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Allein erkrankt, zusammen genesen: Paderborns Luca Kilian konnte sich in der Zwangspause auf seine Mitspieler verlassen.

© Marius Becker/dpa

Handgranaten, Helden, Herzenswärme: Diese Lehren ziehen wiedergenesene Sportler aus ihrer Coronavirus-Infektion

Das Coronavirus hat auch im Sport zugeschlagen. Die Betroffenen haben den Ernst der Lage leibhaftig erfahren – und ihre persönlichen Schlüsse daraus gezogen.

Es gibt da diesen sehr alten Witz, der geht so: Wie kriegt man einen Dartspieler auf 0,2 Promille? Antwort: Drei Tage einsperren bei Wasser und Brot. Selten so gelacht.

Auch Luca Kilian wird darüber kaum die Miene verziehen. Der Verteidiger des SC Paderborn war schließlich nicht nur drei Tage, sondern gleich zwei volle Wochen eingesperrt – nicht um auszunüchtern, sondern um sich zu kurieren. Mitte März wurde der 20-Jährige als erster Spieler aus der Fußball-Bundesliga positiv auf das Coronavirus getestet und musste sich deshalb in Quarantäne begeben. Immerhin: Zeit und Gelegenheit zum Dartspielen hatte er dort. Die nötige Zielscheibe ließ er sich aus Paderborn in sein altes Kinderzimmer nach Dortmund bringen, wo ihn seine Mutter pflegte, eine gelernte Krankenschwester.

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Inzwischen ist Kilian wieder genesen und hat aus der Zeit der Abschottung vor allem eines mitgenommen: die Unterstützung seiner Teamkollegen. „Die Jungs waren echt gut da für mich“, berichtete der U-21-Nationalspieler. „Wir haben spaßeshalber gesagt, dass wir jetzt eine Videokonferenz machen und dann die Kamera auf die Dartscheibe halten und dann gucken, wer der bessere Dartspieler ist.“ Außerdem hat er festgestellt: „Als Fußballer, der in der Öffentlichkeit steht, hat man da auch eine Vorbildfunktion. Der sollte man auch nachkommen, weil man – zum Beispiel durch soziale Plattformen – viele Leute erreichen kann.“

Das haben mittlerweile auch viele weitere Namen aus der Welt des Sports erkannt. Bleibt zuhause, nehmt Rücksicht auf euch und andere – diese Botschaften verbreiten sie ohne Unterlass auf ihren Kanälen. Vor allem diejenigen, die selbst positiv getestet wurden und sich – wie Luca Kilian – inzwischen wieder erholt haben. Sie haben nicht nur den Ernst der Lage am eigenen Leib erfahren müssen, sondern auch ihre persönlichen Lehren und Erkenntnisse aus dem Schlamassel gezogen.

Da sind etwa ganz praktische wie die von Evangelos Marinakis, dem Klubbesitzer von Olympiakos Piräus und Nottingham Forest, der nach seiner Genesung zu einem Loblied des griechischen Gesundheitssystems ansetzte, das ärztliche Personal „für seine Betreuung und seinen Rat“ pries und von „Helden in grünen und weißen Kitteln“ sprach.

Komm in meine Arme: Arsenals Trainer Mikel Arteta hat in der Quarantäne den physischen Kontakt vermisst.
Komm in meine Arme: Arsenals Trainer Mikel Arteta hat in der Quarantäne den physischen Kontakt vermisst.

© John Sibley/Reuters

Da sind jedoch auch Gedanken ganz grundsätzlicher Art, zu denen etwa Mikel Arteta, der Trainer des FC Arsenal, während seiner Quarantäne gelangte: „Wir bewegen uns in einer Welt, in der alles nur aus sozialen Medien und WhatsApp-Nachrichten besteht“, befand er. „Aber wie wichtig ist es, sich gegenseitig zu berühren, zu fühlen, zu umarmen?“ Sein herzenswarmer Schluss: „Wir müssen uns emotional mehr öffnen. Wir müssen uns gegenseitig sagen, was wir fühlen.“

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Seinen Empfindungen zur Ausbreitung des Virus hatte NBA-Profi Rudy Gobert Anfang März noch recht deutlich Ausdruck verliehen: Er fand das Ganze schlichtweg lächerlich. In der Kabine verhielt er sich gegenüber seinen Teamkollegen der Utah Jazz besonders rücksichtslos und machte sich auf einer Pressekonferenz auch noch einen Spaß daraus, absichtlich alle Aufnahmegeräte vor ihm anzugrabschen – kurze Zeit später wurde er dann selbst positiv getestet.

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„Die Jazz können froh sein, dass sie jetzt nicht wieder zusammenkommen und spielen müssen“, schimpfte Adrian Wojnarowski, eine Institution unter den NBA-Reportern. „Es gibt einiges zu tun, um die Beziehungen wieder in Ordnung zu bringen. Es gibt viel Frust auf Gobert.“ Das hatte der Sünder auch selbst erkannt und tat deshalb auf Instagram kleinlaut Buße: „Ich war leichtsinnig und suche keine Ausreden“, schrieb er. Seine Geschichte solle nun als Mahnung gelten, das Thema ernst zu nehmen.

Sein Teamkollege Donovan Mitchell hätte sich diese Einsicht wohl schon früher gewünscht. Aus seinem Unverständnis gegenüber Gobert machte auch er keinen Hehl. Seine Ansteckung war jedoch ohne jede Symptome verlaufen, weshalb er noch eine ganz andere, schaurige Lehre daraus zog: „Ich hätte die Straße langlaufen können, und wenn es nicht bekannt gewesen wäre, dass ich krank bin, hätte man es nicht bemerkt“, erklärte er. Deshalb sei es so wichtig, auf Abstand zu gehen. Oder wie es Sean Payton, der Chefcoach der New Orleans Saints aus der NFL, nach seiner Genesung wenig zimperlich ausdrückte: „Stellt euch einfach vor, alle haben eine Handgranate dabei.“

Leonard Brandbeck

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