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Der Kampf um Gold: In der Vorrunde trafen die Finalisten der Handball-WM schon einmal aufeinander. Damals waren die Dänen erfolgreich.

© Foto: Ritzau Scanpix/Reuters

Finale der Handball-WM: Warum Dänemark und Norwegen so stark sind

Im Finale der Handball-WM sind die Skandinavier unter sich. Das liegt vor allem an zwei Ausnahmespielern.

Die norwegische Boulevard-Zeitung „VG“, Verdens Gang („Der Lauf der Welt“), ist nicht besonders zimperlich. Dinge werden beim Namen genannt, ob sie nun schön oder hässlich sind. Strahlend schön fanden die norwegischen Kollegen die Leistung des Handball-Spielmachers Sander Sagosen beim Halbfinalsieg der norwegischen Mannschaft am Freitagabend in Hamburg gegen Deutschland. Zehn von zehn Punkten gaben sie dem 23 Jahre alten Trondheimer – aber nur, weil die Skala dort endet.

Sagosen ist ein Profi mit Starappeal; das macht ihn zu einer vielbeachteten Figur beim Boulevard. Seine Freundin ist die Schwester der norwegischen Handball-Spielmacherin Stine Oftedal: Handball ist auch in Norwegen eine große Familie.

Sander Sagosen war im Halbfinale gegen Deutschland (Fabian Wiede, links) der überragende Akteur.
Sander Sagosen war im Halbfinale gegen Deutschland (Fabian Wiede, links) der überragende Akteur.

© John MacDougall/AFP

Elf Zuspiele, die zu Toren wurden, rechneten die Statistiker für Sander Sagosen gegen Deutschland aus. Dazu fünf eigene Treffer. Tatsächlich gelang Sagosen bei der Handball-WM bisher fast alles, was er anfasste. Das soll auch im Finale am Sonntag (17.30 Uhr) so bleiben, auch wenn der unscheinbare, auf hohem Niveau treffende Linksaußen Magnus Jöndal sagt: „Dänemark ist der Favorit. Sie spielen zuhause und waren bisher die beste Mannschaft.“

Seit 2014 leitet der frühere Flensburger Profi Christian Berge die Norweger an. Es ging stetig bergauf. Berge ist einer der spannendsten Typen auf der Trainerbank. Er hat einiges durchgemacht im Leben, musste in Flensburg von einer Krebserkrankung genesen, ist dadurch härter, unnachgiebiger geworden. Ein demokratisches Führungsprinzip, wie in Skandinavien beliebt, ist nicht sein Ding. Berge bestimmt – in der Mannschaft und im Verband. Da ähnelt ihm sein dänischer Kollege Nikolaj Jacobsen sehr.

Äußerlich ist das nicht der Fall. Berge ist ein schmaler Asket mit Hang zur Humorlosigkeit. Jacobsen ist ein praller Genießer mit dröhnendem Lachen. Beide sind Vollprofis als Handball-Lehrer. Da wird nichts dem Zufall überlassen. Schon nach ein paar Spielen in Herning ächzte Jacobsen unter der medialen und öffentlichen Belastung: Jeder wollte einen Zipfel von ihm und den Spielern. Handball ist im Dezember, wenn die Frauen ihre Großturniere spielen, und im Januar Kulturgut im kleinen Königreich.

Die Begeisterung geht sehr viel weiter als in Norwegen, wo sich der Blick vor allem auf Ole Gunnar Solskjaer als ManUtd-Trainer und die Wintersportler richtet. Die von Bob Hanning avisierten 80 Prozent Sehbeteiligung im deutschen Fernsehen erreichen die dänischen Handballer spielend, wenn sie bei großen Turnieren weit kommen.

"Er könnte auch Smoothies im Prenzlauer Berg verkaufen", schrieb ein Tagesspiegel-Kollege zu Beginn der WM über Mikkel Hansen. Er ist Dänemarks Superstar.
"Er könnte auch Smoothies im Prenzlauer Berg verkaufen", schrieb ein Tagesspiegel-Kollege zu Beginn der WM über Mikkel Hansen. Er ist Dänemarks Superstar.

© Liselotte Sabroe / Ritzau Scanpix / AFP

Das liegt am Erfolg, an der Sicherheit ihres Stils und natürlich an Mikkel Hansen. Der Hüne aus Helsingör steht auf dem Zenit seines Könnens. Leichtigkeit gemischt mit Wucht, dazu Übersicht und Raffinesse als Siebenmeterschütze. Wäre Hansen auch noch ein guter Abwehrspieler, hätte man Nikola Karabatics Nachfolger gefunden. In selten gesehener Virtuosität zog Hansen das dänische Spiel beim 38:30-Halbfinalsieg gegen Frankreich auf.

Hansen und der Flensburger Rasmus Lauge, zwei ausgeprägte Charaktere, die bislang mehr nebeneinander als miteinander gespielt haben, sind das Rückraum-Paar dieser WM. Am Sonntag treffen sie auf Sagosen/O'Sullivan. Vor 15.000 Fans in Hernings „Jyske Bank Box“. Das historische skandinavische Finale ist der perfekte Schlussakkord dieser dänisch-deutschen Handball-WM. Allerdings nur aus Sicht unserer nördlichen Nachbarn.

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