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Hoch hinaus. Die deutsche Nationalmannschaft um Torjäger Philipp Weber (Mitte) repräsentiert auf allen Positionen allerhöchstes Niveau.

© dpa

Handball-Nationalmannschaft: 28:24 gegen Spanien: Wucht mit Zukunft

Das Fest-Wochenende der deutschen Handballer geht in Berlin mit einem 28:24 gegen Spanien zu Ende.

Gefeiert werden sollte in der Max-Schmeling-Halle ein Jubiläum. Schließlich war nur ein paar Meter entfernt, in der Alexanderstraße 41, am Sonntag vor exakt 100 Jahren der Name „Handball“ das erste Mal erwähnt worden. Und tatsächlich standen die Zuschauer in der nicht ausverkauften Halle in den letzten Minuten des Testspiels gegen Spanien, nachdem das Team von Trainer Christian Prokop teilweise grandiosen Handball gezeigt hatte und am Ende verdient mit 28:24 (16:9) gewann.

„Die Fans haben uns super unterstützt, das hat viel Spaß gemacht“, sagte Nationalspieler Fabian Wiede nach der Revanche für die Niederlage am Vortag in Magdeburg (24:26). Der Titelverteidiger scheint für die Europameisterschaft in Kroatien (12. Bis 28. Januar 2018) sportlich gerüstet.

Am Samstag hatte der Deutsche Handballbund (DHB) in einem Nobelhotel am Potsdamer Platz die Weichen für die Zukunft gestellt. Dort verabschiedete der 32. DHB-Bundestag nicht weniger als „die bedeutendste Satzungsänderung seit Gründung des DHB“, formulierte der scheidende DHB-Vizepräsident Recht, Heinz Winden. Das DHB-Präsidium, dem weiterhin Andreas Michelmann (Aschersleben) vorsteht, wacht fortan als Aufsichtsrat über die Geschäftsstelle in Dortmund. Unter der Führung des Generalsekretärs Mark Schober ist der Einfluss des Hauptamtes hingegen so groß wie nie in der Geschichte des 1949 gegründeten Verbandes. DHB-Präsident Michelmann bezeichnete diese neue Struktur, die mehr Professionalität verspricht, insofern zu Recht als „historisch“ und „wegweisend“.

Alles schaut auf die Männer

Was sich vermutlich nie ändern wird: Die Abhängigkeit des stärksten Dachverbandes der Welt (756 000 Mitglieder) vom Erfolg seiner Männer-Nationalmannschaft. Dass der DHB im vergangenen Geschäftsjahr einen Überschuss von knapp 400 000 Euro erwirtschaften konnte, war allein dem sensationellen Titel bei der EM 2016 in Krakau zu verdanken. Damals schauten mehr als zwölf Millionen Zuschauer an den TV-Geräten zu – und nur diese enorme Aufmerksamkeit interessiert Sponsoren. Die Handballerinnen, die auch am Sonntag nach den Männern gegen die Niederlande spielten und 36:26 (19:10) gewannen, verschwanden dagegen wieder im Livestream.

„Ich habe manchmal den Eindruck, die Frauenförderung bei ARD und ZDF beschränkt sich auf die Förderung der eigenen Mitarbeiterinnen“, sagte Michelmann. Selbst die Heim-WM der Frauen im Dezember 2017 ändert an der tristen Lage des Frauenhandballs wenig.

Alles schaut also weiterhin auf die Männer. Und das Potenzial des Teams von Bundestrainer Christian Prokop, der als Nachfolger von Dagur Sigurdsson seit März im Amt steht, verheißt eine goldene Zukunft für den deutschen Handball. Denn die Substanz, die Prokop vor der EM zur Verfügung steht, ist so gut wie schon lange nicht mehr. Mit Andreas Wolff (Kiel) und Silvio Heinevetter (Füchse Berlin) stehen dem DHB-Team zwei Torhüter auf Weltklasseniveau zur Verfügung. Auch die Flügelspieler Uwe Gensheimer (Paris), Patrick Groetzki (Löwen) und Tobias Reichmann (Melsungen) und die Kreisläufer Patrick Wiencek (Kiel), der am Wochenende verletzt fehlte, und Hendrik Pekeler (Löwen) repräsentieren allerhöchstes Niveau.

Olympia-Gold 2020 in Tokio scheint keine Utopie mehr

Hinzu kommt eine neue Wucht aus dem Rückraum. Im zentralen Teil der Offensive hatten jahrelang Profis mit großen Shooter-Qualitäten gefehlt, was am Ende der Ära Heiner Brand (1997-2011) zu einem Niedergang der Nationalmannschaft geführt hatte. Mit welcher Brachialität der deutsche Rückraum inzwischen aber wieder agieren kann, demonstrierte am Samstag bereits der Halblinke Julius Kühn (Melsungen), der gegen eine der stärksten Abwehrreihen der Welt fast mühelos traf. Doch auch der Berliner Steffen Fäth spielt in der Form seines Lebens. Und mit Philipp Weber (Leipzig) als Torschützenkönig aus der letzten Bundesliga-Saison gibt es eine starke dritte Kraft auf der halblinken, so genannten Königsposition.

Die Linkshänder-Position ist mit Steffen Weinhold (Kiel), Kai Häfner (Hannover) und Fabian Wiede (Berlin) außergewöhnlich gut besetzt, und auch Regisseur Paul Drux hat schon wichtige Erfahrungen bei großen Turnieren gesammelt. Vorausgesetzt diese Spieler bleiben gesund, muss das Team um die nächsten großen Titel mitspielen. Auch das seit 2013 angesteuerte Fernziel, Olympia-Gold 2020 in Tokio, ist trotz starker Konkurrenz aus Dänemark, Spanien und Frankreich keine Handball-Utopie mehr.

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