olympischen Spiele 2020 als Ziel fest im Blick. „Er befindet sich aktuell in einer sehr guten Entwicklungsphase“, sagt Kermas.

Der Wechsel nach Köln hat diesen Prozess noch einmal befördert. „Das war eine Megaentscheidung, vor der ich mich fast zwei Jahre gedrückt habe“, erzählt Prinz, der an der Universität Köln BWL studiert. Bei Rot-Weiß muss er sich in einem Team voller gestandener Nationalspieler behaupten. „Da ist es erst mal schwer aufzufallen“, sagt Martin Häner. „Dass er es geschafft hat, zeigt, wie gut er sich entwickelt hat.“

Der Anfang in der neuen Umgebung war nicht leicht, die Hinrunde auf dem Feld verlief eher holprig. Richtig in Tritt kam Prinz erst in der Halle, als die Nationalspieler fehlten. „Da habe ich mehr in die Verantwortung gefunden“, berichtet er. Möglicherweise liegt das auch an seiner veränderten Position. In der kompletten Jugend ist Prinz als Stürmer zum Einsatz gekommen, inzwischen spielt er eher als Zehner im offensiven Mittelfeld. „Wenn ich mich entscheiden könnte, würde ich diese Position wählen“, sagt Prinz. „Im Sturm gibt es andere, die deutlich besser sind.“

Steigern muss er sich noch in seinem Entscheidungsverhalten – und vor allem in der Defensivarbeit. Manchmal scheint Prinz dafür der nötige Enthusiasmus zu fehlen. Im EHL-Finale ließ er seinen Gegenspieler unbehelligt laufen, der prompt das 1:0 erzielte. Für Bundestrainer Kermas gehören solche Erfahrungen vermutlich zu dem, was er als Erwachsenwerden bezeichnet.

An Gelegenheiten besteht dafür auch in den kommenden Wochen kein Mangel: Es folgt die Endrunde um die deutsche Meisterschaft, das Finalturnier der Pro League und dann im August die Europameisterschaft in Antwerpen. Für Thies Prinz geht die heißeste Phase seiner Karriere gerade erst los.

Zur Startseite