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Höhenflug. Berlins Tim Matthes ist ein Senkrechtstarter der Saison.

© Andreas Gora/dpa

Füchse Berlin gegen THW Kiel: Tim Matthes ist die Entdeckung der Saison

Vor einem Jahr erzielte er sein erstes Bundesliga-Tor, jetzt ist Tim Matthes Stammspieler. Am Donnerstag geht es für die Füchse gegen den THW Kiel.

Tim Matthes hat die Situation noch vor Augen, wie könnte er sie auch vergessen? „War ein ganz typisches Tor für einen Linksaußen“, sagt der Handballprofi der Füchse Berlin. Matthes stieg aus der Ecke hoch, stand in der Luft, beobachtete Andreas Wolff, den hünenhaften Keeper der deutschen Nationalmannschaft – und legte ihm den Ball flach in die kurze Ecke.

„Kein besonders schöner oder außergewöhnlicher Treffer“, sagt Matthes, „aber für mich natürlich ein ganz besonderer.“ Für den damals 19-Jährigen war es das allererste Bundesliga-Tor – und dann noch gegen den großen THW Kiel, den deutschen Rekordmeister.

Matthes bringt sich perspektivisch in Stellung

Wenn die Füchse Berlin an diesem Donnerstag zum Bundesliga-Spitzenspiel den THW empfangen (19 Uhr, Max-Schmeling-Halle und live bei Sky), haben sich die Vorzeichen für Tim Matthes, geboren und aufgewachsen in Mahlsdorf, radikal verändert. Vor einem Jahr durfte der junge Rechtshänder im Grunde nur mitspielen, weil sich in Kevin Struck der etatmäßige Linksaußen verletzt hatte. Mittlerweile hat ihm Matthes – zumindest für den Moment – den Rang abgelaufen.

Matthes ist im Profi-Kader der Füchse so etwas wie die Entdeckung der Hinrunde. Bei einer Wurfquote von knapp über 60 Prozent bringt er es vor dem Kiel-Spiel auf 23 Treffer. Viel wichtiger dürfte für Matthes allerdings sein, dass er sich perspektivisch in Stellung gebracht hat. Bei den Füchsen ist im Moment ja viel Bewegung drin: Zur neuen Saison kommt in Jaron Siewert ein neuer Trainer, zu Jahresbeginn in Stefan Kretzschmar ein neuer Sportdirektor, obendrein stehen bereits drei Zugänge fest.

Ein Jahr wie im Flug. Tim Matthes hat sich bei den Füchsen Berlin zu einer echten Stammkraft entwickelt.
Ein Jahr wie im Flug. Tim Matthes hat sich bei den Füchsen Berlin zu einer echten Stammkraft entwickelt.

© Imago

Und man darf vermuten, dass sich noch der ein oder andere dazugesellt. Kürzlich etwa hat Kretzschmar in Milos Vujovic einen Linksaußen von internationalem Format verpflichtet, der gesetzt sein dürfte. Dahinter streiten sich Struck und eben Matthes um die zweite Planstelle. Aktuell hat Matthes das Näschen vorn, wie Jürgen Klinsmann sagen würde. Es gilt als ausgeschlossen, dass die Füchse mit drei Linksaußen in die neue Saison starten werden.

„Manchmal erwische ich mich bei dem Gedanken, wie schnell das alles gegangen ist, wie das letzte Jahr an mir vorbeigerauscht ist“, sagt Matthes beim Interviewtermin in der Trainingshalle – jenem Ort also, den er als langjähriger Nachwuchsspieler der Füchse in- und auswendig kennt. Als Sportschüler hatte er das Privileg, daheim bei den Eltern im nahe gelegenen Mahlsdorf leben zu können, nun hat er Anfang Oktober seine erste eigene Wohnung bezogen, wie die meisten Füchse-Profis ganz in der Nähe des Olympiastützpunktes Hohenschönhausen. „Für mich war das ein großer Schritt“, sagt Matthes, „ich stehe das erste Mal auf komplett eigenen Beinen.“

Matthes verfügt über breites Repertoire an Würfen

Wenn Matthes sein Privatleben so souverän meistert, wie er sich auf dem Feld bewegt, muss man sich keine Sorgen um ihn machen. Für einen 20-Jährigen verfügt er über ein breites Repertoire an Würfen – ein wichtiger Faktor für Außenspieler, die sich beim Abschluss naturgemäß Psychospielchen mit dem gegnerischen Torhüter liefern. Was bietet der Keeper an? Lange Ecke? Kurze Ecke? Oben oder unten? Und wie reagiert wiederum der Schütze darauf? „Ich mag diesen mentalen Faktor“, sagt Matthes.

Nach gut einem Jahr Bundesliga hat der junge Berliner allerdings auch eine Erkenntnis gewonnen, die Motivation für die Zukunft sein dürfte. Sie lautet: „Auf meiner Position geht unfassbar viel über Erfahrung.“ Bei den Füchsen ist das in fast jedem Spiel zu beobachten: Kapitän und Alterspräsident Hans Lindberg trifft auch in fortgeschrittenem Sportleralter von 38 Jahren mit geradezu erschreckender Sicherheit. Der dänische Rechtsaußen kommt aktuell auf 113 Treffer bei einer Wurfquote von fast 80 Prozent. „Was Hans Woche für Woche abliefert, ist wirklich phänomenal“, sagt Matthes. „Wenn ich eines Tages nur ansatzweise diese Klasse haben sollte, wäre ich überglücklich.“

Lindberg ist einer der Spieler, von denen sich die jungen Profis noch viel abschauen können, nicht nur im Spiel. Nach dem Training, erzählt Matthes, mache er oft Sonderschichten und arbeite an seinen Wurfvarianten. Genau wie Hans Lindberg in jungen Jahren.

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