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Sport: Feuer und Flamme

Mit einer bewegenden Eröffnungsfeier beginnen die XX. Olympischen Winterspiele in Turin

Um 22.10 Uhr war es soweit: Italiens Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi machte keine großen Umschweife: „Ich erkläre die XX. Olympischen Winterspiele in Turin für eröffnet.“ Bis es soweit war, hatten 35 000 Zuschauer im Stadio Olimpico und geschätzte zwei Milliarden Menschen vor den Fernsehern eine aufwändige und bewegende Eröffnungsfeier mit vielen Höhepunkten erlebt. Die Zuschauer im Stadion hatten sich alle weiße Capes übergezogen und waren zudem mit Kuhglocken und Taschenlampen ausgestattet worden, um an der Feier aktiv teilzunehmen. 6500 Akteure hatten für die Show seit dem vergangenen September geprobt, insgesamt dauerten die Planungen zweieinhalb Jahre.

Bevor die Athleten kamen, wurde zunächst eine locker choreographierte Show auf der imaginären Piazza im Stadioninnenraum gezeigt, bei der sich die rot gewandeten Tänzer nach wenigen Minuten zu einem pulsierenden Herz zusammenfanden, dem ersten von vielen beeindruckenden Bildern. Wenig später bildeten Dutzende Darsteller ein riesiges Schneekristall und einen überdimensionalen Skispringer.

Die italienische Sängerin Carla Bruni brachte die italienische Flagge in das Stadion. Danach spazierten viele der insgesamt rund 2500 Athleten in die Arena ein. Früher hieß das einmal Einmarsch, aber die Athleten liefen passend zu der farbenprächtigen Show nur nach Nationen geordnet, ansonsten aber lässig ihre Ehrenrunde. Das Publikum bedachte die Athleten der 80 Nationen allesamt mit Beifall, auch die Hand voll aus dem Iran und die Dänen, die wegen des Streits um die Mohammed-Karikaturen aus Sicherheitsgründen nur in der Arena nicht von Bodyguards beschützt wurden. Wegen der Sicherheitsmaßnahmen in Turin hatte es alleine zwei Stunden gedauert, in das streng bewachte Stadion zu kommen.

Den meisten Applaus bekamen die Italiener und auch Phillip Boit, der als einziger Vertreter Kenias im Skilanglauf startet und alleine einlief. Die deutsche Mannschaft, angeführt von Fahnenträgerin Kati Wilhelm, kam nach den sieben Georgiern ins Stadion – und die 91 der 161 deutschen Teilnehmer zeigte das bisher bunteste Outfit. Die Weißrussen, die wie die anderen Nationen von Pophits wie „Moonlight Shadow“ von Mike Oldfield oder „YMCA“ von den Village People begleitet wurden, erschienen mit russischen Schapka-Mützen und einem an Uniformen der Sechzigerjahre erinnerndem Outfit. Ironie oder nicht – die freundliche Show ging mit Auszügen aus Dantes „Göttlicher Komödie“ und einer Zeitreise durch die italienische Kulturgeschichte weiter. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Jacques Rogge, rief die Athleten dazu auf, die Spiele im Geiste des Fair Play, in gegenseitigem Respekt und ohne Doping zu bestreiten.

Nachdem Staatspräsident Ciampi die Spiele eröffnet hatte, trugen acht berühmte Frauen, unter ihnen Sophia Loren und Isabell Allende, die olympische Fahne in das Stadion. Die Musik war inzwischen besser geworden: „Aida“ von Verdi. Der italienische Slalomläufer Giorgio Rocca sprach den Olympischen Eid. Bevor das Geheimnis gelüftet wurde, wer das Feuer der Spiele 2006 entzündet, sang Peter Gabriel die Friedenshymne „Imagine“. Schließlich übernahm die erfolgreichste olympische Wintersportlerin Italiens, Stefania Belmondo, als Letzte die Fackel und entzündete um 22.34 Uhr das Feuer, dass sich spektakulär über zwei große Ringe im Stadion entzündete. Das olympische Feuer brennt, die Spiele haben friedlich begonnen.

Christiane Mitatselis[Turin]

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