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Der Schiedsrichter Igor Benevenuto könnte auch für die WM in Katar nominiert werden.

© dpa

„Hier geht es nicht nur um Vorurteile, sondern um den Tod“: Brasilianischer Fifa-Schiedsrichter outet sich als schwul

Der Fifa-Schiedsrichter Igor Benevenuto hat öffentlich gemacht, schwul zu sein. In Katar und seinem Heimatland Brasilien droht queeren Personen Gefahr.

Es sind bewegende Worte, die Igor Benevenuto an die Fußball-Gemeinschaft richtete. In dem Podcast „Nos Armários dos Vestiários“ sprach der brasilianische Fifa-Schiedsrichter kürzlich über seine Homosexualität und sagte: „Ich habe mein Leben damit verbracht, mich selbst zu opfern, um mich vor der physischen und emotionalen Gewalt der Homophobie zu schützen.“

Der Fußball sei eine feindliche Umgebung für schwule Personen, vor allem aufgrund der „Macho-Kultur“. Um zu überleben habe er sich lange Zeit versteckt und sei eine „maskierte Version“ seiner selbst gewesen. Das ändert sich erst jetzt, wenige Monate vor der WM in Katar.

„Von diesem Tag an werde ich nie wieder eine der anderen Versionen von Igor sein, die ich geschaffen habe“, sagte Benevenuto im Podcast und fügte hinzu: „Ich werde einfach Igor sein, ein schwuler Mann, der die Menschen und ihre Entscheidungen respektiert.“

Benevenuto ist der zweite aktive Fifa-Schiedsrichter, der seine Homosexualität öffentlich macht. Vor zwei Jahren hatte Tom Harald Hagen, Referee aus Norwegen, sein Coming out, das weltweit als wichtiges Zeichen gefeiert wurde. Für 2022 steht Benevenuto auf der Liste der Video-Referees des Weltverbandes, könnte also auch für die WM in Katar nominiert werden. Dort wird Homosexualität kriminalisiert und theoretisch wäre sogar die Todesstrafe möglich.

Gefahr in Katar und Brasilien

Aber nicht nur in Katar, sondern auch in seinem Heimatland Brasilien sind queere Personen großer Gefahr ausgesetzt. Unter Staatschef Bolsonaro haben Anfeindungen und Gewaltvorfälle in den vergangenen Jahren zugenommen, laut der Organisation „Grupe Gay de Bahia“ starben allein 2019 mindestens 320 queere Menschen durch Gewalt. „Hier geht es nicht nur um Vorurteile, sondern um den Tod“, sagte Benevenuto. „Ich möchte Beziehungen führen können, ich möchte in Ruhe Schiedsrichter sein.“

Katar hatte vor wenigen Monaten erklärt, Regenbogenfahnen in den Stadien während der WM zu erlauben und Fifa-Präsident Gianni Infantino erklärte: „Jeder wird sehen, dass jeder hier in Katar willkommen ist, auch wenn wir über LGBTQ+ sprechen.“ Doch persönliche Erfahrungsberichte und journalistische Recherchen zeichnen ein anderes Bild: So zeigte eine Umfrage im Auftrag von mehreren skandinavischen TV-Sendern, dass schwule Gäste von einigen WM-Hotels abgelehnt wurden.

Die Journalisten hatten sich als verheiratete schwule Paare ausgegeben, woraufhin 20 von 69 Hotels Vorbehalte mitteilten und einige direkt ablehnten. Nas Mohamed, der als erster Katarer öffentlich gemacht hatte schwul zu sein, betonte außerdem in einem Tagesspiegel-Interview „Selbst, wenn sie die Fahnen erlauben würden, wäre das pure Scheinheiligkeit. Wir queeren Katarer werden ja trotzdem misshandelt.“

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