zum Hauptinhalt
Hamburgs Tolgay Arslan (l) und Berlins Valentin Stocker (r) kämpfen um den Ball.

© Lukas Schulze/dpa

Hertha BSC: Valentin Stocker: Der Toreinfädler

Gegen den Hamburger SV wird es bei Hertha BSC auch wieder auf Valentin Stocker ankommen. Der Schweizer wird für die Berliner immer wertvoller, weil er anders spielt als andere.

Die Erhebung von Statistiken aller Art ist im Fußball längst zu einem eigenen Industriezweig geworden. Rechtsdrehende Torschüsse, Fehlpässe mit dem schwachen Fuß, Zweikämpfe im Tribünenschatten – alles wird heutzutage ermittelt; rechtsverbindliche Kriterien für die Kategorisierung gibt es allerdings nicht in allen Fällen. Bei der Frage zum Beispiel, wann einem Spieler eine Vorlage angerechnet wird, gibt es verschiedene Lehrmeinungen, wie der Fall Valentin Stocker beweist. Beim Fachmagazin „Kicker“ kommt der Schweizer aktuell auf beachtliche neun Assists. Die Deutsche Fußball- Liga hingegen schreibt dem Mittelfeldspieler von Hertha BSC lediglich vier Vorlagen gut. Stockers Beitrag zu den beiden Toren beim 2:2 gegen Schalke am Wochenende ging nicht in die Wertung ein.

Das deckt sich vermutlich mit der Ansicht der breiten Öffentlichkeit, die als Vorlagengeber eher Schalkes Torhüter ausgemacht hatte. Timon Wellenreuther hatte zwei Distanzschüsse Stockers stümperhaft prallen lassen und damit die perfekte Vorarbeit zu den Treffern von Änis Ben-Hatira und Genki Haraguchi geleistet. Wie auch immer: Ohne Stocker wären die Tore für Hertha wohl nicht gefallen.

Valentin Stocker bringt Tempo ins Spiel

Der Schweizer, im Sommer für rund vier Millionen Euro aus Basel verpflichtet, wird immer wichtiger für den Berliner Bundesligisten. Stocker bringt Tempo und Leichtigkeit in Herthas Spiel. Damit besitzt er in der Offensive der Berliner derzeit schon fast ein Alleinstellungsmerkmal. Das ist auch im Training zu beobachten. In dieser Woche, als sich Herthas Profis in der Vorbereitung auf das Spiel beim Hamburger SV (heute um 20.30 Uhr, live bei Sky) oft vergeblich mühen, anständige Angriffe mit erfolgreichem Torabschluss hinzubekommen. Stocker beherrscht den Ball, und als er einmal mit dem Außenrist einen feinen Pass spielt, ruft Co-Trainer Rainer Widmayer: „Valentin, sehr gut!“ Und hebt den Daumen.

Es ist noch nicht lange her, da gingen die Daumen eher nach unten. Stocker hat sich nach seinem Wechsel aus Basel denkbar schwergetan in seiner neuen Umgebung. Als er nach Berlin kam, hatte er eine lange, zehrende Saison hinter sich, anschließend spielte er für die Schweiz bei der WM in Brasilien. Beziehungsweise: Er spielte eben nicht mehr, nachdem er in der Auftaktbegegnung gegen Ecuador schon zur Pause ausgewechselt worden war. „Danach war ich körperlich und mental einfach ausgelaugt“, hat er im Herbst erzählt. Inzwischen ist er wieder bei Kräften. „Ich kann sagen, dass es mir im Moment extrem gut gefällt“, wird der 25-Jährige auf Herthas Homepage zitiert.

Seit Dardai Trainer ist, steigt Stockers Wert

Die Versuche, selbst mit ihm über seine Situation zu reden, sind seit Wochen zum Scheitern verurteilt. Auf dem Weg vom Trainingsplatz in die Kabine bleibt er zwar stehen und gibt einem höflich die Hand, doch auf die Bitte nach einem Gespräch sagt er nur: „Lieber nicht.“ Dabei gäbe es im Moment sicher unangenehmere Themen, als mit Valentin Stocker über Valentin Stocker zu reden.

„Valentin ist ein sehr fleißiger Spieler“, sagt Cheftrainer Pal Dardai, „er ist bissig, auch im Training. Das hat er mir vom ersten Tag an gezeigt.“ Seitdem Dardai bei Hertha Trainer ist, hat Stockers Wert für die Mannschaft erheblich zugenommen – wobei keineswegs sicher ist, dass es da einen kausalen Zusammenhang gibt. Auch unter Jos Luhukay war der Schweizer im Herbst Stammspieler.

Stocker pendelt im offensiven Mittelfeld zwischen der linken Außenbahn und der zentralen Position hinter der Spitze. Für Dardai sind die Unterschiede nicht relevant, Widmayer schätzt Stocker zentral hingegen stärker ein, „weil er von dort sehr gute Bälle in die Tiefe spielen kann“. Seine neun Assists (nach der Zählweise des „Kickers“) werden in der Bundesliga derzeit nur von Kevin De Bruyne, Thomas Müller und Zlatko Junuzovic übertroffen.

In 155 Ligaspielen hat Stocker immerhin 40 Mal getroffen

Nur als Torschütze hat sich Stocker bei Hertha noch nicht hervorgetan. In der Bundesliga gibt es derzeit keinen Spieler, der auf so viele Torbeteiligungen kommt, ohne selbst ein einziges Mal getroffen zu haben. „Ich würde verdammt gerne mal treffen“, sagt Stocker. Für Basel traf er in 155 Ligaspielen immerhin 40 Mal.

„Das kommt, das kommt auch hier“, sagt Rainer Widmayer. „Die Lockerheit hat er. Die kommt auch mit der Anerkennung.“ Und an Anerkennung mangelt es Valentin Stocker derzeit ganz sicher nicht.

Zur Startseite