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Aufgepasst. Manager Michael Preetz (links) ist zuletzt als entschiedener Kritiker an den Darbietungen der Mannschaft aufgetreten.

© imago

Hertha BSC vor dem Rückrundenstart: Manager Preetz erhöht den Druck

Herthas Manager Michael Preetz und Trainer Pal Dardai haben zum Rückrundenstart durchaus verschiedene Meinungen. Die Personalsituation entspannt sich.

Es ist frostig geworden in Berlin. Als die Fußballer von Hertha BSC am Freitagmorgen zur Arbeit erschienen, war das Olympiagelände mit einer dünnen Schneeschicht überzogen. Die Temperatur lag unter dem Gefrierpunkt, und wenn die Wettervorhersage stimmt, wird das in den kommenden Tagen auch weitgehend so bleiben. Skeptiker sehen darin das passende Bild zur Situation bei Hertha. Die Stimmung, Anfang der Saison noch blendend, ist zum Ende der Hinrunde ein wenig eisig geworden.

Manager Michael Preetz hat vor Weihnachten öffentlich sein Missfallen kundgetan über die Performance der Mannschaft. Nach der 1:3-Niederlage bei Bayer Leverkusen zum Abschluss der Vorrunde hat er den Auftritt heftig kritisiert. „Mir haben die Einstellung und Bereitschaft gefehlt, und das einige Male in den letzten Wochen“, hatte Preetz gesagt. Und auch wenn seitdem einige Tage vergangen sind, scheint Herthas Manager seine Meinung nicht grundlegend revidiert zu haben. Er erwarte von der Mannschaft eine bessere Rückrunde, hat Preetz vorige Woche bei einem Auftritt im Deutschen Theater verkündet. „Das ist eine klare Botschaft, die ich auch an die Mannschaft richten werde.“ Was inzwischen, nach seiner Aussage, auch passiert ist.

Pal Dardai: "Wir können nicht hundertmal das Saisonziel ändern"

Man muss keine allzu große Textkritik betreiben, um aus solchen Aussagen inhaltliche Differenzen zu Trainer Pal Dardai herauszulesen. Dass er mit nur einem Punkt aus den letzten drei Spielen des Jahres 2018 nicht glücklich war, dass ihm manche Auftritte seiner Mannschaft im Herbst, etwa bei den Abstiegskandidaten Düsseldorf (1:4) und Stuttgart (1:2), nicht gefallen haben, das versteht sich von selbst. Aber Dardai hat sich mit öffentlicher Schelte an seinen Spielern zurückgehalten. Die Bilanz der Vorrunde, „24 Punkte mit dieser Verletztenmisere“, sei „eine Riesensache, Leute“, sagte er am Freitag in der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel in Nürnberg (Sonntag, 15.30 Uhr). Hertha startet als Achter in die Rückrunde und liegt damit exakt in dem Zielkorridor, den sich das Team für diese Saison (obere Tabellenhälfte) gesteckt hat. „Wir können in der Saison nicht hundertmal das Saisonziel ändern“, sagt Dardai. „Und ich muss auch keinen unnötigen Druck aufbauen.“

Unter Druck? Michael Preetz erwartet vom Trainer und seiner Mannschaft wieder bessere Ergebnisse als zuletzt
Unter Druck? Michael Preetz erwartet vom Trainer und seiner Mannschaft wieder bessere Ergebnisse als zuletzt

© dpa

Fast vier Jahre ist der Ungar inzwischen im Amt. Er hat die Mannschaft im Februar 2015 in höchster Not übernommen, sie vor dem Abstieg gerettet und aus Hertha seitdem einen stabilen Bundesligisten gemacht. In keiner der inzwischen vier Spielzeiten ist die Mannschaft auch nur in die Nähe der Abstiegszone gekommen. Wenn man sich die zehn Jahre davor anschaut, ist das durchaus eine Leistung. Aber inzwischen scheinen die Ansprüche an und aus dem Klub wieder andere zu werden: Im Umfeld wächst die Ungeduld.

Preetz forderte schon im Sommer mehr

„Die Zukunft gehört Berlin“, heißt der Claim des Vereins. Diese Haltung lässt sich auf Dauer nur schwer mit Platz acht, neun oder zehn in der Bundesliga in Einklang bringen. Der Klub strebt nach Höherem: Hertha hat in der Vorsaison einen Rekordumsatz vermelden können, der Verein hat sämtliche Anteile zurückgekauft, dazu nehmen die Pläne für ein neues Stadion, in und mit dem vieles besser werden soll, immer konkretere Formen an. Hinter dieser Entwicklung, so der Tenor, darf auch die Mannschaft nicht zurückbleiben.

Manager Preetz hat schon im Sommer vom Trainerteam eine attraktivere Spielweise eingefordert, um mehr Zuschauer ins Olympiastadion zu locken. Pal Dardai hat auf Kritik am angeblich zu nüchternen und zweckorientierten Auftreten seiner Mannschaft immer ungehalten reagiert – wenn diese Kritik von Journalisten kam. Zu Preetz’ Wünschen hat er sich öffentlich nie geäußert „Ich träume auch von einem 5:0 in Nürnberg. Ich träume auch von der Europa League. Ich träume auch von der Champions League. Das ist der Träumer Dardai“, sagt er. „Aber es gibt auch den Dardai, der jeden Tag zum Training kommt und alles realistisch einschätzt.“

Die Personalsituation hat sich deutlich entspannt

Der Realist in Dardai erwartet – unabhängig vom Leistungsstand seiner Mannschaft – am Sonntag ein schwieriges Spiel beim Aufsteiger Nürnberg. Der Tabellenletzte benötigt zum Start der geplanten Aufholjagd unbedingt ein Erfolgserlebnis. Entsprechend engagiert wird der FCN auftreten. „Wir müssen uns reinbeißen in die Rückrunde“, sagt Dardai. „Aber meine Spieler sind einfach bissig. Das sieht man im Training.“

Im Vergleich zur Hinrunde hat sich die Personalsituation deutlich entspannt. Jordan Torunarigha wird nach einem Pferdekuss zwar vermutlich ausfallen, dafür dürfte Karim Rekik von Beginn an auflaufen. Am Freitag stand auch Javairo Dilrosun erstmals wieder auf dem Trainingsplatz. Für das Spiel in Nürnberg ist er noch keine Option, anders als Marko Grujic, bei dem zumindest die Nominierung für den 18er-Kader möglich ist.

Die Stimmung am Freitag im Training war aufgeräumt, es wurde gelacht und trotzdem konzentriert gearbeitet. Und selbst wenn die Temperatur eisig war: Zum ersten Mal seit einer kleinen Ewigkeit schien über dem Schenckendorffplatz die Sonne aus einem stahlblauen Himmel. „Das war für uns sehr schön und gibt uns ein gutes Gefühl“, sagte Pal Dardai. „Das wollen wir mit nach Nürnberg nehmen.“

Und am liebsten auch aus Nürnberg wieder mit nach Hause bringen.

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