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Geschichte gemacht. Alex Pietrangelo, Kapitän der St. Louis Blues, mit dem Stanley Cup

© Charles Krupa/dpa

Update

Herzergreifendes Wunder in der NHL: St Louis Blues holen den Stanley Cup

Nah am Wasser gebaut: Die St. Louis Blues krönen eine abenteuerliche Saison mit dem Sieg im siebten und entscheidenden Finalspiel der NHL.

Es ist so eine Geschichte, die in den USA besser funktioniert als im Rest der Welt. Herzergreifend nah am Wasser gebaut. Die ganze Saison hat Laila Anderson die St. Louis Blues begleitet, der Eishockeyklub aus der National Hockey-League (NHL) hat das an einer seltenen Immunkrankheit leidende 11 Jahre alte Mädchen unterstützt. Seitdem Verteidiger Colton Parayko Patientin Anderson im Jahr 2018 während einer Chemotherapie im Kinderkrankenhaus besucht hat, gibt es diese Bande. Nun wollte das Team seinen „Superfan“ beim siebten und entscheidenden Finalspiel um den Stanley Cup unbedingt dabei haben. Vor dem Spiel bei den Boston Bruins stellten die St. Louis Blues ein Video auf Twitter ein, in dem Anderson in Tränen ausbricht, als ihre Mutter ihr erzählt, dass sie nun am Mittwoch nach Boston reisen darf. Mehr Herzschmerz geht nicht. Kaum denkbar, dass sich die Bruins da gedacht haben, dass es wohl unmoralisch wäre den Außenseiter nun zu bezwingen. Aber die Geschichte mit Superfan Laila fand dann am Mittwochabend tatsächlich ihr Happy End im Boston Garden: Die St. Louis Blues haben den Stanley Cup gewonnen, den begehrtesten Titel im Klub-Eishockey.

Mehr als 100 Saisonspiele hatten die Männer in den weißen Trikots mit dem blau-gelben Rand in den Knochen. Und trotzdem gelang den Profis der St. Louis Blues zum Spielende noch ein rekordverdächtig schneller dynamischer Spurt zu ihrem Torwart Jordan Binnington. Es gab ja auch etwas zu feiern, mit dem in der NHL vor Saisonbeginn nicht zu rechnen war. Der Mittwochabend von Boston erlebte den Höhepunkt einer dramatischen Finalserie: Im alles entscheidenden siebten Spiel der "Best-of-seven"-Serie siegten die Blues 4:1 bei den Boston Bruins. Für das Team aus dem US-Bundesstaat Missouri war es der erste Titel in der Klubgeschichte überhaupt - nach 52 Jahren. Und allein da herum lassen sich dann schon etliche Geschichten stricken: Im Team der Blues stand nicht ein einziger Spieler, der in seiner Karriere schon mal den Titel in der NHL gewonnen hatten. Darunter übrigens auch Alexander Steen, der im Nachwuchs einst auch bei den Eisbären (1996 bis 1998) spielte, weil sein Vater in Berlin als Profi beschäftigt war.

Superfan Leila durfte den Cup dann auch küssen

Es war eine Serie der Auswärtssiege, die Blues gewannen in der Nacht zum Donnerstag (aus europäischer Sicht) bereits das dritte von vier Auswärtsspielen. Ryan O'Reilly und Alex Pietrangelo hatten mit ihren Toren bereits im ersten Drittel das Fundament für den Sieg bereitet, der dann gegen die verzweifelt anrennenden Bruins spät im letzten Drittel durch Tore von Braydon Schenn und Zach Sanford noch klare Dimensionen annahm, das einzige Tor für Boston erzielte Matt Grzelcyk. An sich gesehen war auch das letzte Finale nicht frei vom ganz großen Glamour, wie schon die Serie an sich nicht. Natürlich gab es wieder die Helden der Serie und der Play-offs, wie etwa Torwart Jordan Binnington, der schon fast in die drittklassige East-Coast-Hockey-League abgeschoben wurde und dann beim Sieger doch zum Helden wurde. Sie lieben diese Aschenputtel-Romantik im nordamerikanischen Sport, genauso wie sie auch die Bösen mögen: So hat Bostons Angreifer Brad Marchand, sicher der talentierteste Stürmer auf dem Eis beim Verlierer, mit seiner provokativen Spielweise wieder polarisiert. Die Blues haben Marchand sogar öffentlich als "Ratte" bezeichnet und entsprechende Videos getwittert, um das zu belegen.

In den USA geht eben vieles oft ein wenig aufgeblasener als im Rest der Sportwelt. Von den 320.000 Einwohnern in St. Louis werden am späten Mittwochabend lokaler Zeit so ziemlich die meisten Menschen bei einem Public Viewing unterwegs gewesen sein. Das 50.000 Zuschauer fassende "Busch Stadium", die Baseball Arena der St. Louis Cardinals, war genauso voll wie das "Enterprise Center", die Heimstätte der Blues (Fassungsvermögen mehr als 22.000 Zuschauer). Es war eine Begeisterung, mit der noch vor wenigen Monaten nicht zu rechnen war.

Noch im Januar waren die Blues tabellarisch das schlechteste von allen 31 Mannschaften in der NHL, die Chancen auf das Erreichen der Play-offs schienen bei Null zu liegen. In St. Louis schienen sie sich darauf einzurichten, als schwächstes Team am Saisonende dazustehen - was dann immerhin beim Draft, dem jährlichen Ringen um die besten Nachwuchsspieler, die beste Position bedeutet hätte. Eine Verpflichtung von Mega-Talent Jack Hughes (der US-Amerikaner gilt als weltweit bester 18 Jahre alter Spieler) zum Beispiel wäre dann eine Investition für die Zukunft gewesen. Doch das hat sich aber nun mit dem größten Erfolg der Klubgeschichte erledigt. Mit Craig Berube, zur Jahreswende nur als Interimstrainer gekommen, kam die Wende. Das ist auch noch so eine Geschichte.

Selbstverständlich war Leila Anderson übrigens nach der Siegerehrung am Mittwochabend auch noch auf dem Eis im Stadion von Boston und durfte den Stanley Cup küssen.

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