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Ein Team sieht Rot. Im Qualifying und in den Rennen leistete sich Ferrari zuletzt viele Patzer. Die Piloten Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel hatten das Nachsehen.

©  Andrej Isakovic/AFP

Formel 1 in Sotschi: Warum es bei Ferrari momentan richtig kracht

Machtkämpfe, Personalrochaden, Strategiefehler: Bei der Scuderia ist das Chaos ausgebrochen - zum Leidwesen des deutschen Piloten Sebastian Vettel.

Aufgeben ist für Sebastian Vettel keine Option. Er glaubt immer noch an den WM-Titel – trotz 40 Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Lewis Hamilton und den Patzern zuletzt in Monza und Singapur. „Ich weiß, dass ich es kann, ich bin schon viermal Weltmeister geworden, davon zweimal, 2010 und 2012, auch nach großen Rückständen“, sagte er vor dem Rennen am Sonntag in Sotschi (13.10 Uhr/live bei RTL). „Außerdem haben wir ein Auto, mit dem ich spielen kann und das auf Augenhöhe mit Mercedes ist.“ Wobei sich gerade der letzte Punkt zumindest in den Trainings erst einmal nicht bestätigte. Die Silbernen sind den Roten offenbar um einiges voraus.

Trotz der optimistischen Worte merkt man Vettel dann doch an, dass er auch ziemlich genervt ist. Denn er weiß insgeheim natürlich ganz genau, dass er im Gegensatz zu seinen Red Bull-Zeiten, in denen ihm zweimal die großen Aufholjagden gelangen, ein zusätzliches Problem hat: Unruhe und Chaos im eigenen Team. Zuletzt mündete das bei Ferrari sogar in strategische Fehlentscheidungen.

Schon in Spa ging es drunter und drüber

Ein paar Beispiele? Schon in Spa ging es an der Ferrari-Box drunter und drüber, als im Qualifying plötzlich Regen einsetzte. Vettel musste aus dem Auto heraus seine Truppe dirigieren, um zu verhindern, dass bei dem panischen Hin und Her der Unterboden beschädigt wird. In Monza schickte man die Autos dann so auf die Strecke, dass erst Vettel und sein Teamkollege Kimi Räikkönen aneinandergerieten und dann Vettel im Kampf gegen Lewis Hamilton einen Dreher produzierte. Und zuletzt verpatzte das Team in Singapur wieder das Qualifying, was Vettel schon vor Rennbeginn in die Defensive brachte.

Die Probleme beginnen ganz oben bei Ferrari. Da ist einmal der gewaltige Druck, endlich wieder Weltmeister werden zu müssen. Damit können auch einige auf der mittleren Ebene, die im aktuellen Geschehen Entscheidungen treffen, offenbar schlecht umgehen. Renningenieur Ricardo Adami und Chefstratege Inaki Rueda schienen sowohl in Monza als auch in Singapur mehr als einmal, nicht wirklich auf der Höhe des Geschehens zu sein. Dazu kommt die Unruhe, die der Rausschmiss von Kimi Räikkönen und die Verpflichtung von Charles Leclerc für 2019 ins Team gebracht haben.

Ferrari sehnt sich nach Schumachers Zeiten

Und dann gibt es auch noch einen gewissen internen Machtkampf: Teamchef Maurizio Arrivabene auf der einen und Technikchef Mattia Binotto auf der anderen Seite wissen jeder eine Fraktion hinter sich. Binotto sieht wohl die Gefahr, nach dem Tod von Sergio Marchionne, dessen Schützling er immer war, ins Hintertreffen zu geraten. Arrivabene fürchtet, angesichts eines erneuten Misserfolgs Ende der Saison unter dem zu groß werdenden öffentlichen Druck gehen zu müssen. Dementsprechend irrational reagiert er manchmal, wie zu hören ist.

Tatsache ist: Wirklich reibungslos funktioniert – ohne interne Politik und internen Streit – hat Ferrari zuletzt in den Zeiten von Michael Schumacher. Damals bildeten Jean Todt und Ross Brawn das Spitzenduo des Teams und mussten sich nicht dem italienischen Einfluss von ganz oben erwehren. Selbst Stefano Domenicali, der das Team zu Alonso-Zeiten anführte und mit sicherlich mehr Fachwissen und Format gesegnet war, als es Arrivabene jetzt ist, hatte so seine Probleme, den Laden zusammen zu halten. Für Vettel wird es angesichts des Chaos schwieriger als ohnehin schon, Lewis Hamilton noch einzuholen.

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