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Schein und Sein. Ganz so beschaulich wie die Stadtmauern nimmt sich der Kurs in Baku nicht aus. 2017 produzierte Sebastian Vettel (vorne) die Schlagzeilen, als er Lewis Hamilton absichtlich in die Seite fuhr.

© Anton Vaganov/Reuters

Formel 1 in Aserbaidschan: Kurs Chaos

Die Formel 1 gastiert erst zum vierten Mal in Aserbaidschan, aber die Strecke in Baku gilt schon jetzt als besonders berüchtigt.

Historisch besehen bietet der Große Preis von Aserbaidschan wenig. Erst seit 2016 gastiert die Formel 1 in Baku, ein paar aufsehenerregende Geschichten hat sie dort trotzdem schon geschrieben. Von spektakulären Crashs, unerwarteten Zwischenfällen und ungewohnten Gesichtern auf dem Podest. Der enge, aber trotzdem sehr schnelle Straßenkurs sorgt regelmäßig für Schlagzeilen, negativer wie positiver Art.

Bei der aktuellen Auflage begann das Chaos im ersten freien Training am Freitag. Charles Leclerc löste schon nach elf Minuten beim Überfahren einen nicht ordentlich verschraubten Kanaldeckel aus seiner Verankerung, der dahinter fahrende George Russell erwischte das Teil voll. Dem Williams-Piloten geschah glücklicherweise nichts, seinem Auto hingegen schon. Es wurde so schwer beschädigt, dass ein Chassis-Wechsel notwendig wurde und der 21 Jahre alte Brite den kompletten ersten Tag verlor. Infolge des Malheurs ordnete der interimsmäßige Rennleiter Michael Masi an, das Training abzubrechen, um alle mehr als 300 weiteren Kanaldeckel auf der Strecke überprüfen zu lassen. Nebenbei knallte auch noch der Abschleppwagen, der das Russell-Auto zurück an die Box bringen sollte, gegen eine Brücke. Auslaufende Hydraulikflüssigkeit tropfte nicht nur auf den Williams, sondern auch auf die Strecke. In der Brücke war danach ein kleines Loch zu sehen, so dass auch deren Statik begutachtet werden musste.

Im Premieren-Jahr 2016 verursachten, wie auf vielen Stadtkursen üblich, die provisorischen Randsteine massiven Ärger. In den Scheitelpunkten der 90-Grad-Kurven schlitzen sie den Autos die Reifen auf. Ingenieure des Reifenherstellers Pirelli berichteten damals nach dem ersten freien Training mit sorgenvoller Miene, dass 90 Prozent aller Hinterreifen Schnitte aufwiesen. Bei Topgeschwindigkeiten von bis zu 350 Stundenkilometern war das ein inakzeptables Risiko – die Schnitte gingen teilweise bis an die Karkasse, den Unterbau des Reifens. Dass keine der Gummiwalzen platzte, grenzte fast an ein Wunder. Nicht nur alle Fugen mussten daraufhin als schnelle Lösung verschweißt werden, sondern auch die Schrauben, die sich teilweise gelöst hatten, standen heraus und wurden zur großen Gefahr für die Reifen. Außerdem gab es die Anweisung an die Fahrer, an besonders kritischen Stellen besser von den Randsteinen weg zu bleiben.

Bei den hohen Geschwindigkeiten auf der über zwei Kilometer langen Geraden sind Zwischenfälle prinzipiell nicht ungefährlich. Zusätzlich birgt die lange Gerade ein weiteres Problem, das immer wieder zu Ausrutschern führt: Die Reifen kühlen extrem ab, das gilt auch für die Phasen in den langsamen Kurven. Prinzipiell ist es in der Formel 1 aber sehr wichtig, dass die Fahrer die Reifen ins optimale Temperaturfenster von etwa 100 Grad bekommen. Besonders problematisch ist die Situation, wenn das Auto hinter einem Safety Car fährt, bei noch langsameren Geschwindigkeiten also. Wer da nicht konzentriert bleibt, kracht sogar schon mal in einer Safety-Car-Phase in die Mauer – im vergangenen Jahr wurde das von Romain Gosjean im Haas unter allgemeinem Kopfschütteln vorgeführt.

Wie auf vielen Stadtkursen verursachen die provisorischen Randsteine immer wieder Ärger

2018 löste eine Kollision der beiden Red-Bull-Piloten Max Verstappen und Daniel Ricciardo eine dramatische Schlussphase aus, die zu einer Safety-Car-Phase und entsprechender Hektik nach dem Neustart geführt hatte. Mit dem Ergebnis, dass mit Sergio Perez ein Außenseiter als Dritter hinter Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen auf dem Podium stand.

Der Mexikaner hatte bereits die Premiere 2016 völlig überraschend auf Platz drei beendet und ist damit der einzige Fahrer, der in Baku schon zweimal das Podest erreichte. 2017 rammte Sebastian Vettel im Ferrari den Mercedes von Lewis Hamilton in einer Safety-Car-Phase, die Schlagzeilen fielen dick aus. Der Profiteur mehrerer Unterbrechungen hieß am Ende Lance Stroll, den es im unterlegenen Williams sensationell auf den zweiten Platz spülte.

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