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Das deutsche Team muss sich nach der Auftaktniederlage deutlich steigern.

© Federico Gambarini/dpa

Fußball-WM 2018 in Russland: Für das deutsche Team beginnt die K.-o.-Phase schon gegen Schweden

Um das Achtelfinale zu erreichen, muss die deutsche Nationalmannschaft zweimal gewinnen. Eine schlechte Ausgangsposition – wie 1982.

„Wir waren bestimmt nicht überlegen, aber wir waren taktisch besser“, sagte der Trainer des deutschen Auftaktgegners. „Noch nie befand sich eine deutsche Nationalelf in einer so verfahrenen Lage wie wir im Moment“, sagte der Kapitän der Deutschen. „Das ist nach wie vor die Mannschaft, die mein Vertrauen genießt“, sagte der Bundestrainer. Diese Zitate stammen nicht etwa vom Mexikaner Juan Carlos Osorio, von Manuel Neuer und Joachim Löw. Sie stammen von Mahiedine Khalef, Karl-Heinz Rummenigge und Jupp Derwall. Gefallen sind sie im Juni 1982, nach dem 1:2 im Auftaktspiel der WM in Spanien gegen Algerien. Es war das letzte Mal, dass die Nationalmannschaft mit einer Niederlage in eine Weltmeisterschaft gestartet ist – bis zum vergangenen Sonntag.

Seit 1990 hatten die Deutschen sogar alle WM-Endrunden mit einem Sieg begonnen, in sieben Auftaktspielen kamen sie zu 27:3 Toren. Die 0:1-Niederlage gegen Mexiko in Moskau ist nicht nur eine völlig neue Erfahrung, sie könnte auch die Planungen der sportlichen Leitung durchkreuzen. Vor allem aber stellt sie das gesamte Unternehmen Titelverteidigung denkbar früh in Frage. „Es kann jetzt ein schwieriger Weg sein“, sagt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft, „den müssen wir gehen.“

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Eigentlich wollte das deutsche Team Geschichte schreiben

Die Lage ist ernst – ernster, als man sich das vor wenigen Tagen hätte vorstellen können. Dass die Mannschaft als mutmaßlicher Gruppenzweiter einmal weniger in Moskau spielt und stattdessen in der K.-o.-Phase ein weiteres Mal nach Kasan reisen müsste, ist vermutlich noch das geringste Problem. Dass die Wahrscheinlichkeit, schon im Achtelfinale auf Brasilien zu treffen, ein wenig größer geworden ist, ist ebenfalls nachrangig. Die Deutschen müssen dieses Achtelfinale erst einmal erreichen. „Es fühlt sich extrem schlecht an“, sagt Thomas Müller. „Es ist erstens ein ungewohntes Gefühl und zweitens nicht das, was einen weiterbringt, was einen durchatmen lässt. Wir haben uns jetzt einen extremen Druck auferlegt für die nächsten beiden Spiele.“ Die K.-o.-Phase beginnt für den Weltmeister diesmal quasi schon mit dem zweiten Gruppenspiel gegen Schweden. „Jeder weiß, dass es unser erstes Endspiel ist“, sagt Bierhoff. „Unsere Situation ist klar: Wir müssen die nächsten beiden Spiele gewinnen.“

Eigentlich wollten die Deutschen in Russland mit der ersten erfolgreichen Titelverteidigung seit 1962 Geschichte schreiben. Das droht ihnen nun auf eine andere Art zu gelingen: Ihr Ausscheiden könnte schon nach dem zweiten Spiel am Samstag in Sotschi feststehen. Als Weltmeister ist das bisher nur den Spaniern widerfahren, vor vier Jahren in Brasilien. Sollte Mexiko gegen Südkorea punkten und Deutschland auch gegen Schweden verlieren, gäbe es schon vor der letzten Partie gegen Südkorea keine rechnerische Chance mehr auf den Einzug ins Achtelfinale. „Wir dürfen jetzt nicht in eine komplett negative Stimmung verfallen“, fordert Offensivspieler Julian Brandt. „Wichtig ist die positive Einstellung, damit wir die nächsten beiden Spiele gewinnen.“

Die Mannschaft müsse nun fokussiert und trotzdem entspannt sein, nicht verkrampfen und eine gewisse Ruhe bewahren, erklärt Manager Bierhoff. „Wir haben die Fähigkeiten“, sagt er. „Die müssen wir abrufen.“ Es ist schließlich nicht das erste Mal in der Ära Löw, dass sich das Team in einer solchen Situation befindet: 2008 durften die Deutschen das letzte Gruppenspiel gegen EM-Gastgeber Österreich nicht verlieren. Bei der WM 2010 brauchten sie zum Abschluss der Vorrunde einen Sieg gegen Ghana – und selbst 2014, beim Titelgewinn in Brasilien, benötigte das Team gegen die USA mindestens ein Unentschieden zum Weiterkommen. Die Mannschaft hat sich solchen Drucksituationen bisher immer gewachsen gezeigt. Alle drei Spiele – gegen Österreich, Ghana und die USA – gewann sie, alle drei mit 1:0. „Ärgerlich ist, dass es so früh kommt“, sagt Bierhoff. Diesmal geht es nicht erst im dritten Vorrundenspiel um alles, sondern bereits im zweiten – und im dritten dann noch einmal.

"Die Schande von Gijon"

Vor 36 Jahren in Spanien erreichte die Nationalmannschaft sogar noch das Finale – trotz der Auftaktniederlage gegen Algerien. Nach dem 4:1 gegen Chile schummelte sich das Team durch ein 1:0 gegen Österreich in die zweite Finalrunde. Die Begegnung ist als die „Schande von Gijon“ in die Fußballgeschichte eingegangen, weil beide Teams nach dem frühen Tor durch Horst Hrubesch alle weiteren Bemühungen einstellten: Das Ergebnis reichte sowohl Deutschland als auch Österreich zum Weiterkommen.

Einen ähnlichen Fall könnte es auch diesmal geben, nur mit der Nationalmannschaft als Leidtragendem. Spielt das Team gegen Schweden nur unentschieden, und punktet Mexiko gegen Südkorea, dann könnte den Deutschen am letzten Spieltag selbst ein WM-Rekordsieg unter bestimmten Umständen nicht mehr helfen – falls sich nämlich Mexiko und Schweden im Parallelspiel klammheimlich auf ein Unentschieden einigen, das beiden den Einzug ins Achtelfinale beschert.
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