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Wollen Stabilität: Geschäftsführer Fredi Bobic (l-r), Sportdirektor Arne Friedrich und Trainer Pal Dardai.

© dpa

Fredi Bobic kritisiert Hertha-Trainer Pal Dardai: „Sein emotionaler Ausbruch war unnötig. Der war nicht gut.“

Hertha-Trainer Dardai hatte quasi seinen Rücktritt angeboten. Manager Bobic reagiert mit Unverständnis. Doch er räumt auch eigene Fehler ein.

Eines stellt Fredi Bobic gleich klar: „Ich übernehme die Verantwortung für diesen scheiß Balken.“ Der Sportgeschäftsführer von Hertha BSC sitzt beim Pressegespräch am Donnerstag nicht wie sonst oben auf dem Podium, sondern unten auf einem Stapelstuhl, die Schreibplatte hochgeklappt. Auch wenn er erst am Mittwoch von der Aktion erfahren habe, stelle er sich vor alle Mitarbeiter – und sein Rücken sei „brutal breit“.

Mit der Aktion meint Bobic den Ticker, der am letzten Tag der Transferperiode auf Herthas Twitter-Seite eingerichtet wurde. Nach der Verpflichtung von Myziane Maolida aus Nizza sprang dieser Ticker auf 22 Prozent und ließ die Fans auf weitere Verstärkungen hoffen. Dabei waren Herthas Transferaktivitäten mittags schon so gut wie beendet gewesen, erklärt Bobic. Dementsprechend vermeldete der Ticker nur noch Abgänge.

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Wäre doch noch etwas passiert, dann nur, wenn sich überraschend etwas ergeben hätte, sagt Bobic. So eine Überraschung wäre der Transfer eines gewünschten Außenspielers gewesen, aber der Wechsel des Mailänders Samu Castillejo platzte. Hertha treffe aber keine Schuld. „Wir waren sehr schnell, aber die Zeit hat trotzdem nicht gereicht“, so Bobic. „Das jetzt zu unseren Lasten auszulegen, finde ich nicht fair.“

Den letzten Tag der Transferperiode, den Dienstag, bezeichnet Bobic als sicherlich nicht einfach. Entgegen der öffentlichen Meinung empfindet er Herthas Bilanz auf dem Transfermarkt aber insgesamt als „außerordentlich gut“. Besonders finanziell kamen die Berliner in diesem Sommer gut weg. Die vielen Verkäufe brachten viel Geld: „Wir sind kein Verein, der klamm ist, aber auch keiner, der gerade reich ist“, sagt er.

Der Hype um den letzten Transfertag, den sogenannten Deadline-Day, geht Herthas Sportgeschäftsführer sichtlich auf die Nerven: „Ich komme mir da vor wie beim Schlussverkauf bei C&A.“ Nach Transferschluss um 18 Uhr habe er mit mehreren Manager-Kollegen gesprochen, die es ähnlich sehen. Am Dienstag sei wenig Stichhaltiges, sondern vor allem „viel Luft und viele Spekulationen“ im Umlauf gewesen. Bobic ist froh, nun endlich Gewissheit über den Kader zu haben: „Das sind unsere Jungs jetzt.“

„Nein, wir suchen keinen Trainer“

Auch Trainer Pal Dardai sei zuletzt wegen des nahen Transferschlusses nervös gewesen. Das wurde am Sonntag nach dem 0:5 in München deutlich. Der Ungar bot quasi seinen Rücktritt an und wollte bereitwillig Platz für einen „großen Trainer“ machen. „Ich hänge nicht an meinem Sitz. Ich helfe aus“, hatte er gesagt.

Dazu findet Bobic deutliche Worte: „Sein emotionaler Ausbruch war unnötig. Der war nicht gut.“ Das habe Dardai auch ganz klar so gesagt bekommen. Genau wie der Transferbalken habe auch Dardais „emotionaler Ausbruch“ Hertha geschadet. Der Trainer würde seine „kurze Schwächephase“ inzwischen bedauern. Nach dem klärenden Gespräch sei zwar noch nicht alles in bester Ordnung, aber zumindest wieder in Ordnung. „Nein, wir suchen keinen Trainer“, stellt Bobic klar.

Stattdessen wolle man sich gemeinsam auf einen Wandel konzentrieren, wie Bobic erklärt. Ein solcher Wandel bedürfe allerdings Zeit. Und Fehler seien auch einkalkuliert, aber keine fahrlässigen: „Wenn du in einen Verein kommst, bei dem zwei Jahre nichts funktioniert hat, wirst du nicht in zwei Monaten Ruhe haben.“

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Alle Abgänge seien quasi alternativlos gewesen, wenn der erneute Wandel Erfolg haben soll: „Wen haben wir abgegeben? Die, von denen jeder gesagt hat, die tragen das Trikot vielleicht nicht so, wie sie es sollen.“ Damit meinte er vor allem die Offensivkräfte um Matheus Cunha, der zu Atletico Madrid wechselte. Auch Dodi Lukebakio und Javairo Dilrosun, die noch abgegeben wurden, „wollten unbedingt weg“. Klingt ein wenig nach Addition durch Subtraktion. „Die neuen Namen sind vielleicht nicht so bekannt“, sagt Bobic. „Aber die habt ihr doch gehabt zwei Jahre, die bekannten Namen.“ Und es hat nicht funktioniert, soll man sich an dieser Stelle dazudenken.

Von den Neuzugängen erhofft er sich „mehr Esprit, mehr Unberechenbarkeit“. Neben Maolida kam noch Jurgen Ekkelenkamp von Ajax Amsterdam. Der Kader habe eigentlich alles, was es braucht: „Qualität, Jugendlichkeit, Erfahrung“. Das Saisonziel sei jetzt, „dass wir eine stabile Saison spielen, das ist möglich“, betont Bobic. Nach der Länderspielpause gehe es darum, einfach besser zu werden und Spiele zu gewinnen.

Luca Füllgraf

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