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Gianni Infantino hat ein angespanntes Verhältnis zu Transparenz bei der internen Kommunikation in seinem Verband.

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Hacker-Angriff bei der Fifa: Infantinos Unwohlsein

Nach einem mutmaßlichen Hacker-Angriff fürchtet der Fifa-Präsident, dass persönliche Korrespondenz öffentlich wird. Aber woher kommt die Furcht? Ein Kommentar

Man braucht kein Psychologe zu sein, um ein bisschen misstrauisch zu werden: Wäre Fifa-Präsident Gianni Infantino bei seiner Erklärung am Mittwoch an den etwa in den USA bei juristisch wichtigen Erklärungen immer noch wichtigen Lügendetektor angeschlossen gewesen - wäre die Nadel ruhig geblieben oder hätte sie wie wild ausgeschlagen? Diese Frage kann einem bei den Aussagen des Weltfußball-Funktionärs durchaus kommen. „Wenn ich nur in meinem Zimmer bleibe und mit niemanden spreche und nichts machen kann, wie kann ich dann meinen Job ordentlich erledigen?“, hatte er zu der Nachricht gesagt, dass Medienberichte zu Fifa-Dokumenten anstünden, die durch Hacker an die Öffentlichkeit geraten sein sollen.

So ein Fifa-Präsident verhandelt viel, ist ständig mit den nationalen Verbänden in Kontakt, per Mail, Direktnachricht oder SMS. Klar, dabei entsteht jede Menge Korrespondenz, Gigabytes an Nachrichten, Einladungen, Dokumenten in verschiedenen Stadien. Nur: Warum macht die Aussicht auf Veröffentlichung den Funktionär so nervös? Die drohenden Enthüllungen scheinen ein Stich ins Wespennest zu sein, Infantino jedenfalls wirkte deutlich angepiekst.

Hat Infantino etwas zu verbergen?

Nun ist die Fifa nicht gerade für Transparenz bekannt. Seit den Neunzigern wird sie mit Geldwäsche- und Korruptionsskandalen in Verbindung gebracht, hinter der Vergabe der WM an Katar steht zumindest ein Fragezeichen in Bezug auf Rechtmäßigkeit und objektive Kriterien. Zwar erlegte sich der Verband einen Ethik-Code auf, unter Infantino aber wurde etwa das Wort "Korruption" aus diesem gestrichen. Alles in allem kein gutes Zeichen für einen tatsächlichen Kulturwandel.

Ein weiteres Zitat aus der Pressekonferenz lässt aufhorchen. Infantino spricht davon, dass Gespräche mit seinen "katarischen Freunden" anstünden. Nach einer nüchternen Geschäftsbeziehung klingt das nicht, vielmehr nach einer langen Geschichte der Amigo-Politik und Gefälligkeiten. Hat der schweizerisch-italienische Funktionär etwas zu verbergen?

Auch wenn das nicht bewiesen ist: Seine bockige Reaktion zeigt auf jeden Fall, dass es noch ein weiter Weg ist zur tatsächlichen Transparenz bei der Fifa. Während öffentliche Institutionen auf Anfrage von Journalisten Vorgänge offenlegen müssen, kann sich die Fifa als private Institution dagegen verwehren - und tut dies auch. Denn Offenlegung interner Korrespondenz scheint dem Verband eher Graus als Segen. Anstatt guten Fußball für die Welt zu bieten, also eine Dienstleistung für die Öffentlichkeit, sieht die Fifa ihre Aufgabe anscheinend darin, möglichst ausgeklügelte Deals abzuschließen, deren Nutznießer geheim bleiben müssen.

Gianni Infantino jedenfalls wird nicht für einen Kulturwandel im Weltfußball stehen.

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