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Blau statt weiß. Plattenhardt ist im Nationalteam derzeit nicht gefragt.

© Roland/AFP

Fußball-Nationalmannschaft: Marvin Plattenhardt ist erst mal ganz weit draußen

Der Linksverteidiger von Hertha BSC hat keinen leichten Stand bei Bundestrainer Joachim Löw. Seit der Weltmeisterschaft ist er nicht mehr nominiert worden.

Eine vierstellige Zuschauerzahl beim Training, kreischende Kinder und hinterher noch Autogramme für die Fans – auch Marvin Plattenhardt, Fußballprofi von Hertha BSC, hat am Dienstagnachmittag sein Nationalmannschaftserlebnis gehabt. Nur leider nicht mit der Nationalmannschaft. Plattenhardt war am Dienstag mit seinem Verein zum sogenannten Kieztraining in Mahlsdorf, ziemlich genau 30 Kilometer östlich vom Gelände des Berliner Bundesligisten, wo fast zur gleichen Zeit die Nationalmannschaft eine öffentliche Trainingseinheit abhielt. Herthas Linksverteidiger, im Sommer noch WM-Teilnehmer, war dort diesmal leider nicht zu sehen.

Diesmal? Die Nationalmannschaft ist gerade zum zweiten Mal seit der Weltmeisterschaft zusammengekommen, und zum zweiten Mal ist Plattenhardt nicht dabei. Während es vor einem Monat noch einen triftigen Grund gab – er war verletzt –, hätte er diesmal zur Verfügung gestanden. Dass Bundestrainer Joachim Löw trotzdem auf ihn verzichtet, wirft die Frage auf: Ist das schon was Grundsätzliches?

Pal Dardai sagt: Er muss mutiger werden

„Wir können es uns nicht leisten, irgendwelche Spieler abzuschreiben“, antwortet Löws Assistent Marcus Sorg. Nico Schulz, vor einem Monat erstmals dabei, habe seine Sache gut gemacht, und bei Jonas Hector gebe es ja wohl keine Diskussion, weil er zwei Jahre auf unheimlich hohem Niveau gespielt habe. Der Satzbaukasten hätte auch zu Plattenhardt ein paar freundliche Stanzen bereit gehalten: „… waren immer zufrieden mit ihm … haben ihn weiterhin auf dem Schirm … kann schon bald wieder dabei sein.“ Doch zu Plattenhardt verliert Sorg kein einziges Wort.

Nimmt man allein die aktuelle Saison, herausgelöst aus allen historischen Zusammenhängen, so gehört der 26-Jährige im Moment nicht zwingend in die Nationalmannschaft. Seine Auftritte waren solide, er hat ein Tor vorbereitet, gegen Bremen einmal richtig schlecht gespielt; einmal fehlte er wegen einer Adduktorenverletzung, ein weiteres Mal, beim Sieg gegen Bayern, wurde er zur Schonung auf die Bank gesetzt. Am Wochenende, beim 0:0 gegen Mainz, war die Leistung laut Pal Dardai okay, „ein Standard-Marvin“. Aber Plattenhardt könne mehr. „Er muss mutiger sein“, sagt Herthas Trainer. „Das erwarte ich auch von ihm.“

Wenn Joachim Löw jemanden in sein Herz geschlossen hat wie Jonas Hector, sieht er über Formschwächen gnädig hinweg. Im Frühjahr stand Hector kurz vor einem Wechsel zu Borussia Dortmund. Er hätte international spielen und sein Standing noch einmal verbessern können. Beim BVB, so erzählt man sich, reagierten sie mit einer Mischung aus Belustigung und Bestürzung auf Hectors Entschluss, in Köln zu bleiben. Er konnte sich auch deshalb so entscheiden, weil er wusste: Selbst als Zweitligaspieler wird sich an Löws Wertschätzung für ihn nichts ändern. Hector dürfte auch in den beiden anstehenden Länderspielen am Samstag in Holland und am Dienstag in Frankreich die Position links in der Viererkette besetzen.

Auch Philipp Max kriegt bei Löw keine Chance

Einen derartigen Status hat Plattenhardt nie besessen. Selbst beim Confed-Cup 2017, als eigentlich die Reserve vorspielen sollte, kam der Berliner nur zu einer Mindestzahl an Einsätzen. Und bei der WM durfte er lediglich spielen, weil Hector gegen Mexiko krank war. Immerhin: Das ist schon weit mehr, als Löw dem Augsburger Philipp Max gewährt, den viele für den spannendsten deutschen Linksverteidiger halten, weil er die Rolle offensiv interpretiert wie kein zweiter. In dieser Saison hat er bereits je zwei Tore erzielt und vorbereitet. „Er ist sicherlich ein guter Spieler auf der linken Seite“, hat der Bundestrainer im März gesagt, „aber bisher hat er in unseren Überlegungen keine Rolle gespielt.“ Bis heute hat sich daran nichts geändert.

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