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Cooler Beobachter. Herthas Manager Michael Preetz (mitte) könnte auf dem Spielermarkt noch aktiv werden.

© imago images/Nordphoto

Herthas Suche nach neuen Spielern: „Die Mannschaft ist noch nicht komplett“

Geschäftsführer Michael Preetz rechnet mit späten Transfers und spürt den Druck vom Investor.

Santiago Ascacibar humpelte an Krücken über den Parkplatz des Olympiaparks zu seinem Auto. Der 24 Jahre alte Argentinier, den Hertha BSC erst im Winter für einen kleinen zweistelligen Millionen-Betrag verpflichtet hatte, wird einige Wochen ausfallen, wie der Fußball-Bundesligist am Donnerstag mitteilte.

Der Mittelfeldspieler war bereits nach dem Corona-Lockdown im Mai für acht Spiele wegen einer ähnlichen Verletzung im Mittelfuß ausgefallen. Sein lädierter Fuß steckte nun wieder in einem sogenannten Airwalker. Das ist ein Spezialschuh, mit dem der Fuß ruhig gestellt werden kann. Es war kein schönes Bild, das sich den Beobachtern bot, in exakt zwei Wochen steigt für die Berliner mit dem Pokalmatch in Braunschweig das erste Pflichtspiel der neuen Saison. Doch am Stock geht Hertha deswegen noch lange nicht.

Konkrete Ideen für das Spielpersonal

In Torwart Alexander Schwolow und Rechtsverteidiger Deyovaisio Zeefuik haben die Berliner für zwölf Millionen Euro bereits zwei Neuverpflichtungen getätigt. Zwei, drei weitere Zugänge für die Offensive sollen folgen. Anders als die meisten anderen Fußballprofivereine bewegen sich die Berliner vergleichsweise robust durch die Coronakrise und verfügen über "ein paar mehr Mittel", wie es Michael Preetz am Donnerstag in einer kleinen Medienrunde sagte. So endete etwa für die Profis sowie das leitende Personal der Teilverzicht auf Gehalt nach drei Monaten zum 30. Juni.

Nach viereinhalb Wochen der Saisonvorbereitung trat Herthas Geschäftsführer Sport das erste Mal öffentlich auf. "Die Auswirkungen der Pandemie spüren alle, es ist ein komplizierter Transfersommer", der sich dieses Mal bis zum 5. Oktober ziehe. "Ich erwarte, dass es gerade zum Ende der Transferperiode hin ein paar Entscheidungen fallen", sagte Preetz. Was neues Spielerpersonal angehe, habe man ein paar konkrete Ideen. "Ich hoffe, dass wir sie bis zum Oktober umsetzen können", sagte der 53-Jährige.

"Wir halten die Augen in alle Richtungen offen"

Seiner Meinung nach können ungewöhnlich späte Transfers sogar "viel Sinn" machen, da einige Vereine unter Druck geraten könnten und Spieler auf den Markt kämen, die für Hertha auch wirtschaftlich realisierbar würden. Das beträfe dann sogar Spieler in Mannschaftsteilen, die man bei Hertha derzeit vielleicht gar nicht so sehr im Blick habe. "Wir halten daher unsere Augen in alle Richtungen offen", sagte Preetz.

Bereits im Winter hatte Hertha knapp 80 Millionen Euro in neue Spieler wie Krzysztof Piatek, Lucas Tousart, Matheus Cunha und eben Ascacibar investiert. Das war mehr als beispielsweise alle französischen Vereine (69 Millionen) zusammen, und beinahe die Hälfte der Summe, die alle Bundesligateams zusammen (190) ausgaben.

Viel Geld und hohe Erwartungen

Der Grund dafür war der Einstieg des Investors Lars Windhorst, der im vorigen Jahr mit seiner Tennor Holding zunächst mit 224 Millionen Euro in Hertha investierte. In diesem Sommer erfolgte eine weitere Kapitalerhöhung um 150 Millionen Euro, von denen 50 Millionen bereits geflossen sind. Im Gegenzug wird Windhorst im Herbst dann 66,6 Prozent der Anteile an der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA halten. Doch mit dem vielen frischen Geld sind natürlich Erwartungen verbunden.

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Die erneute Kapitalerhöhung unterstreiche "unser langfristiges Engagement, gerade in schwierigen Corona-Zeiten", sagte Windhorst im Frühsommer und schob nach: "Ich freue mich, dass sich damit der Geschäftsführung von Hertha BSC große Möglichkeiten eröffnen, den Verein zum Erfolg zu führen."

"Die Mittel und Möglichkeiten sind für Hertha andere geworden"

Womit wir wiederum bei Michael Preetz wären, der sich bei der Beantwortung der Frage nach dem gestiegenen Druck auf seine Person ein wenig windet. "Wir alle spüren schon, dass eine andere Erwartungshaltung da ist." Bei aller vielbeschworenen Langfristigkeit seines Engagements möchte der Investor eine rasche positive Entwicklung sehen.

Bei der Suche nach neuen Spielern werde man sehr "sorgfältig" mit den Ressourcen umgehen und nach solchen Spielern fahnden, "die mithelfen können, den Verein auf ein höheres Level zu heben“" Aber ja, die "Mittel und Möglichkeiten" sind für Hertha "andere geworden" gab der Sport-Geschäftsführer zu.

"Die Mannschaft ist noch nicht komplett"

Michael Preetz geht in seiner herausgehobenen Funktion bei Hertha nun in die zwölfte Spielzeit. Nach zwei schnellen Abstiegen und Aufstiegen in der Anfangszeit, konnte Hertha sich unter Trainer Pal Dardai vier Jahr lang in der Bundesliga etablieren, die vergangene Spielzeit war von viel Chaos geprägt, erst der vierte Trainer der Saison, Bruno Labbadia, konnte die Situation beruhigen und den zwischenzeitlich drohenden Abstieg verhindern.

Fakt ist aber, dass zuletzt keine Fortentwicklung bei Hertha stattgefunden hat. Hier ist neben Labbadia gerade auch Preetz gefordert. Mehr als Platz zehn in der Vorsaison ist Pflicht. "Wir wollen zulegen in der kommenden Saison, wir wollen besseren Fußball spielen", sagte Preetz. Ein konkretes Saisonziel gebe es noch nicht. "Die Mannschaft ist noch nicht komplett."

"Wir werden keinen Spieler abstellen, wenn es gesundheitliche Bedenken gibt."

Dass ab kommenden Sonntag eine zweiwöchige Abstellfrist für die jeweiligen Nationalspieler der Profivereine beginnt, ist nicht nur, aber auch für die Berliner ein Problem, die eine neue Achse im Team aufbauen müssen. Allerdings kündigte Preetz seinen Widerstand für jenen Fall an, wenn Herthas Nationalspieler mit ihren jeweiligen Nationalteams in Risikogebieten anzutreten haben.

"Wenn es die gesundheitlichen Richtlinien nicht zulassen, werden wir die betreffenden Spieler nicht abstellen", sagte Preetz. "Wir werden keinen Spieler abstellen, wenn es gesundheitliche Bedenken gibt." Nach einer neuen Beschlussfassung des Weltverbandes Fifa ist das auch möglich. Bei Hertha sind zehn Spieler für ihre Nationalteams nominiert worden.

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