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Früher Gegner, heute zusammen in Herthas Führungsriege: Michael Preetz (links) und Jens Lehmann.

© imago images/Camera 4

Hertha BSC und das Ziel Europa: Lehmann und Preetz uneinig über das Tempo

Aufsichtsratsmitglied Jens Lehmann und Manager Michael Preetz haben vor dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart verschiedene Vorstellungen, was Herthas Ziele betrifft.

Die dicksten Kumpel werden Jens Lehmann und Michael Preetz wohl nicht mehr werden. Der frühere Nationaltorwart, 50 Jahre alt, und der Rekordtorschütze Herthas, 53, haben zwar nicht streng entgegengesetzte Ansichten über die unmittelbaren Ziele des Klubs, aber doch recht unterschiedliche, was das Tempo anbelangt. Ein Europapokalplatz muss her in Berlin, das sei allen klar, hatte Lehmann dieser Tage einer Sportillustrierten gesagt und damit gehörig Druck auf Herthas Geschäftsführer Sport aufgebaut. Zu einer absoluten Unzeit, wie dieser findet.

Wenn Hertha BSC am Samstag im Olympiastadion den VfB Stuttgart empfängt (15.30 Uhr/Sky), wird sich so manch Interessierter an das kleine Scharmützel der beiden Herren im Hintergrund erinnern.

Denn so ganz nebensächlich ist diese Aussage nicht. Im vorigen Sommer ist Lehmann als einer der Vertreter der Tennor-Holding von Investor Lars Windhorst in den Aufsichtsrat der von Herthas ausgelagerten Profiabteilung, der KG (Kommanditgesellschaft), bestellt worden. Als solcher folgte Lehmann einem gewissen Jürgen Klinsmann, der diese Aufgabe kurz inne hatte, ehe er ins Traineramt gewechselt und nach noch kürzerer Zeit getürmt war. Mit den Fußballsachverständigen von Windhorst hat Herthas Führung so ihre Erfahrungen gemacht.

Bis Ende dieses Monats wird Windhorst über die Tennor-Holding über mehrere Tranchen in den vergangenen eineinhalb Jahren insgesamt 374 Millionen Euro in Hertha investiert haben. Als Gegenleistung erhält der Investor dann 66,6 Prozent der Anteile an der Hertha BSC GmbH & Co. KgaA. Und damit sind natürlich Ziele verbunden, gerade auch sportliche.

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„Jens Lehmann spricht für sich und formuliert seine Erwartungen oder die des Investors“, hatte Michael Preetz am Donnerstag geantwortet, „wir formulieren die Ziele von Hertha BSC.“ Dabei machte Preetz ein Gesicht, das ausdrückte, wie sehr er den Zwischenruf Lehmanns gebraucht habe. „Es gibt in diesem Moment auch dringendere Fragen zu klären, als den Ausgang dieser Saison, zumal wir gerade am Anfang der Saison stehen und drei Spieltage absolviert haben.“

Für Hertha ist der Start in die neue, komplizierte Spielzeit nicht geglückt. Beim Zweitligisten Braunschweig verabschiedeten die Berliner sich gleich bei erster Gelegenheit aus dem Pokalwettbewerb. Es folgte ein famoser Bundesligaauftakt in Bremen (4:1), das erste Heimspiel gegen Frankfurt (1:3) ging dann wieder nach hinten los. Und zuletzt hätte die tapfer aufspielende Hertha bei den Bayern (3:4) ein Unentschieden verdient gehabt.

Neuzugang Guendouzi wurde positiv auf Corona getestet

Jetzt aber soll es richtig losgehen mit der neureichen Hertha, die sich in der ungewöhnlichen weil coronabedingten Transferperiode gut, aber nicht wie gewünscht verstärken konnte. 14 Spieler haben die Berliner abgegeben, sieben neue Spieler geholt. Darunter Torwart Alexander Schwolow der ebenso einschlug wie Stürmer Jhon Cordoba. Leider aber wird Herthas Trainer auf die Künste des tollkühnen französischen Leihspielers vom FC Arsenal, Mattéo Guendouzi, 21, verzichten müssen. Dieser war von der Länderspielreise mit einem positiven Corona-Befund zurückgekehrt und befindet sich in Isolation.

Wegen der vielen Nationalspieler, die der Klub in der vergangenen Länderspielphase hatte abstellen müssen, standen Labbadia tagelang oft nur zwischen acht und elf Spieler auf dem Trainingsplatz zur Verfügung. Eine optimale Vorbereitung auf das wichtige Heimspiel sehe anders aus. Echt kompliziert sei es, sagte der 54-Jährige, nichts, was Spaß mache. „Wir tun aber gut daran, das Beste aus dieser Situation zu machen. Jammern gibt's nicht, fertig.“

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Hertha liegt derzeit auf Rang 13 in der Tabelle, Aufsteiger Stuttgart auf acht. Ein Sieg über die Schwaben wäre also nicht schlecht. Zumal es eine Woche später für die Berliner zum aktuellen Tabellenführer RB Leipzig geht. „Sie haben den Schwung des Aufstiegs mitgenommen und sind die ersten Spiele gut angegangen“, sagte Herthas Trainer über den VfB, „für uns wird es ein hartes Stück Arbeit, um die drei Punkte hierzubehalten.“

Labbadia hat immerhin eine Stuttgarter Vergangenheit. Zwischen 2010 und 2013 war er dort Trainer, rettete den Schwaben zunächst die Bundesligazugehörigkeit und erreichte in der Folgezeit das internationale Geschäft sowie das nationale Pokalfinale, „für mich war das eine Erfolgsgeschichte“.

Die möchte er nun auch in Berlin schreiben. Auf das aktuelle Saisonziel angesprochen, hatte Labbadia sich nach dem Ende der Transferzeit Anfang Oktober moderat geäußert. „Wir haben nicht die großen Namen oder die fertigen Spieler geholt, wir haben die drittjüngste Mannschaft.“ Man wolle aber besser sein als in der Vorsaison. Hertha hatte er am Ostermontag dieses Jahres übernommen und am Ende einer recht turbulenten Spielzeit für die Berliner vor dem Abstieg gerettet und auf Platz zehn geführt.

Ach so, Jens Lehmann hatte noch wissen lassen, dass er prinzipiell gut fände, dass die Positionen im Kader nachbesetzt wurden, die man als notwendig erachtet habe und fügte hinzu. „Wir hoffen, dass es die richtigen Spieler sind.“

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