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Besonders fleißig. Dina Blagojevic, die normalerweise das Offensivspiel der Sanderinnen ankurbeln soll.

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Fußballprofis als Erntehelferinnen: „Die Krise ändert das Konsumverhalten“

Sands Mittelfeldspielerin Jenny Gaugigl spricht im Interview über die Mühen der Spargelernte, neue Prämissen und Vergleiche zu Manuel Neuer.

Von David Joram

Weil das Fußballtraining bei Bundesligist SC Sand wegen der Coronavirus-Krise ausgesetzt ist, reagierte der Verein auf eine Anzeige des Spargelhofs Wurth. Der suchte Erntehelferinnen und bekam sechs SC-Spielerinnen zur Seite gestellt, darunter Mittelfeldspielerin Jenny Gaugigl, 23. Ihren Lohn wollen die Südbadenerinnen spenden – und am Samstag wieder auf dem Feld stehen. Dann pflücken die Erntehelferinnen aus Sand Erdbeeren.

Frau Gaugigl, was tut mehr weh: Ausdauerläufe oder Spargelstechen?
Normalerweise haben wir beim Training mehr Bewegung und werden anders belastet. Das ist also schon eine andere Art von Anstrengung, wenn man auf dem Feld steht. Ein bisschen habe ich meinen Rücken gespürt, aber das war okay.

Hoch die Schale. 2016 feierte Jennifer Gaugigl mit den Bayern die Meisterschaft, jetzt spielt sie beim SC Sand.
Hoch die Schale. 2016 feierte Jennifer Gaugigl mit den Bayern die Meisterschaft, jetzt spielt sie beim SC Sand.

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Die Spargelhof-Inhaberin meinte, pro Spielerin und Korb seien rund 20 Kilogramm Spargel zusammengekommen. Wie lange waren Sie dafür auf dem Feld?
Circa drei bis vier Stunden hat das Stechen gedauert, dann haben wir die Spargel noch gewaschen und in die Maschine gelegt, um sie zu sortieren. Kein Vergleich zu einem Fußballtraining, das dauert nur 90 Minuten.

Auf was kommt es bei der Spargelernte denn an?
Zuerst schaut man, wo das Köpfchen des Spargels aus der Erde schaut, dann lockert man die Erde ein bisschen und fährt mit dem Spargelmesser von oben nach unten in die Erde hinein. So weiß man auch, ob der Spargel lang genug ist, weil das Messer die entsprechende Größe hat. Und wenn die Spargel der Norm entsprechen, also so zwischen 26 und 30 Zentimetern lang sind, sticht man sie ab. Wichtig ist dabei vor allem, dass das Spargelköpfchen nicht kaputt geht.

Und wer ist nun die neue Spargelkönigin des SC Sand?
Jede Spielerin war fleißig, die Körbe sahen gut gefüllt aus. Am fleißigsten war aber unsere Nummer Zehn, Dina Blagojevic. Vielleicht hatte sie aber auch nur das Glück, dass in ihrer Spargelreihe mehr zu ernten war als in meiner.

Gut sortiert, ist halb gewonnen. Das "weiße Gold" will nicht nur gestochen werden.
Gut sortiert, ist halb gewonnen. Das "weiße Gold" will nicht nur gestochen werden.

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Sie kommen aus Bayern, sind eher ländlich geprägt. Bringt die Coronavirus-Krise Sie wieder der Natur näher?
So wie ich das mitbekomme, ändert die Krise jedenfalls das Konsumverhalten der Menschen, was durchaus positiv ist. Ich kaufe zum Beispiel vieles frisch ein statt abgepackt, und mehr Regionales, gerne auch beim Bauer statt im Supermarkt oder bei Ketten. Was, glaube ich, auch wieder zunimmt, sind Hilfsbereitschaft und Unterstützung für andere, die Solidarität ist intensiver geworden.

Die „Sport Bild“ machte einen kleinen Vergleich auf: Während in Sand für einen guten Zweck Spargel gestochen werde, verhandele Manuel Neuer in München angeblich über ein Jahressalär von 20 Millionen Euro. Sind Fußballerinnen, die von solchen Gagen nur träumen können, solidarischer?
Das würde ich jetzt nur schwer behaupten wollen. Am Beispiel von Joshua Kimmich und Leon Goretzka sieht man ja, dass die Bereitschaft, etwas für andere zu tun, auch bei den Männern vorhanden ist. Nur können wir eben nicht sagen, dass wir mal eben 50.000 Euro oder noch höhere Summen spenden. Wir setzen dann eher solche Zeichen wie nun beim Spargelstechen.

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Öffentlich wird derzeit vor allem darüber debattiert, wann die Bundesliga bei den Männern wieder beginnen könnte. Von den Frauen hört man kaum etwas – nervt Sie das?
Es ist doch klar, dass es medial um den Männerfußball geht, da steckt einfach viel mehr Geld drin, obwohl wir genauso viel leisten, genauso oft Training haben. Aber diese ständigen Vergleiche habe ich satt, die bringen nichts. Wir wissen, dass Männer- wie Frauenfußball mindestens bis 30. April ruhen, da hat der DFB ja schon mal gleiche Maßstäbe gesetzt.

Definitiv weiter geht es beim SC Sand am Samstag – allerdings auf dem Erdbeerfeld. Freuen Sie sich schon?
Wir freuen uns auf alle Fälle, wieder dem Obst- und Spargelhof Wurth helfen und unterstützen zu können. Für einen guten Zweck packen wir gerne mit an, wobei ich glaube, dass mir die Spargelernte vermutlich besser liegt. Wenn man Erdbeeren pflückt, geht das stärker in die Knie, und ich hatte schon mal einen Kreuzbandriss. Und Spargel schmecken einfach gut.

Ihr Lieblingsgericht?
Ich esse Spargel ganz gern in Pfannkuchen mit Sauce Hollandaise und einem Stück Schinken. Das gab’s auch am vergangenen Sonntag nach der Ernte.

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