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Das wird hoch hergehen. Die BBL hat das Finale, das sie verdient hat: Alba gegen Bayern.

© Camera4+/Imago

„Für den Klub ist das unglaublich“: Elf Finals in fünf Jahren und Alba Berlin hat noch lange nicht genug

Alba hofft gegen die Bayern auf die dritte Meisterschaft in Folge. Der Schlüssel des Erfolges liegt irgendwo zwischen Spaß, Kontinuität und Basketballkultur.

Schaut man sich die Liste der Basketballer an, die Alba Berlin in den letzten Jahren verlassen haben, ist Kontinuität nicht der erste Begriff, der einem in den Kopf kommt. Marius Grigonis, Spencer Butterfield, Martin Hermannsson, Rokas Giedraitis, Franz Wagner, Tyler Cavanaugh, Dennis Clifford, Landry Nnoko, Simone Fontecchio, Peyton Siva, Jayson Granger, Niels Giffey – diese Auswahl Berliner Abgänge würde ein durchaus brauchbares Euroleague-Team bilden. Doch Kontinuität geht weit über die rein personelle Ebene hinaus und so ist sie trotz der hohen Fluktuation im Kader der Schlüssel zum Berliner Erfolg.

Wenn Alba an diesem Freitag (20.30 Uhr, Magentasport) die Finalserie der Basketball-Bundesliga mit einem Heimspiel gegen Bayern München eröffnet, setzen die Berliner damit eine beeindruckende Serie fort. Seit dem Beginn der Saison 2017/18 hat Alba alle nationalen Endspiele erreicht: fünf Mal BBL-Finale, fünf Mal Pokalfinale. „Für den Klub ist das unglaublich und macht uns sehr stolz“, sagt Trainer Israel Gonzalez, der 2017 als Assistent des großen Aito Garcia Reneses nach Berlin kam und im vergangenen Sommer dessen Nachfolger wurde.

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Während aus der Mannschaft, die sich 2017/18 in beiden nationalen Wettbewerben knapp Bayern München geschlagen geben musste, mit Luke Sikma, Jonas Mattisseck und Tim Schneider nur noch drei Spieler übrig sind, sind auf den strategisch wichtigen Positionen schon länger die gleichen Personen am Werk: Manager Marco Baldi seit Klubgründung 1991 und Sportdirektor Himar Ojeda seit 2016. Dazu kommt eine große Kontinuität im Coaching-Team rund um Gonzalez.

Ohne die positive wirtschaftliche Entwicklung der Jahre vor der Pandemie wäre die Rückkehr in die deutsche Spitze und der Sprung in die kontinentale Elite mit guten Aussichten auf eine feste Euroleague-Lizenz nicht möglich gewesen. Doch für Baldi ist Geld zwar ein wichtiger, aber nicht der entscheidende Faktor. „Wir haben hier eine Kultur, die sich sehr von anderen Vereinen unterscheidet“, sagt der Manager. Die beginnt im mitgliederstärksten Basketballverein Deutschlands schon mit zahlreichen Kooperationen im Kita-Bereich und endet im Profiteam. „Wenn alle Rädchen so gut ineinandergreifen und wir unsere Stärken in der Breite in der Spitze so deutlich zeigen, ist das einfach schön anzusehen“, sagt Baldi.

Erprobtes Trio: Manager Marco Baldi, Trainer Israel Gonzalez und Sportdirektor Himar Ojeda (von links nach rechts).
Erprobtes Trio: Manager Marco Baldi, Trainer Israel Gonzalez und Sportdirektor Himar Ojeda (von links nach rechts).

© IMAGO / camera4+

Die Bedürfnisse und Voraussetzungen unterscheiden sich zwischen Breiten- und Profisport natürlich deutlich, doch sind wesentliche Grundpfeiler der Basketballphilosophie identisch. Auch bei den Profis wird Erfolg nicht nur an Ergebnissen und Titeln gemessen. Im Zentrum steht der Spaß am Basketball und die Weiterentwicklung, sowohl individuell als auch mannschaftlich. Den sportlichen Erfolg sehen die Berliner als logische Konsequenz.

Eines der Paradebeispiele für diesen Weg ist Jonas Mattisseck. Über den VfL Lichtenrade und TuS Lichterfelde kam der Berliner in die Alba-Jugend und machte 2018 seine ersten Schritte bei den Profis. Mittlerweile ist der 22 Jahre alte Guard Vizekapitän. „Es ist außergewöhnlich, dass bei uns immer noch der Spaß im Vordergrund steht“, sagt Mattisseck. Natürlich sei Basketball sein Beruf, die Erwartungen hoch und nicht immer alles lustig, doch „wir versuchen auch nach Niederlagen locker zu bleiben, das große Ganze zu sehen und stolz darauf zu sein, was wir hier haben“.

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Für Baldi sind Spieler wie Mattisseck und vor allem Kapitän Luke Sikma entscheidend dafür, die Chemie im Team zu erhalten. „Trotz der vielen Spielerwechsel hatten wir in diesen Jahren immer einen Stamm, den wir halten konnten“, sagt der Manager. Über eine Basketballkultur und ein Arbeitsethos kann man viel sprechen, doch viel effektiver ist es, wenn diese von den erfahrenen Spielern vorgelebt und an die Neuen weitergeben werden.

Bei Alba hat das in den vergangenen Jahren herausragend funktioniert. „Der Weg war jedes Jahr unterschiedlich, aber es ist uns immer gelungen, erfolgreich zu sein“, sagt Sikma. Der 32 Jahre alte US-Amerikaner könnte anderswo deutlich mehr Geld verdienen, spielt aber mittlerweile im fünften Jahr in Berlin. „Dass ich in dieser Zeit immer um Titel spielen konnte, ist ein großes Glück, und darauf kann der Klub stolz sein“, sagt Sikma.

Jonas Mattisseck hat sich bei Alba vom Jugendspieler zum Vizekapitän entwickelt.
Jonas Mattisseck hat sich bei Alba vom Jugendspieler zum Vizekapitän entwickelt.

© Andreas Gora/dpa

Die ersten fünf Endspiele verlor der Kapitän mit Alba, darunter das Finale im Eurocup 2019 gegen sein früheres Team Valencia. Es wurde kritisiert und spekuliert, warum das Team in den entscheidenden Spielen immer wieder den Kürzeren zieht. Auf die Niederlagen hätte Sikma gerne verzichtet, doch auch sie waren Teil des Reifeprozesses. „Diese Finals haben wehgetan, aber sie haben uns auch individuell und als Klub geholfen“, sagt er. Die Enttäuschungen hätten das Team noch hungriger gemacht und die vier Titel in den vergangenen zweieinhalb Jahren hätten sich dadurch noch besser angefühlt.

Nun steht Alba nach einer langen Saison wieder im Finale, drei Siege fehlen noch zur dritten Meisterschaft in Folge. Die Voraussetzungen sind ideal, denn während sich die Berliner eine ganze Woche lang auf das erste Spiel vorbereiten konnten, kämpfte sich Bayern München erst am Mittwochabend ins Finale. „Wir können sehr stolz sein, wie wir durch die Play-offs marschiert sind, und das ist eine gute Situation für uns“, sagt Jonas Mattisseck. „Aber langsam wird es Zeit, dass es losgeht.“

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