zum Hauptinhalt
Wie losgelöst: Alexander Golowin (l-r), Denis Tscheryschew, Artjom Dsjuba und Roman Sobnin bejubeln das 1:0.

© Efrem Lukatsky/AP/dpa

Update

Fußball-WM 2018: Russland jubelt sich schon weiter

Ägyptens Stürmer-Star Salah allein kann den übermächtigen Russen nichts entgegensetzen. Ausgerechnet der eigene Mann bereitet dem Gegner den Weg ins Achtelfinale.

Die Zuschauer in St. Petersburg veranstalteten einen Höllenlärm, sie brüllten „Rossija! Rossija!“ So eine Nacht hat der russische Fußball lange nicht erlebt. Hier der Jubel, da die Tränen. Mohamed Salah hat ein bisschen geweint. Nicht so herzzerreißend wie nach seiner frühen Verletzung im Champions-League-Finale vor ein paar Wochen, aber die 1:3 (0:0)-Niederlage schlug dem Weltstar vom FC Liverpool schon aufs Gemüt. Er schoss zwar ein Tor, doch für seine Mannschaft ist die WM nach der zweiten Niederlage im zweiten Spiel so gut wie vorbei. 68 000 in der Mehrheit Russland zugewandten Fans war es egal. Sie feierten, woran vor der WM kaum einer zu glauben gewagt hatte: Ihre Mannschaft steht nach zwei Siegen als erste Mannschaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Achtelfinale.

Die erste Reaktion von Trainer Stanislaw Tschertschessow, dem früheren Bundesligatorwart von Dynamo Dresden, fiel bei aller Freude sachlich aus: „Wir wollten einfach siegen, und das haben wir auch geschafft. Nun werden wir uns auf die nächste Aufgabe konzentrieren“, sagte er dem ZDF.

Das war ein verdienter Sieg, die russische Dominanz war von Anfang an deutlich. Der 5:0-Sieg zum WM-Auftakt gegen Saudi-Arabien hatte seine Wirkung auf das Selbstwertgefühl nicht verfehlt. Alexander Golowin vergab eine erste Chance, die ägyptische Abwehr wirkte nervös, das Aufbauspiel war von Fehlpässen gezeichnet.

Es war Salahs Spiel nach dem Champions-League-Finale

Und Mohamed Salah? Es war sein erstes Spiel nach dem Champions-League-Finale von Kiew. Zum WM-Auftakt gegen Uruguay hatte Trainer Hector Cuper noch das Risiko gescheut, seinen angeschlagenen Star zu bringen. Am Dienstag war er bereit, aber ein Salah allein reicht nicht bei einer Weltmeisterschaft. Er hatte gute Szenen, vor allem in der ersten Halbzeit. Einmal schob den Ball durch die Beine von Juri Schirkow, aber dann sprang er ihm ein Stück zu weit weg vom Fuß und die Russen konnten klären. Als Mohamed Abdel-Schafi von links in die Mitte flankte, hätte Salah beinahe den Fuß zur Führung hingehalten – Schirkow klärte im letzten Moment zur Ecke. Mit jeder Minute schien der Weltstar mehr Spaß am Spiel zu gewinnen und mit ihm seine Mannschaft. Sein Drehschuss knapp neben den linken kurz vor der Pause hätte kurz vor der Pause beinahe die Führung bedeutet.

Bis dahin war es ein offenes Spiel. Aber dann... Kurz nach der Pause schossen die Ägypter tatsächlich ein Tor – allerdings auf der falschen Seite. Ahmed Fathi wollte vor Artjom Dsjuba klären und grätschte den Ball an seinem machtlosen Torhüter Mohamed Al-Schenaui vorbei zum russischen 1:0. Salah hatte schnell den Ausgleich auf dem Fuß, doch es reichte nur zu einer Ecke. Das Schicksal hatte sich entschieden – gegen Ägypten. Schon im nächsten Spielzug fand Mario Fernandes, der Brasilo-Russe von ZSKA Moskau, in der Mitte Denis Tscheryschew. Der Mittelfeldmann aus Villarreal hatte schon gegen Saudi-Arabien zweimal getroffen und zog nun in der Torschützenliste mit dem Portugiesen Cristiano Ronaldo gleich. Als kurz darauf Dsjuba auf 3:0 erhöhte, stand dem russischen Sieg nichts mehr im Weg.

Daran änderte auch das einzige ägyptische Tor nicht, natürlich erzielte es Salah, mit einem Elfmeter, der erst als Freistoß geahndet worden war. Er selbst war von Roman Sobnin am Trikot gezupft worden, innerhalb des Strafraums, wie Schiedsrichter Enrique Caceres nach Betrachtung der Videoaufzeichnung erkannte. Salah jagte den Ball hoch in die rechte Ecke, aber für eine Wende reichte es nicht mehr. Die Zuschauer im futuristischen Stadion am Finnischen Meerbusen steigerten sich in ein Rossija!-Stakkato. Die Party auf den Petersburger Boulevards konnte beginnen.

Zur Startseite