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Der TTC Eastside hat die Champions League bereits fünf Mal gewonnen. Zuletzt im Dezember 2020. Damals holte Nina Mittelham den entscheidenden Sieg beim 3:2 gegen Linz AG Froschberg.

© imago images/Kirchner-Media

Finale der Champions League könnte zum Roulette werden: Der TTC Eastside muss für den sechsten Titel aufholen

Nina Mittelham hat sich längst zu einer festen Größe beim deutschen Tischtennismeister entwickelt. Auch im Rückspiel gegen Tarnobrzeg wird es auf sie ankommen.

Nina Mittelham und Han Ying haben sich am vergangenen Sonntag gesehen, beim Hinspiel des Champions-League-Finals in Tarnobrzeg. Han Ying gewann mit dem polnischen Team KTS Tarnobrzeg 3:2 gegen den TTC Eastside mit Nina Mittelham. Am Freitag sehen sie sich zum Rückspiel in Berlin (18.30 Uhr, Frauensporthalle im Freizeitforum Marzahn). Und zwischendurch haben sich die deutschen Tischtennis-Nationalspielerinnen in Düsseldorf gesehen, dort sind sie in einer Trainingsgruppe. Genau wie Eastsides Shan Xiaona.

„Dass wir an zwei Wochenenden am Stück gegeneinander spielen, ist ungewöhnlich. Dass wir dazwischen zusammen beim Training sind, stört aber überhaupt nicht. Für uns ist das ziemlich normal“, sagt Nina Mittelham, die in Willich bei Düsseldorf wohnt. „Wir kommen gut miteinander klar“, sagt sie über das Verhältnis zu ihrer Nationalmannschafts-Teamkollegin, die nun ihre Gegnerin ist, wenn es um den Sieg in der Champions League geht.

Bereits seit vielen Jahren spielt Han Ying für Tarnobrzeg, in den Endspielen 2016 und 2017 traf sie mit ihrem Team auf Eastside. Beide Male triumphierten die Berlinerinnen, die die Trophäe schon fünf Mal geholt haben, zuletzt in der vorigen Saison. Tarnobrzeg, 29 Mal Meister in Polen, gewann die Champions League 2019.

Ying, 38, ist Abwehrspielerin, in der Weltrangliste ist sie auf Platz zwölf beste Europäerin. Mittelham und Shan – auf Rang 26 beziehungsweise 28 gelistet – sind Angriffsspielerinnen. Da sie Ying bestens kennen, sind sie an sich im Vorteil. „Die Aufstellung im Hinspiel war eigentlich optimal für uns“, sagt Eastsides Manager Andreas Hain. Sowohl Shan als auch Mittelham trafen auf Ying. Doch Shan verlor das Auftakteinzel trotz zweier Matchbälle noch im fünften Satz. „Ansonsten hätten wir 3:1 gewonnen und schon ein paar Flaschen Sekt kaltstellen können“, sagt Hain.

Stattdessen konnte Eastside froh sein, „mit einem blauen Auge davongekommen“ zu sein, wie es Nina Mittelham ausdrückt. Der deutsche Meister verlor 2:3, das lässt alle Möglichkeiten offen. Die Entscheidung fällt unter Umständen im „Roulette“. So nennt Hain den neuen Modus: Gewinnt Eastside 3:2, gäbe es das Golden Match. Drei Einzel über je einen Satz, die Aufstellungen sind frei wählbar und für den Gegner nicht einsehbar. Wer auf wen trifft, wäre also Zufall.

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Beim Hinspiel sah es auch für Mittelham zunächst nicht gut aus. Niederlage gegen die mit einem unangenehmen Spielstil agierende Yang Xiaoxin – eine gebürtige Chinesin, die international für Monaco startet – und 6:11 nach 6:2 im ersten Satz gegen Han Ying. Aber Mittelham gewann in fünf Sätzen. „Besser als in den letzten zwei Sätzen kann man gegen Abwehr kaum spielen“, sagt Hain.

Erst lief es gar nicht, dann nahezu perfekt, alles binnen weniger Minuten. Mittelham findet das nicht ungewöhnlich: „Ich hatte insgesamt nicht meinen besten Tag. Aber das passiert. Letztlich geht es darum, das Spiel zu gewinnen. Egal wie.“ Tischtennis wird zu einem erheblichen Teil im Kopf entschieden. Rückschläge wegstecken, weiter dran glauben, das ist essenziell.

Von Mittelham ist öfter ein kurzes Abwinken oder ein genervter Gesichtsausdruck zu sehen, wenn ihr Spiel durchhängt, doch das helfe ihr mitunter: „Ich brauche es manchmal, die Sachen rauszulassen, um besser zu spielen.“

Wie bei vielen Akteuren im Spitzensport hat die Pandemie auch ihr zu schaffen gemacht. Sie braucht regelmäßig Spiele auf höchstem Niveau, um in Topform zu kommen. Doch der Rhythmus fehlte vor allem in der ersten Zeit der Pandemie total. Im Laufe des vergangenen Jahres steigerte sie sich dann durchgehend, gewann von Dezember 2020 bis Oktober 2021 sieben Titel. Im Einzel und Mixed, mit dem Nationalteam, mit Eastside.

Lediglich die Olympischen Spiele in Tokio verliefen nicht nach Wunsch, Mittelham war nur Ersatzspielerin.

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„Ich hatte viele wichtige Spiele in den vergangenen Jahren. Da habe ich gelernt, gelassener zu werden und mit Druck umzugehen“, sagt die 25-Jährige. Enge Partien gewinnt sie inzwischen viel häufiger. „Die neue Anführerin“, nannte sie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, nachdem Mittelham im vorigen Herbst das ohne mehrere Stammspielerinnen angetretene Nationalteam zum EM-Titel geführt hatte.

Von den Fans erneut zur Spielerin des Jahres gewählt

Im Februar ist sie von den Fans zum zweiten Mal nacheinander zur Spielerin des Jahres in Deutschland gewählt worden – deutlich vor Einzeleuropameisterin Petrissa Solja.

Auch im Verein hat sie Veränderungen bemerkt: „Ich bekomme mehr Verantwortung übertragen. Beispielsweise, wenn es um unsere Aufstellung geht. Wenn man dann etwas zurückgeben kann, ist es umso besser“, sagt Mittelham. Das klappe nicht immer, „aber immer öfter“. Eastsides Manager Hain spricht von einer „großen Konstanz. Gegen auf dem Papier schwächere Spielerinnen gewinnt sie inzwischen fast immer. Jetzt geht es darum, das nächste Level zu erreichen.“ Etwa eine Position unter den besten 20 in der Weltrangliste.

Der Individualsport Tischtennis bringt es mit sich, dass Nina Mittelham, die ihren Vertrag bei Eastside bis 2025 verlängert hat, meist für sich an die Platte geht. „Aber ich spiele grundsätzlich lieber in der Mannschaft. Da gewinnt und verliert man gemeinsam.“ Am Freitag wird es nach langer Zeit erstmals eine große Kulisse geben. „Daher wäre es noch schöner, zu gewinnen“, sagt Mittelham.

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