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Mund auf: Volleys-Mittelblocker Georg Klein spricht beim Tagesspiegel im Interview.

© Fabian Sommer/dpa

Georg Klein vor seinem Abschiedsspiel: „Die BR Volleys machen wahrscheinlich die größte finanzielle Krise durch“

Georg Klein spricht im Interview über sein bitteres Karriereende bei den BR Volleys, das virtuelle Abschiedsspiel und die Zukunft des deutschen Volleyballs.

Nach drei Jahren bei den BR Volleys macht Mittelblocker Georg Klein Schluss. Mit einem virtuellen Abschiedsspiel wird der 28-Jährige am Mittwochabend (18.30 Uhr, sporttotal.tv) abtreten. Wir haben vorher mit Klein gesprochen.

Herr Klein, in einem kurzen Videoclip in den sozialen Netzwerken ist zu sehen, dass Sie momentan viel Zeit für die Hausarbeit haben. Wie sehr juckt es da in Ihren Fingern, Volleyball zu spielen? Schließlich liefe jetzt die heiße Saisonphase.
Es ist gerade ein Mix aus: Es ist schön, frei zu haben, weil man im Kopf akzeptiert hat, dass es vorbei ist. Aber auf der anderen Seite denkt man sich dann auch, dass jetzt eigentlich Training wäre und bald das nächste Spiel wäre.

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Das Coronavirus bringt Sie nun um ein richtiges Abschiedsspiel und den möglichen Meistertitel. Wie fühlt sich das an?
Als ich die Nachricht bekommen habe, dass es so entschieden wurde, war es wie ein Schlag ins Gesicht. Es war das Spiel, worauf ich die ganze Saison hingearbeitet hatte. Außerdem wussten viele von den Jungs ja auch schon, dass es meine letzte Saison sein wird und wollten mir das historische nationalen Triple zum Abschied schenken. Als uns das alles genommen wurde, war natürlich eine sehr hohe Frustration da.

Haben Sie darüber nachgedacht, unter den gegebenen Umständen doch noch ein Jahr dranzuhängen?
Es gab von vielen Seiten die Anfrage, dass ich doch noch ein Jahr machen solle. Für mich persönlich gab es diesen Gedanken aber nie, weil ich mit der Polizei und mit meinem Studium schon so weit in der Planung war für die nächsten Jahre. Da ist kein Platz mehr für noch eine Volleyball-Profisaison.

Wenn Sie einen anderen Berufsweg einschlagen würden, hätten Sie also ein Jahr drangehängt?
Ich denke schon. Es ist ja eine Situation, in der keiner aufhören möchte. Wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, hätte ich sicherlich noch mal ein Jahr drangehangen. Meine Entscheidung ist aber schon frühzeitig gefallen, ich habe mich da festgelegt.

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Für Sie wird es ja nun trotzdem ein Abschiedsspiel geben, ein virtuelles. Das ist eine besondere Idee. Wie kam die zustande?
Unsere beiden Medienjungs, Florian Gafert und Christof Bernier, sind zeitnah, nachdem die Saison beendet wurde, auf mich zugekommen. Ich fand die Idee super, es ist eine schöne Lösung. Seitdem sitzen wir täglich dran und basteln dieses Spiel. Wir haben ja zum Beispiel auch einen Podcast, der am Mittwochabend ausgestrahlt wird. Es ist in den vergangenen Tagen viel Arbeit gewesen – gerade für mich, weil ich auf Social Media nie so aktiv war. Ich glaube, dass das eine sehr, sehr runde Sache wird.

Aber ein bisschen Wehmut schwingt trotzdem mit?
Natürlich kann man die Situation, beim letzten Spiel vom Feld zu gehen, nicht ersetzen, das ist kaputt. Aber damit müssen wir jetzt alle leben. Und ich glaube, dass so ein virtueller Abschied eine sehr gute Alternative dafür ist. Aber natürlich würde ich mich bald gerne auch persönlich von allen Fans verabschieden.

Haben Sie schon genaue Vorstellungen, wie der Mittwochabend ablaufen wird, wenn die „GK7 Allstars“ auf die „Klein-aber-fein Volleys“ treffen? Schließlich sind Sie ja so etwas wie der virtuelle Hausherr.
Wie genau das ablaufen wird, weiß noch keiner so richtig (lacht). Das wird dann vielleicht auch noch kurzfristig improvisiert. Es wird auf jeden Fall ein lockeres Ding. Um 18.30 Uhr geht das Spiel los, vorher wird es auf Social Media einen kleinen Vorlauf geben, dafür haben wir schon Videoaufzeichnungen von den Mitspielern, die ich nominiert habe. Und nachher wird es natürlich noch Stimmen der Spieler geben.

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Das Spiel wird sogar auf sporttotal.tv als Hörspiel gestreamt und bekommt dadurch noch mal eine deutlich größere Reichweite. Es zeigt, dass Sie es zu einem der bekanntesten deutschen Volleyball-Spieler gebracht haben.
Auf jeden Fall ist das eine Ehre. Als ich die Nachricht bekommen habe, dass die sich da einklinken, hat mich das schon sehr gerührt. Dass ganz Volleyball-Deutschland dahintersteht, finde ich total cool. Ich glaube auch, dass diese Neuartigkeit – das gab es vorher ja noch nie – bei sporttotal.tv für Aufmerksamkeit gesorgt hat.

Mittendrin: Georg Klein und seine Kollegen in einer Zeit, als Händeschütteln und High Fives noch unproblematisch waren.
Mittendrin: Georg Klein und seine Kollegen in einer Zeit, als Händeschütteln und High Fives noch unproblematisch waren.

© Andreas Gora/dpa

Als Trainer werden Stelian Moculescu und Cedric Enard dabei sein, als Spieler unter anderem Sebastian Kühner, Benjamin Patch oder Kyle Russell. Wie schwer ist es Ihnen gefallen, eine Auswahl zu treffen?
Es war definitiv nicht so einfach. Ich bin froh, dass es zwei Teams geworden sind und wir auf der ein oder anderen Position sogar noch Auswechselspieler sozusagen mit dabeihaben. Ansonsten wäre es sehr, sehr hart gewesen. Ich habe über die Jahre, die ich hier in der Bundesliga, aber auch im Ausland gespielt habe, so viele nette Menschen kennengelernt. Die wollte ich einfach alle mit dabeihaben.

Es wird womöglich das letzte Mal sein, dass Sie alle aktuellen oder ehemaligen Teammitglieder um sich scharen können. Abgesehen davon: Was glauben Sie, wird Ihnen am Profisport fehlen?
Diese persönliche Schiene – also das gesamte Team innerhalb des Vereins – wird mir am meisten fehlen, dieser Zusammenhalt. Man hängt ja wirklich sieben Tage die Woche aufeinander. Wenn da eine coole Truppe zusammen ist, und das Glück hatte ich jedes Jahr, dann wird es einem nicht zu viel. Da denkt man sich nach den acht, neun Monaten Saison: Ach, schade, dass das jetzt schon wieder vorbei ist.

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Was können Sie von den Eigenschaften, die Sie sich als Profisportler über die Jahre angeeignet haben, ins Berufsleben als Polizist mitnehmen?
Ich habe in den letzten Jahren auf jeden Fall gelernt, dass man niemals aufgeben darf – egal, wie aussichtlos die Situation erscheint. Ich glaube, dass haben wir gerade in den vergangenen beiden Jahren in Berlin gezeigt. Auch wenn die Saisons nicht optimal liefen, haben wir es geschafft, zweimal in Serie Deutscher Meister zu werden. Und was ich in Friedrichshafen gelernt habe, ist, dass man sich nie zu sicher sein darf. Das dürfte mir auch bei der Polizei helfen. Selbst, wenn eine Situation relativ klar erscheint, muss man trotzdem auf alle Gegebenheiten gefasst sein. Außerdem habe ich in den vergangenen Jahren gelernt, ein Team zu führen. Das hat mich menschlich schon deutlich weitergebracht.

Welche Rolle spielt der vom Profisport geschundene Körper bei der Entscheidung, die Karriere genau jetzt zu beenden?
Die letzten beiden Jahre, mit der jeweiligen Knie-OP im Sommer, haben auch eine große Rolle gespielt. Der Körper hat mir gesagt: Junge, mach mal ein bisschen ruhiger, tritt mal ein bisschen kürzer. Und dadurch, dass ich meinen Körper für meinen Job bei der Polizei brauche, konnte ich da kein allzu großes Risiko eingehen.

Von vielen Seiten ist zu hören, dass für deutsche Spieler Auslandsstationen unabdingbar seien, um die Karriere richtig voranzutreiben. Sie haben letztlich nur ein Jahr in Antwerpen verbracht – bereuen Sie das im Nachhinein?
Nein, überhaupt nicht. Es wäre vielleicht eine coole Erfahrung gewesen, mal in Polen oder Italien zu spielen. Aber es gibt nichts, an das ich jetzt nach meiner Karriere denke und sage: Das habe ich nicht geschafft. Ich habe für die beiden Top-Klubs in Deutschland gespielt. Und ich würde auch jedem jungen Spieler raten, eher nach Friedrichshafen oder Berlin, als zu einem unterklassigen polnischen oder italienischen Klub zu gehen. Denn du hast zwar nicht das hohe Niveau, spielst aber auf jeden Fall international und kannst dich auf der Bühne viel besser präsentieren.

Und jetzt? Georg Kleins Karriere endete durch den Saisonabbruch recht unvermittelt.
Und jetzt? Georg Kleins Karriere endete durch den Saisonabbruch recht unvermittelt.

© Andreas Gora/dpa

Momentan gibt es allerdings an der Spitze nur die BR Volleys – und dann erstmal lange nichts. Glauben Sie, dass Volleyball in Deutschland mal aus der Nische kommt?
Es wäre natürlich schön, wenn der Volleyball zum Handball, Eishockey und Basketball aufschließen könnte, weil da hängen wir einfach noch ein bisschen hinterher. Ich finde, Berlin zeigt, wie es funktionieren kann – jetzt muss von der Liga auch ein bisschen mehr kommen. Die anderen Vereine müssen einfach mitziehen. Das ist die einzige Möglichkeit, wie eine Liga wachsen kann. Das können nicht ein Verein oder zwei Vereine.

Glauben Sie denn, dass sich bei den BR Volleys etwas verändern wird durch die Coronavirus-Krise?
Ich habe ein paar Befürchtungen. Die BR Volleys sind wahrscheinlich der Verein, der die größte finanzielle Krise durchmacht, was die Verluste angeht – weil wir in den Play-offs die mit Abstand meisten Zuschauer haben. Und auch die Spieler, die jetzt sinnlos bezahlt werden, haben höhere Gehälter als bei anderen Teams. Trotzdem ist Berlin der Verein, der das am besten auffangen wird, weil das System mit den Sponsoren da ist.

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Also vermuten Sie härtere Konsequenzen für die anderen Vereine?
Ich habe gerade Angst um die kleinen Vereine, die sowieso schon in jedem Jahr mit ihren Budgets zu kämpfen haben. Es könnte sein, dass die Coronavirus-Krise diese kleinen Vereine auffrisst und wir Probleme bekommen, eine Liga zusammen zu bekommen. Dann würden wir wieder fünf Jahre zurückgeworfen werden.

Werden Sie denn diese Entwicklung im deutschen Volleyball begleiten und den BR Volleys in irgendeiner Form erhalten bleiben?
Es gab erste Gespräche mit Kaweh Niroomand, der würde mich gerne weiterhin im Verein halten. Er hat mich gefragt, ob ich Lust dazu hätte, da habe ich natürlich nicht nein gesagt. Ich habe den Sport jahrelang gelebt, ich möchte auf jeden Fall weiter was bewegen. Aber wie genau das am Ende aussieht, kann ich noch nicht sagen. Kaweh und ich hatten einfach durch die aktuelle Situation noch nicht die Möglichkeit, das zu konkretisieren. Jetzt sind andere Sachen deutlich wichtiger.

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