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Da guckst du. Domenico Tedesco hat mit Schalke die ersten drei Saisonspiele verloren.

© dpa

Fehlstart in der Bundesliga: Schalke 04: Ohne Glück und Geschick

Domenico Tedesco wurde beim FC Schalke 04 als Zauberer gefeiert, jetzt ist er als Krisenmanager gefragt. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Im Bestreben, das Wesen des Spiels zu entschlüssen, ist der moderne Fußball immer mehr in seine Einzelteile zerlegt worden. Erwartbare Tore, überspielte Verteidiger, intensive Läufe – es gibt nichts, was nicht untersucht wird. Ein Parameter aber entzieht sich weiterhin der wissenschaftlichen Durchdringung: das sogenannte Spielglück. Was ist das? Und wie wird es gemessen? Trotzdem dürfte niemand seinen Einfluss auf den Ausgang des Spiels bestreiten.

Zum Wesen des Spielglücks zählt, dass es nicht paritätisch verteilt ist. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass eine Mannschaft, die noch im Vorjahr überdurchschnittlich vom S. profitiert hat, plötzlich komplett von ihm ignoriert wird. Bestes Beispiel ist der FC Schalke 04, der in der vorigen Saison Meister hinter den Bayern war. Doch so gut, wie die Mannschaft von Trainer Domenico Tedesco damals gemacht wurde, war sie in Wirklichkeit gar nicht. Genauso ist Schalke im Moment nicht so schlecht, wie es die Tabellensituation vermuten lässt: Drei Spiele, drei Niederlagen – und jetzt kommen die Bayern.

Schön hat Schalke auch letztes Jahr nicht gespielt

Wenn man den Unterschied zwischen Schalke 2017/18 und 2018/19 mit einer Szene belegen wollte, könnte man die 41. Minute aus dem Spiel am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach nehmen: Schalkes Stürmer Mark Uth stand plötzlich völlig frei vor Tor und Torwart – und setzte den Ball vorbei. Die Schalker verlieren jetzt mit Pech die Spiele, die sie vor einem Jahr mit Glück gewonnen hätten. Viel mehr hat sich noch nicht geändert. Ihr Fußball war auch in der Vorsaison oft genug eine ästhetische Zumutung. Aber das – schlecht spielen, eklig sein, trotzdem gewinnen – haben die Schalker herausragend gemacht. Inzwischen spielen sie nur noch schlecht und sind eklig. Auch die Gladbacher kamen am Samstag ein ums andere Mal in Bedrängnis gegen die aggressiv attackierenden Schalker. Aber wer nach drei Niederlagen überhaupt noch etwas Positives zu finden wagt, dem wird das im Zweifel als Schönfärberei ausgelegt.

Vor allem jemandem wie Tedesco, der jung ist und den Hang hat, sich ein bisschen sehr gewählt auszudrücken. Das lässt ihn in den Augen des Establishments schon hinreichend verdächtig erscheinen. Als der frühere Fußballprofi Mehmet Scholl, ein Mann der Praxis, vor ein paar Monaten seine Generalkritik an den sogenannten Laptoptrainern äußerte, war es offensichtlich, dass er vor allem Tedesco, seinen Mitschüler aus dem Trainerlehrgang, im Sinn hatte. Eine gewisse Schadenfreude spielt also auch hinein in die Debatte um den missratenen Saisonstart der Schalker: Jetzt, in der Krise, soll der Klugsprecher mal beweisen, wie gut er wirklich ist!

Tedesco hat – im Laufe eines Spiels – oft genug bewiesen, dass er auf veränderte Situationen reagieren kann. Diese Fähigkeit wird er auch jetzt brauchen. Er muss nicht das gesamte System über den Haufen schmeißen. Das ist die gute Nachricht. Er muss nur das Spielglück wieder für sich begeistern. Das ist die schlechte – weil es dafür keine Handlungsanweisung gibt.

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