zum Hauptinhalt
Weltklasse für Berlin. Der serbische Torhüter Dejan Milosavljev spielt in der kommenden Saison für die Füchse.

© Marius Becker/dpa

Handball-Bundesligisten kaufen groß ein: Neue Männer für mehr Konkurrenz

Die Vereine der Handball-Bundesliga nehmen nach der Kritik der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Hochkaräter unter Vertrag. Das ist auch nötig.

Die Nachricht kam unverhofft und sorgte für große Aufregung in Leipzig. Beim ortsansässigen Handball-Bundesligisten, dem SC DHfK, wird in Zukunft ein Mann von der Mitarbeiterliste verschwinden, der zu den bekanntesten Gesichtern seiner Sportart zählt. Knapp zehn Jahre lang hat Stefan Kretzschmar – Ex-Nationalspieler, Fernsehexperte, anerkannter bunter Hund – dem Aufsichtsrat des Vereins angehört; in dieser extrem erfolgreichen Phase stiegen die Leipziger von der fünftklassigen Oberliga bis in Deutschlands höchste Spielklasse auf und etablierten sich dort als festes, ernstzunehmendes Mitglied. „Und das Beste liegt noch vor euch, da bin ich mir sicher“, schrieb Kretzschmar seinen Leipziger Weggefährten vor ein paar Wochen bei Twitter zum Abschied.

Rein sportlich ist das keine gewagte Prognose. Schließlich hat der SC DHfK erst kürzlich einen Spieler unter Vertrag genommen, von dessen Format sie in Leipzig bis vor kurzem nur träumen durften. Wie der Verein bekanntgab, trägt Marko Mamic ab der kommenden Saison das grün-weiße Trikot der Leipziger. Der kroatische Nationalspieler, 25 Jahre jung, wechselt vom polnischen Spitzenklub und dauerhaften Champions-League-Anwärter Kielce zum Tabellenelften der abgelaufenen Bundesliga-Saison. „Ich freue mich sehr, dass sich ein Spieler von seinem Kaliber für uns entschieden hat“, jubilierte Trainer André Haber nach Bekanntgabe des Transfers.

Mamics Wechsel passt in eine Zeit, in der an vielen Bundesliga-Standorten im Sinne der internationalen Konkurrenzfähigkeit aufgerüstet wird. Die Füchse Berlin etwa, die eine ähnlich durchwachsene Saison 2018/19 hinlegten wie die Leipziger, ließen unlängst mit der Verpflichtung von Dejan Milosavljev aufhorchen: der 23 Jahre alte Serbe – 1,95 Meter groß und 135 Kilogramm schwer – mag auf den ersten Blick vielleicht nicht wie ein professioneller Sportler aussehen, seine Klasse aber hat der Torhüter hinlänglich bewiesen.

Am ersten Juni-Wochenende gewann Milosavljev mit seinem Ex-Klub, dem mazedonischen Vertreter Vardar Skopje, in Köln die Champions League. Obendrein sicherte sich der THW Kiel die Dienste des schwer umworbenen Norwegers Sander Sagosen; der 23-Jährige gilt als aktuell bester Handballer hinter dem Dänen Mikkel Hansen und hat sein Heimatland bereits in sehr jungen Jahren zwei Mal ins WM-Endspiel geführt (2017, 2019).

Große Handball-Stars kommen wieder

Ab 2020 dürfen sich die deutschen Handball-Fans auf den Ausnahmekönner freuen, der von Paris St. Germain an die Kieler Förde wechseln wird. „Wir sollten uns freuen, dass solch gute Leute in die Bundesliga kommen, das macht die Liga umso attraktiver“, sagt der deutsche Nationalspieler Paul Drux von den Füchsen Berlin. „Wenn man sich die Entwicklung der vergangenen Jahre ansieht, ist das ganz klar ein Zeichen in die andere Richtung.“

In der jüngeren Vergangenheit mussten die Bundesligisten von Kiel bis Stuttgart, von Mannheim bis Berlin immer wieder mit dem Kritikpunkt leben, dass es die ganz großen Stars der Sportart tendenziell nicht nach Deutschland, sondern eher nach Frankreich oder Ost- respektive Südosteuropa zieht. Für das Finalturnier um die Champions League in Köln hat sich in diesem Jahr zum dritten Mal in Folge kein Bundesliga-Vertreter qualifizieren können. Zum Vergleich: 2014 gab es noch ein rein deutsches Finale, in dem die SG Flensburg-Handewitt gegen den THW Kiel gewann.

Die Gründe dafür, dass die Bundesligisten auf allerhöchstem internationalen Niveau hinterherlaufen, sind vielschichtig. „Gerade die älteren Spieler, die schon viele Spiele in den Knochen haben, wechseln gern ins Ausland, weil sie dort vielleicht zwei, drei Jahre länger durchhalten als in Deutschland und noch ein bisschen Geld verdienen können“, sagt Drux, „das finde ich auch total legitim.“ Die Ligen in Polen, Ungarn, Frankreich oder Mazedonien sind in der Breite nicht ansatzweise so gut aufgestellt wie die Bundesliga. „In Deutschland muss man sich in jedem Spiel messen und immer einhundert Prozent geben“, sagt er, „das gibt es in anderen Ländern in dieser Form nicht.“

Kielce in polnischer Liga ohne Konkurrenz

In der polnischen Ekstraklasa etwa gewann Kielce den nationalen Titel in dieser Saison mit 52:0 Punkten, in Ungarn leistete sich Veszprem immerhin ein Unentschieden in 26 Begegnungen. Manche Ansetzungen sind für die Spitzenteams mit ihren international besetzten Kadern bessere Trainingsspielchen. So können sich die Stars ihre Kräfte für den aus ihrer Sicht wirklich wichtigen Wettbewerb, sprich: für die Champions League aufsparen. Im Gegenzug spielen sie in der heimischen Liga regelmäßig vor ein paar hundert Zuschauern. „In Deutschland dagegen sind die Hallen stets gut besucht und man muss sich immer voll reinhauen“, sagt Paul Drux, „und das macht es für mich als Sportler aus.“

Offenbar ist diese Sicht der Dinge mittlerweile bei einigen begnadeten Handballern konsensfähig – ab dem 22. August wird es spannend. Denn dann ist Saisonbeginn in der Bundesliga.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false