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Wieder wichtig. Trainer Felix Magath setzt im Relegationsrückspiel von Hertha BSC beim Hamburger SV auf Kevin-Prince Boateng.

© Matthias Koch/Imago

Hertha und die allerletzte Chance: „Wir können ja nur noch gewinnen“

Vor dem Relegationsrückspiel beim Hamburger SV sind Herthas Verantwortliche um Zuversicht bemüht. Felix Magath sieht im 0:1 aus dem Hinspiel einen Vorteil.

Am 22. Mai will Hertha BSC den letzten Schritt in Richtung einer erfolgreichen Zukunft gehen. Und Hertha geht diesen Schritt, durch ein 2:1 bei der Spielvereinigung Unterhaching. Es ist der 22. Mai 1997. Am Sonntag jährte sich der Aufstieg in die Fußball-Bundesliga zum 25. Mal. Herthas Mittelfeldspieler Christian Fährmann sagte Jahre später, dass er in Unterhaching früh gedacht habe: „Heute geht nichts mehr schief.“

An diesem Montag will Hertha wieder einen entscheidenden Schritt gehen. Diesmal geht es nicht um Aufstieg und große Jubelarien. Es geht schlicht und ergreifend um die allerletzte Chance auf den Klassenerhalt. Die Berliner treten im Relegationsrückspiel beim Hamburger SV an (20.30 Uhr, Sat.1 und Sky) und das Gefühl, dass da nichts mehr schiefgehen kann, hat wohl niemand.

Es ist stattdessen so, dass der Bundesligist in der allgemeinen Wahrnehmung als ziemlich großer Außenseiter gesehen wird. Grund dafür ist weniger das Ergebnis des Hinspiels (0:1), sondern mehr dessen Zustandekommen. „Natürlich war unsere Leistung im Hinspiel nicht außergewöhnlich gut“, sagte Trainer Felix Magath am Sonntag. Das war sehr zurückhaltend gesprochen, denn die Leistung war für ein solch wichtiges Spiel sogar ziemlich schlecht.

In früheren Jahren wäre Hertha längst abgestiegen, da musste der Tabellen-16. sofort in die Zweite Liga. Seit 2009 gibt es wieder die zweite Chance namens Relegation. Mit dem Wahrnehmen von sich bietenden Chancen hat es Magaths Mannschaft jedoch in den letzten Wochen nicht so gehabt. Drei Mal hintereinander verspielte sie spät Punkte und letztlich den direkten Klassenerhalt.

Um dann am Donnerstagabend gleich noch die Chance auf eine gute Ausgangsposition gegen den HSV zu verspielen. Magath deutet diesen Nachteil kurzerhand in einen Vorteil um: „Im Moment sind wir raus. Wir können ja nur noch gewinnen. Jetzt ist der Druck beim HSV. Ich sehe die Situation als die bessere an. Deswegen glaube ich, dass wir gute Chancen haben, das Spiel zu drehen.“

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Nun fällt endgültig die Entscheidung, ob Hertha BSC der sportliche Totalschaden in Form des siebten Bundesliga-Abstiegs erteilt oder die erneut verrückte Saison eine letzte Wendung bereithält, in dem Falle zum Positiven. „Die Karten liegen auf dem Tisch. Es gibt nur noch dieses eine Spiel“, sagt Sportgeschäftsführer Fredi Bobic. Da die Auswärtstorregel seit dieser Spielzeit nicht mehr gilt, gäbe es bei einem Hertha-Sieg mit einem Tor Unterschied Verlängerung und eventuell ein Elfmeterschießen. Gewinnen die Gäste in Hamburg höher, wäre der Klassenerhalt geschafft.

Direkt nach der Niederlage im ersten Spiel war die Stimmungslage bei allen Beteiligten äußerst schlecht. Inzwischen hat sie sich etwas aufgehellt. Er habe gespürt, „dass sich da etwas entwickelt. Wir sind bereit für dieses Spiel“, sagt Magath. Genau diesen Eindruck hatte das Team im Heimspiel nicht vermittelt. Aber: „Wir haben es bisher immer geschafft, wenn wir die Enttäuschung verarbeitet hatten, zurückzukommen und eine gute Leistung zu bringen“, sagt Magath.

In der Tat gab es unter ihm keine zwei miesen Spiele nacheinander. Die Frage bleibt dennoch, wie viele Rückschläge eine Mannschaft wegstecken kann? Zumal die lange ordentlichen Leistungen in den letzten Spielen der regulären Saison unbelohnt blieben. Bobic setzt darauf, dass „die Jungs auch mit einer gewissen Wut reingehen“. Der Ärger über das verpatzte Hinspiel soll in „Intensität und Leidenschaft“ münden.

Als Mutmacher taugt die jüngere Relegationshistorie

Dabei mithelfen kann im defensiven Mittelfeld wieder der zuletzt gesperrte Santiago Ascacibar. „Ein Zweikämpfer, der für den Gegner sehr unangenehm ist“, wie Magath sagt. Und bei Kevin-Prince Boateng erinnerte der Trainer an dessen Auftritt im DFB-Pokalfinale 2018 mit Eintracht Frankfurt: „ Prince ist ein Finalspieler. Er weiß, wie das geht. Ihn braucht die Mannschaft jetzt beim Finale.“ Das klang stark danach, dass Boateng, der zuletzt außen vor war, von Beginn an spielt. Fehlen wird unter anderem wieder Torwart Marcel Lotka.

Kompakter stehen, die Partie besser kontrollieren, all das erhofft sich Magath. Selbst wenn das gelingt, bleibt eine Baustelle, die Hertha die ganze Saison begleitet und die jetzt besonders ins Gewicht fallen könnte: der harmlose Angriff. Die Berliner brauchen Tore, mindestens eins, besser mehr. „Wir haben leider in der Offensive keinen, der über eine konstante Torgarantie verfügt“, weiß Magath um diesen Nachteil. Und setzt daher notgedrungen vor allem wieder auf Standards in Person von Marvin Plattenhardt.

Als Mutmacher taugt die jüngere Relegationshistorie. Vor einem Jahr verlor der 1. FC Köln als Bundesligist 0:1 gegen Holstein Kiel, gewann auswärts 5:1, blieb drin und zog vor wenigen Wochen in die Conference League ein. Bei Hertha wären sie schon froh, wenn sich die Vorlage mit dem Drinbleiben aus dem Jahr 2021 kopieren ließe. „Dann ist alles vielleicht einen Tick einfacher“, sagt Bobic mit Blick auf die Zeit nach Saisonschluss. Am nächsten Sonntag steht die mit Spannung erwartete Mitgliederversammlung an.

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