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Steffi Jones hat vor ihrem Engagement beim Deutschen Fußball-Bund noch nie als Trainerin gearbeitet.

© dpa

Fußball-EM der Frauen: Steffi Jones - vom Schreibtisch auf den Rasen

Nationaltrainerin Steffi Jones muss bei der Europameisterschaft in den Niederlanden beweisen, dass sie für das Amt geeignet ist.

Von Katrin Schulze

Als Steffi Jones zum ersten Mal in ihrer neuen Funktion auftrat, hielten das einige zunächst für einen schlechten Scherz. Bernd Schröder zum Beispiel. „Ich hätte erwartet, dass eine Nationaltrainerin zuvor Erfahrung sammeln muss“, sagte der ehemalige Trainer von Turbine Potsdam offiziell. In informellen Gesprächen wetterte Bernd Schröder in seiner ihm ureigenen direkten Art noch ein bisschen expliziter.

Steffi Jones – was konnte die schon? Klar, sie war eine prima Fußballerin, sie leitete das Organisationskomitee der Frauen-Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland und sie war Direktion beim Deutschen Fußball- Bund. Nur als Trainerin hatte sie eben zuvor noch nicht gearbeitet – und dann sollte es gleich der höchste Posten im Land sein.

Inzwischen hat man sich an das Bild von Steffi Jones in Trainingshose und T-Shirt am Spielfeldrand gewöhnt. Mehr als zehn Montate lang absolviert sie die Einheiten bei der Nationalmannschaft, und – worin sie ohnehin geübt ist – die öffentlichen Auftritte. Doch wenn am Wochenende die Europameisterschaft der Frauen in den Niederlanden startet, wird nicht nur Bernd Schröder wieder ganz genau hinsehen. Dann muss die Bundestrainerin beweisen, dass sie es wirklich kann. Es ist ihre erste große Aufgabe im neuen Amt, in dem praktisch nur große Titel zählen. Seit 1995 hat es bei den Frauen keinen anderen Europameister als Deutschland gegeben.

Aber solche Sachen beschäftigen die 44-Jährige nicht. Sagt sie selbst. Über Druck denke sie nicht nach. Vielmehr sei es wichtig, sich selbst treu und authentisch zu bleiben. „Das macht mich stark“, sagte Jones in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Es klingt wie eine Phrase. Doch wenn jemand mit dieser Lebensgeschichte solche Sätze äußert, ist man gut beraten, sie ernst zu nehmen.

Steffi Jones braucht niemand zu erzählen, wie man mit Vorurteilen oder Spott umgeht. Sie, die Tochter eines US-Soldaten, wuchs in einem Problemviertel in Frankfurt am Main auf und musste sich schon im Kindergarten rassistische Beleidigungen anhören. Sie spielte anfangs als einziges Mädchen neben vielen Jungs, die sie zur Kapitänin kürten. Und sie stieg im Alter von 21 Jahren bei einem Supermarkt von der Kassiererin zur Marktleiterin auf – neben ihrer Fußballkarriere wohlgemerkt, denn damals verdiente man als Frau dabei kaum Geld.

Neue Methoden, neue Atmosphäre

Dass es diesmal direkt vom Schreibtisch wieder zurück auf den Rasen ging, wo sie schon als Spielerin viel geleistet hat, ist für Beobachter deshalb vielleicht merkwürdiger als für Steffi Jones selbst. „Erfahrung kommt mit der Zeit, und sie allein garantiert auch keinen Erfolg“, sagt die Bundestrainerin. Es stimmt ja auch nicht, dass Jones so gar keine Erfahrung als Trainerin mitbringt. Vor acht Jahren schloss sie ihre Ausbildung dazu in Köln ab. Und bevor sie Chefcoach wurde, assistierte sie ihrer Vorgängerin Silvia Neid ein Jahr lang.

Sie kennt also die Spielerinnen, die mit den Diskussionen um die Eignung ihrer Chefin nicht viel anfangen können. Im Gegenteil, alle äußern sich geradezu begeistert von den neuen Methoden. Angreiferin Anja Mittag bezeichnet ihre Trainerin als „sehr offen, kommunikativ und harmoniebedürftig“. Tatsächlich hat Steffi Jones bei der Nationalmannschaft die alten Strukturen aufgebrochen und das Training modernisiert. Bei ihr kommen schon mal Freihanteln zum Einsatz, es gibt eine sogenannte Willensschule für die mentale Stärke ihrer Spielerinnen und Yoga-Einheiten.

Vor allem aber spielt Steffi Jones ihre beiden vielleicht größten Stärken aus: Sie vermittelt Lockerheit und hat die Kommunikation im Team verbessert, wie von allen Seiten zu hören ist. Immer wieder fragt sie nach, ob die Spielerinnen zufrieden sind mit den Trainingsinhalten und führt Einzelgespräche. Außerdem hat sie extra Markus Högner als Assistent engagiert, damit die Frauen auch mal mit einem Mann reden können. Eine unkonventionelle Herangehensweise, hat es bislang doch nur Frauen bei der Frauen-Nationalmannschaft gegeben.

Aber das passt irgendwie zu Steffi Jones, die lieber ihr eigenes Ding durchzieht anstatt den vermeintlichen einfachen Weg zu gehen und sich an den erfolgreichen Vorgängerinnen zu orientieren. Bekannte sagen über sie, dass sie sich schon immer Aufgaben zugetraut hat, die zu groß erschienen, im Fußball wie im sonstigen Leben. In der Regel hat sie gemeistert, was ihr nicht zugetraut wurde. Am Ende hat dann keiner mehr über Steffi Jones gelacht.

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