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Formel 1

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Formel 1: Das Establishment schlägt zurück

Nach dem schweren Unfall von Felipe Massa: Formel 1-Weltmeister Lewis Hamilton hängt die Titelkandidaten ab und siegt beim Großen Preis von Ungarn – Rosberg wird Vierter, Vettel scheidet aus.

Nach 26 Runden verpuffte Sebastian Vettels Hoffnung auf einen Sieg beim Formel-1-Rennen auf dem Hungaroring endgültig, und zwar in den kleinen Qualmwölkchen, die aus seinen Red-Bull-Renault stießen. „Irgendetwas ist gebrochen, ich kann das Auto nicht mehr kontrollieren!“, schrie er seinem Team per Funk zu. Nach einem Reparaturstopp wurde er mit Rundenrückstand noch einmal auf die Strecke geschickt, doch kurz darauf stellte er seinen Wagen schließlich mit einer beschädigten linken Vorderradaufhängung frustriert ab. „Das ist natürlich bitter“, sagte Vettel. „Ich denke, wir hätten heute viele Punkte einfahren können.“ Durch den Ausfall bleibt der 22-Jährige bei 47 Punkten und verlor er seinen zweiten Rang in der WM-Wertung an seinen Teamkollegen Mark Webber (51,5). Allerdings hatte Vettel noch eine Restportion Glück im Unglück, weil Webber den erhofften Triumph für Red Bull ebenfalls nicht einfahren konnte, sondern lediglich Dritter wurde, während der WM-Führende Jenson Button im Brawn gar nur als Siebter ins Ziel schlingerte und nun 70 Zähler hat.

Stattdessen erlebten die Zuschauer vor den Toren von Budapest am Sonntag eine Renaissance des Establishments: Es gewann der Weltmeister Lewis Hamilton im McLaren-Mercedes vor seinem Vorgänger Kimi Räikkönen im Ferrari.

„Es ist ein unglaubliches Gefühl, wieder ganz vorn zu sein, nachdem wir uns so lange abgemüht haben“, sagte Hamilton strahlend. „Es hat heute einfach alles für uns gepasst.“ Räikkönen widmete seinen zweiten Platz seinem am Vortag verunglückten Teamgefährten Felipe Massa (siehe Text unten): „Es ist wenigstens ein bisschen was Positives für unser Team an diesem Wochenende.“

Als bester deutscher Pilot verpasste Nico Rosberg im Williams auf Rang vier nur knapp das Podest.

Auch Toyota-Pilot Timo Glock konnte mit seinem sechsten Rang zufrieden sein, was Nick Heidfeld (BMW-Sauber) als Elfter nicht von sich behaupten konnte. Adrian Sutil schied nach einem Defekt an seinem Force India nach 14 Runden aus.

Bemerkenswert war darüber hinaus, dass der erst 19 Jahre alte Spanier Jaime Alguersuari bei seinem Debüt als jüngster Grand-Prix-Fahrer der Geschichte im Toro Rosso nach einer fehlerfreien Leistung nicht Letzter, sondern noch vor seinem Stallgefährten Sébastien Buemi 15. wurde.

Sebastian Vettel dagegen hatte den möglichen Sieg eigentlich schon in der ersten Kurve verloren. Nach einem wiederholt schlechten Start fiel er von Platz zwei auf Rang sieben zurück – direkt vor Button. Auf der engen Strecke des Hungarorings, einer besseren Kartbahn ohne wirkliche Überholmöglichkeiten, war das bereits nach wenigen hundert Metern eine zu große Hypothek. Zudem berührte er nach der ersten Kurve Räikkönens wild umherschießenden Ferrari. „Ich hatte eigentlich freie Fahrt“, sagte Vettel. „Da kam Kimi quer und ist mir ins Auto gefahren.“ Räikkönen zeigte sich davon nachher überrascht: „Ich habe nicht mal mitgekriegt, dass ich jemanden berührt habe.“ Beim ungewollten Rendezvous beschädigte Vettel seine Vorderachse und musste deshalb später aufgeben: „Irgendwann kam ein weiterer Schlag, und dann ging es nicht mehr weiter.“

Hamilton dagegen schoss beim Start unberührt an Vettel vorbei nach vorn. „Glücklicherweise gab es keine Kollision, weil Sebastian mir genug Platz gelassen hat“, sagte der Brite. Zu Beginn der fünften Runde ließ er auch Vettels Teamkollegen hinter sich, als er Webber von der zweiten Position hinter dem Führenden Renault-Piloten Fernando Alonso vertrieb. Nach zwölf Runden ging Hamilton schließlich in Führung, als Alonso wie erwartet früh zu seinem ersten Boxenstopp abbog. Kurz darauf war das Rennen für den Spanier wegen eines Benzinpumpendefekts beendet. Weil auch Webber nach 19 Runden Probleme beim Tankstopp hatte, fiel er hinter Räikkönen zurück, der zeitgleich tankte.

Jenson Button dagegen reichte schon das aus, was er mit seinem Brawn auf der Strecke erleben musste. Mit seinem ehemals so dominanten Fahrzeug rutschte er mehr umher, als er fuhr, und nölte gegen Rennmitte in sein Helmmikrofon: „Wie kann dieses Auto denn so schlecht sein?“

Darüber konnte sich Lewis Hamilton nach Monaten des Hinterherfahrens diesmal nicht beklagen. „Ich dachte nie, dass wir schnell genug für einen Sieg sein würden, aber das Auto war fantastisch“, sagte Hamilton. Überlegen steuerte er so seinem Comebacksieg entgegen, und als er die Ziellinie überquert hatte, hatte er nicht nur sich selbst glücklich gemacht. Seine Freundin, das Popsternchen Nicole Scherzinger, weinte in der Box.

Christian Hönicke[Budapest]

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