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Trostlose Zeiten. Auch für Lauzi, das Maskottchen des FC Energie Cottbus, gibt es derzeit nichts zu sehen im Stadion der Freundschaft und erst gar nichts zu lachen beim Fußball-Regionalligisten aus der Lausitz.

© imago images/Steffen Beyer

Harte Zeiten für den früheren Bundesligisten: Lauter Defizite beim FC Energie Cottbus

Dem einst so stolzen FC Energie droht nach dem sportlichen Absturz in die Regionalliga nun auch ein wirtschaftliches Fiasko.

600 Tage. Das ist die durchschnittliche Amtszeit der Präsidenten des FC Energie Cottbus in den vergangenen sechs Jahren. Seit 2014 hat der Klub aus der Lausitz fünf Männer an der Vereinsspitze gesehen – seit Montag führt nun Sebastian Lemke den Viertligisten, nachdem die bisherige Führungsriege um den nunmehrigen Ex-Präsidenten Matthias Auth entmachtet worden ist.

Der stete Wechsel ist bezeichnend für die immer wieder unruhigen Zeiten bei Energie. Und auch diesmal waren es drastische Worte, mit denen der Vertrauensentzug für die Verantwortlichen kommentiert wurde: „Wir mussten dafür sorgen, dass das Präsidium von Matthias Auth, Georg Kapplinghaus und Axel Harnath befreit wird“, wurde René Markgraf, Vorsitzender des FCE-Verwaltungsrates, am Montag zitiert.

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Ein Befreiungsschlag also, um den einstigen Bundesligisten vor dem freien Fall zu retten. Nach zwei Abstiegen aus der Dritten Liga in den vergangenen vier Jahren droht der einstige Stolz der Lausitz nicht nur in der sportlichen Bedeutungslosigkeit der Regionalliga stecken zu bleiben. Ein Aufstieg in dieser Saison – wann und wie auch immer diese nach dem Corona-Lockdown weitergespielt wird – ist nahezu ausgeschlossen. Energie ankert mit 15 Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Viktoria Berlin im Viertliga-Mittelmaß. Viel dramatischer aber: Dem Klub droht ein wirtschaftliches Fiasko. „Der Verein nähert sich einer finanziell kritischen Situation“, alarmieren die neuen Führungskräfte und sehen die Existenz des Klubs bedroht, sollte es keine Unterstützung geben.

„Wir haben keinen Tatbestand der Insolvenz“, sagte der neue Präsident Lemke am Mittwoch dem Tagesspiegel. Aber die Situation ist ernst. Einnahmen durch Zuschauer hat der Klub seit dem Sommer nicht mehr, pro Heimspiel gehen ihm rund 70 000 Euro verloren. „Hingegen haben wir eine Kostenstruktur allein durch die Bewirtschaftung des Stadions, die den Verein enorm belastet“, sagt Lemke.

Einnahmen und Ausgaben stehen in krassem Missverhältnis

Der 37-Jährige hat Betriebswirtschaft studiert, ist geschäftsführender Gesellschafter des Handelshofs Cottbus, eines Fachgroßhandels für Stahl und Werkstoffe. Der Verwaltungsrat setzt dem Vernehmen nach großes Vertrauen in den Unternehmer, nachdem das Kontrollgremium in den vergangenen Wochen sämtliche Vorgänge im Verein geprüft und bewertet hat. Ergebnis: Sollten Ausgaben und Einnahmen weiterhin in einem offenbar drastischen Missverhältnis stehen, ist die Zukunft des FC Energie in Gefahr.

Sebastian Lemke ist neuer Präsident des früheren Bundesligisten Energie Cottbus.
Sebastian Lemke ist neuer Präsident des früheren Bundesligisten Energie Cottbus.

© imago images/Steffen Beyer

Lemke sprach nun von einem „Defizit im Haushalt“. Wie groß genau die Lücke ist, sagte er nicht. Er verwies auf erste Gespräche, die es am Mittwochnachmittag dazu geben sollte. „Kurzfristiges Ziel ist es, den Verein bis zum 30. Juni zu stabilisieren“, sagte Lemke. „Dabei wird der Verein in alle Richtungen aktiv werden und in der Stadt, der Region und auch beim Land Brandenburg um Hilfe bitten.“

Den Klub nicht fallen zu lassen war für Brandenburgs Landesregierung auch immer ein Politikum. Wenn immer es möglich war, wurde er unterstützt. Zu groß war die Gefahr, das einstige Aushängeschild zu vernachlässigen und zu riskieren, dass die von Neo-Nazis unterwanderte Fangemeinschaft noch mehr Zuspruch bekommt.

In der strukturschwachen Lausitz fehlt es einfach an Geld, um einen Fußballklub wie Energie finanzieren, der zwischen den Erinnerungen an die Bundesliga und der Realität hin- und hergerissen ist. Der Spagat, wenigstens drittklassigen Profifußball zu spielen und das dafür nötige Budget zu stemmen, droht den Verein zu zerreißen. Bereits jetzt belasten ihn Verbindlichkeiten von mehr als sechs Millionen Euro. Kurzfristig, so Lemke, gehe es um die Rettung des Vereins. Um die sportliche Planung, um Fußball, wie er den Cottbusern so lieb und teuer ist, werde es erst im Sommer wieder gehen.

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