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Spitze am Ball. Alaa (rotes Trikot) spielt jetzt beim 1. FC Wilmersdorf.

© Aldumani

Flüchtlinge und Fußball: Der Traum spielt immer mit

Alaa ist einer von vielen Geflüchteten, die auf eine Fußballkarriere hinarbeiten. In Syrien war er auf dem Sprung ins Jugendnationalteam – in Berlin will er sich nun von der Kreisliga hochspielen.

Integration gelingt gerade auch durch Sport. Viele junge Menschen in Syrien sind Fans von deutschen Fußballklubs. Sie träumen davon, wie Franz Beckenbauer oder Thomas Müller zu sein. Oder wie Miroslav Klose und so schöne Kopfballtore zu erzielen wie er. Klose gilt in Syrien als Mann mit einem goldenen Kopf.

Auch der 22 Jahre alte Alaa ist einer der Syrer, die von einer solchen Karriere träumen. Früher hat er für größere Klubs in Syrien gespielt. Er war sogar ein Kandidat für die Jugend-Nationalmannschaft. Doch dann passierte einiges. „2010 habe ich mir erst den Arm gebrochen und konnte nicht mehr spielen. Die große Chance, in der Nationalmannschaft zu spielen, war erst einmal weg. Und als der Krieg begann, bin ich mit meiner Familie nach Jordanien geflohen“, erzählt er.

In der jordanischen Hauptstadt Amman versuchte Alaa, weiter Fußball zu spielen. Seinen Traum wollte er auch in einem anderen Land nicht aufgeben. „Wir mussten Geld bezahlen, um einen Fußballplatz in Amman zu mieten“, erzählt er, „also habe ich mit syrischen Freunden Geld gesammelt. Ich habe vor allem versucht, auf dem Platz meine Fitness zurückzubekommen.“

Doch nicht nur sein Traum von einer Fußballkarriere rückte immer weiter weg, auch das Studium und ein normales Leben waren für ihn in Amman nicht möglich. So hart war die Situation dort, dass er ein Visum für Deutschland beantragte. Er bekam es mit seiner Familie 2014. Und Berlin hat auch seinen Fußballtraum wieder zum Leben erweckt.

Seit dem ersten Tag in Berlin suchte er im Internet nach einem Verein. Doch für welchen sollte er sich entscheiden? Es gibt einfach so viele. „Hertha BSC war mein Lieblingsklub, aber das ist ja auch der bekannteste. Und es ist nicht einfach, für Hertha oder einen anderen großen Klub zu spielen“, sagt Alaa. In seiner Unterkunft in Mariendorf nutzt er gleich jede Gelegenheit zum Training. „Ich spielte jeden Tag auf einem festen Boden.“ Sein Ziel formuliert er klar und deutlich: „Ich bin jetzt in Deutschland, und ich will ein professioneller Fußballer werden.“

Nach einem Jahr entschied Alaa sich, zu einem „richtigen“ deutschen Verein zu wechseln

Bei seiner Suche nach einem Verein in Berlin stößt er im Internet auf den freien syrischen Verein, der neu in Berlin gegründet wurde. Zu seiner Freude konnte er dort gleich mitspielen. „Wir waren 25 Spieler aus Syrien und haben regelmäßig auf dem Platz vom Berliner AK in der Nähe des Hauptbahnhofs trainiert.“ Dem offiziellen Spielbetrieb gehörte der Verein noch nicht an. „Drei Testspiele haben wir gegen deutsche Vereine gemacht – und zwei davon gewonnen.“

Nach einem Jahr entschied Alaa sich, zu einem „richtigen“ deutschen Verein zu wechseln. Er wollte den nächsten Schritt machen, um ein professioneller Spieler zu werden. Ein Freund empfahl ihm, sich beim 1.FC Wilmersdorf zu bewerben. Dort absolvierte er ein Probetraining. Es dauerte nicht sehr lange, bis Alaa die Nachricht bekam, dass er für Wilmersdorf spielen kann, wenn auch nicht wie erträumt in der ersten Mannschaft, sondern in der zweiten in der Kreisliga A. „Ich weiß, dass es nur ein erster Schritt ist. Aber ich hoffe weiter, dass ich meinen Traum erfüllen kann.“

In Syrien war Alaa rechter Flügelspieler. Sein Wilmersdorfer Trainer sagt nun: „Alaa ist schnell auf dieser Position. Wir versuchen jetzt seine Fitness zu verbessern. Wir haben einen langfristigen Plan für ihn.“ Den Fußball in Syrien und in Deutschland unterscheide einiges, sagt Alaa: „Die Deutschen spielen so schnell, und sie sind stärker in der Verteidigung.“ Und über das Fußballsystem in Syrien sagt er: „ Ich war ein Kandidat für die Nationalmannschaft. Aber ich hätte meinen Platz verlieren können, wenn jemand mit guten Beziehungen zur Regierung an meiner Stelle spielen will. Hier in Deutschland kommt es nur auf die eigene Leistung an. Man hat es selbst in der Hand.“

Sein Lieblingsspieler ist Mesut Özil

Den Fußball in Berlin findet Alaa sehr spannend, die Plätze, das Training, die Spielpläne, die vielen Ligen – alles ganz anders alles in Syrien. „Von hier kommen die besten Spieler“, denkt er. Sein Lieblingsspieler ist Mesut Özil. So versucht er auch immer, wie Özil zu spielen.

Inzwischen spielt Alaa mit Wilmersdorf gegen andere Vereine. In Jordanien musste Alaa für Fußball immer bezahlen, war in seiner Unterkunft oft alleine und unglücklich, weil er nicht immer das Geld für Fußball hatte. Heute in Berlin ist alles anders. Fußball spielen kann Alaa, wann er möchte, und deutsche Freunde hat er auch gefunden. Jetzt will er noch mehr Erfahrungen sammeln. Und einen Traum hat er auch noch für seine Zukunft: für Hertha BSC zu spielen.

- Dies ist ein Beitrag für #jetztschreibenwir, eine Tagesspiegel-Ausgabe mit Berichten und Geschichten von geflüchteten Journalisten. Der Autor wurde 1983 in Damaskus geboren. Wegen seiner Texte saß er 2011 sieben Monate im Gefängnis. Danach arbeitete er weiter als Journalist. Im Dezember 2013 verließ er Aleppo. Berlin erreichte er im Juni 2014. Ein Foto möchte er nicht.

Bilal Aldumani

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