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Olé Olé Fiesta: Der 1. FSV Mainz 05 will wieder den Klassenerhalt feiern.

© Thomas Frey/dpa

Der 1. FSV Mainz 05 in der Bundesliga-Vorschau: Im Zeichen der Elf

Der 1. FSV Mainz 05 ist auf bestem Wege, ein ganz normaler Bundesliga-Klub zu werden. Verlass ist auf ein cleveres Geschäftsmodell und eine magische Zahl.

Am 16. August startet die Fußball-Bundesliga in die neue Saison. In unserer Serie testen wir die Vereine. Heute Teil 7: 1. FSV Mainz 05.
Bisher erschienen: 1. FC Union BerlinSC Paderborn1. FC Köln, FC Augsburg, Schalke 04, und SC Freiburg.

Was hat sich verbessert?
Es ist wieder ruhig geworden in Mainz. Es gab Tage, in denen dem Verein die Herzen aus ganz Fußballdeutschland (minus Kaiserslautern) entgegenflogen. Eine sympathische, junge Plaudertasche als Trainer, ein etwas provinziell, aber umso seriöser daherkommender Autohändler als Manager und ein verhinderter Rockstar als Präsident, dazu herzzerreißende (Nicht-)Aufstiegsdramen, aufregender Fußball, selbstironische Fans und später auch noch der Pionier der Laptoptrainer-Generation mit seinen Bruchweg-Boys – inzwischen ist das alles lange her; Klopp, Heidel, Strutz, Tuchel und Co. sind längst in anderen Sphären unterwegs.

Zuletzt sah es gar so aus, als würde es mit dem familiären Image des Vereins vollständig zu Ende gehen; da gab es Machtkämpfe um den Vorsitz, Fans verspürten Identifikationsprobleme, und auch der Abstieg rückte bedrohlich nahe. Das klang eher nach Kaiserslautern als nach Mainz. Doch unter Sportvorstand Rouven Schröder, Präsident Stefan Hofmann und Trainer Sandro Schwarz hat der Verein nun eine ruhige Spielzeit hingelegt und auch den Klassenerhalt souverän geschafft. Inzwischen befindet sich Mainz auf dem besten Weg zu einer grauen Maus der Liga. Das hört sich für Fans des Karnevalsvereins erst einmal nach einer Beleidigung an. Aber nur so lange, bis sie an Kaiserslautern denken.

Wer sind die Neuen?
Allzu viel ist nicht auf dem Transfermarkt passiert. Das liegt auch daran, dass in diesem Sommer nicht so viel Geld durch Verkäufe in die Mainzer Kasse gespült wurde. Zuletzt hat der Verein nämlich ein geschicktes Geschäftsmodell daraus entwickelt, junge Spieler zu verpflichten (vornehmlich aus der französischen Liga), ihnen Spielzeit zu geben (vornehmlich in der deutschen Liga) und dann für entsprechendes Kleingeld weiterzutransferieren (vornehmlich in die englische Liga).

Am Ende erbarmte sich in diesem Sommer der FC Everton und legte etwa 25 Millionen Euro für Jean-Philippe Gbamin auf den Tisch. Die kann Mainz gut gebrauchen, denn Stürmer Jean-Philippe Mateta – jung, aus der französischen Liga und in der letzten Saison mit viel Spielzeit bedacht – musste sich am Meniskus operieren lassen und fällt monatelang aus. Da auch sein Nachrücker Dong-Won Ji (kam vom FC Augsburg) verletzt fehlt, muss ein Ersatz her.

Tierisch einen an der Waffel: Mit Selbstironie kennen sie sich beim Karnevalsverein aus.
Tierisch einen an der Waffel: Mit Selbstironie kennen sie sich beim Karnevalsverein aus.

© Marius Becker/dpa

Außerdem neu in Mainz, aber vor allem jung und aus der französischen Liga: Der 21-jährige Rechtsverteidiger Ronael Pierre-Gabriel vom AS Monaco. Und Mittelfeldmann Edimilson Fernandes, 23. Der kommt allerdings aus der englischen Liga, von West Ham United. Da ist im Protokoll wohl etwas schiefgelaufen.

Wer hat das Sagen?
Rouven Schröder. Der 43-Jährige stand 2016 vor der immensen Aufgabe, als neuer Mann für die sportstrategischen Geschicke das Lebenswerk von Christian Heidel fortzuführen. Das ist Schröder beeindruckend gelungen: Obwohl er keine Vergangenheit im Verein besitzt, führt er die 05er mit viel Gespür und Weitsicht.

Er installierte mit Sandro Schwarz einen Vollblut-Mainzer als Trainer und holte mit Michael Thurk einen alten Aufstiegshelden ins Trainergespann zurück. Seine Transfers sorgen für eine wundersame Geldvermehrung. Und als die Turbulenzen um den Vereinsvorsitz vor der Eskalation standen, hieß es, Schröder denke deshalb über seinen Abschied aus Mainz nach – bald darauf war wieder Ruhe im Verein. Das wollte dann doch niemand.

Helau: Rouven Schröder ist in Mainz der starke Mann.
Helau: Rouven Schröder ist in Mainz der starke Mann.

© Torsten Silz/dpa

Was erwarten die Fans?
Schaut man sich den Zuschauerschwund der vergangenen Jahre an, könnte man sagen: nicht mehr allzu viel. Die Bundesliga ist nach zehn Jahren am Stück für viele zur Gewohnheit geworden, Stichwort Identifikationsproblem, Stichwort graue Maus. Dem Verein ist das natürlich bewusst. Er versucht es mit selbstironischen Kampagnen („Wieder nur Neuzugänge aus Frankreichs Zweiter Liga? – Egal, unser Traum lebt!“) und einem Fanhaus zur Begegnung.

Aktuell rennen die Fans dem Verein die Bude ein – vor einem Auswärtsspiel: In der ersten Pokalrunde geht es nämlich gegen den Erzfeind aus Kaiserslautern. Und was die Fans gegen den Drittligisten erwarten, ist klar: einen glorreichen Derbysieg.

Was ist in dieser Saison möglich?
Die Elf ist in Mainz eine magische Zahl: Am 11.11. beginnt die Fastnachtssaison. Um 11.11 Uhr setzt sich der Rosenmontagszug in Bewegung. Und die höchste närrische Instanz ist der Elferrat. Die Elf ist einfach eine unglaublich witzige Nummer. Also für Leute aus Mainz zumindest.

Und seitdem Mainz 05 seine ersten beiden Bundesliga-Spielzeiten jeweils auf Platz elf abgeschlossen hat, ist die Bedeutung der Zahl natürlich noch einmal immens gestiegen. Auch vor dieser – natürlich elften – Erstliga-Saison in Serie könnte man sich in Mainz mit dem Schnapsplatz bestens anfreunden. Das würde wieder den souveränen Klassenerhalt bedeuten.

Und sonst?
Ist der Mainzer Einfluss auf den Bundesliga-, ach was: den Weltfußball in dieser Saison wieder stärkstens ausgeprägt: Jürgen Klopp trainiert den FC Liverpool, Thomas Tuchel PSG. Martin Schmidt coacht den FC Augsburg. Marco Rose und David Wagner sind die neuen Chefs in Gladbach und auf Schalke. Macht mit Sandro Schwarz sechs Coaches, die der Mainzer Trainerschule entsprungen sind und nicht die allerschlechtesten Jobs abbekommen haben. Noch fünf mehr, und Mainz eskaliert komplett.

Leonard Brandbeck

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