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Die Stimmung war schon mal besser bei Hertha BSC. Trainer Bruno Labbadia (rechts) und Manager Michael Preetz können sich die schwachen Leistungen der Mannschaft auch nicht erklären.

© Odd Andersen/AFP-Pool/dpa

Hertha BSC gegen den 1. FC Köln: Duell der Angeschlagenen und Blessierten

Am Samstag trifft Hertha BSC in Köln auf einen Gegner, das noch schlechter dasteht. Doch auch bei den Berlinern steigt der Druck – besonders auf Manager Preetz.

Die Bruno-Labbadia-Nostalgiewochen streben gerade ihrem Höhepunkt entgegen. Zwischen der Rückkehr auf die Bielefelder Alm am vergangenen Sonntag und dem Wiedersehen mit Werder Bremen in genau einer Woche führt der Spielplan der Fußball-Bundesliga den Trainer von Hertha BSC nach Köln.

Arminia Bielefeld, Werder Bremen, 1. FC Köln – für all diese Klubs hat Labbadia in seiner langen Karriere als Stürmer die gegnerischen Strafräume umgepflügt, wobei sein Gastspiel in Köln denkbar kurz ausfiel. Nach einer Saison mit immerhin 14 Toren verabschiedete sich Labbadia im Sommer 1995 nach Bremen. Aber weil Jahre beim FC so etwas wie Hundejahre sind, hat auch diese Station Spuren bei ihm hinterlassen. „Der FC ist ein intensiver Verein“, erzählt Labbadia.

In Köln neigt man bekanntlich zum Überschwang, und wenn es um den FC geht, kann der rheinische Frohsinn ganz schnell in Weltuntergangsstimmung umschlagen. Das ist auch in diesen Tagen wieder zu beobachten, da der Klub durch eine 0:5-Niederlage beim SC Freiburg auf den Relegationsplatz zurückgefallen ist.

Die Stimmung in Köln unterscheidet sich also nicht grundlegend von der rund um Hertha in Berlin. Dass die Kölner am vergangenen Wochenende erstmals seit dem achten Spieltag wieder in die Abstiegszone gerutscht sind, haben sie nämlich Herthas 0:1-Niederlage beim Aufsteiger und vormaligen Tabellensechzehnten Arminia Bielefeld zu verdanken.

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Und so ist das Duell der beiden Mannschaften an diesem Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) auch ein Aufeinandertreffen der Angeschlagenen und Blessierten. „Beide Mannschaften haben am Wochenende enttäuscht“, sagt Kölns Sportdirektor Horst Heldt. „Deswegen ist Brisanz im Spiel. Deswegen ist Feuer drin.“

Die Erklärungen und Analysen – sowohl in Berlin wie auch Köln – klangen nach dem vergangenen Wochenende sehr ähnlich. „Im ersten Moment hast du keine Erklärung. So eine Leistung hat sich nicht abgezeichnet oder angebahnt“, sagte FC-Trainer Markus Gisdol. Nahezu wortgleich hatte sich Bruno Labbadia nach der Niederlage in Bielfeld geäußert.

In Köln wird es bereits eng für Trainer Gisdol

Die Kölner hat es sogar noch ein bisschen ärger erwischt. Von den vergangenen 25 Spielen haben sie ganze zwei gewonnen und sind seit 394 Minuten ohne Tor. Trainer Gisdol, erst seit etwas mehr als einem Jahr im Amt, steht längst wieder auf der Kippe. Eine Niederlage gegen Hertha – und das könnte es für ihn gewesen sein. So zumindest wurde es nach dem Debakel in Freiburg kolportiert. „Gisdol ist angezählt“, hat die Kölner Boulevardzeitung „Express“ geschrieben.

Aus der Ferne betrachtet, stellt sich die Situation für Labbadia in Berlin ähnlich dar. Dass ein ambitionierter Klub wie Hertha das Verfehlen der eigenen Ziele auf Dauer klaglos hinnimmt, das können sich viele einfach nicht vorstellen. Doch bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich Labbadias Job nach nur einem Dreivierteljahr bereits in akuter Gefahr befindet. Auch der Unmut der Fans scheint sich nicht in erster Linie gegen den Trainer zu richten – wobei es ohne den Resonanzboden Stadion nicht ganz einfach ist, ein verlässliches Bild von der Basis zu gewinnen.

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Endlos ist die Geduld aber ganz sicher nicht. Nicht bei den Fans, nicht bei den Entscheidungsträgern des Vereins und ganz sicher nicht bei dessen größtem Geldgeber Lars Windhorst, für den es gar nicht schnell genug nach oben gehen kann.

Vor dem Jahreswechsel hatte Labbadia den Januar als besonders wichtigen Monat identifiziert. Mit Duellen gegen die Abstiegskandidaten Schalke, Bielefeld und Köln, dazu den Heimspielen gegen die grauen Mäuse Hoffenheim und Bremen schien er den Berlinern glänzende Perspektiven zu eröffnen. Der erhoffte Vorteil aber könnte sich ganz schnell in sein Gegenteil verkehren: Was, wenn sich die naheliegenden Erfolge in diesen Begegnungen nicht einstellen? Nach dem Auftritt in Bielefeld ist diese Skepsis zumindest nicht gänzlich unangebracht.

Die Kritik an Manager Preetz wird immer lauter

„Es ist schon so, dass die Spieler wissen, wie die Situation ist“, sagt Manager Michael Preetz. Hertha ist den Abstiegsrängen näher als den Europapokalplätzen, die Stimmung droht zu kippen, und bei weiteren Minderleistungen der Mannschaft würde irgendwann der Trainer fast zwangsläufig in Erklärungsnot geraten. Vermutlich wäre er nicht der Einzige.

Dass Hertha trotz deutlich verbesserter finanzieller Ausstattung auf der Stelle tritt, dass die Mannschaft trotz Investitionen von mehr als 100 Millionen Euro seit dem vergangenen Jahr keinen Schritt nach vorn gekommen ist, das wird zunehmend Manager Preetz angelastet. Mehr und mehr richtet sich die Kritik der Basis gegen den Geschäftsführer Sport, der die Verantwortung für das große Ganze trägt.

Im Internet hat ein Hertha-Fan nach der Niederlage in Bielefeld eine Petition für den Rücktritt oder die Amtsenthebung des Managers gestartet: „Genug ist genug!“ Bald 2500 digitale Unterstützer hat die Aktion in den ersten fünf Tagen gefunden. Wie wirkmächtig diese Petition ist, hängt allerdings nicht zwingend von der Zahl der Befürworter ab. Entscheidend ist, ob Preetz in den maßgeblichen Gremien des Vereins genügend Rückhalt genießt, um auch diesen Angriff auf seine Stellung erfolgreich auszusitzen. Wenn der Eindruck nicht völlig täuscht, war dieser Rückhalt schon mal größer.

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