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Die Mannschaft des FC Viktoria 89 freut sich über den Sieg bei Germania Halberstadt.

© imago images/Jan Huebner

FC Viktoria 89 mit sensationeller Bilanz: Die beste Fußball-Mannschaft der vier obersten Ligen

Große Ziele hatte Viktoria 89 in der jüngeren Vergangenheit öfter. Einmal endeten die Träume in einem Desaster. Nun ist man mit großem Vorsprung Erster.

Eine glanzvolle Vorstellung war es nicht vom FC Viktoria 89 am vergangenen Sonntag im Friedensstadion. Gastgeber Germania Halberstadt, seines Zeichen Schlusslicht der Fußball-Regionalliga Nordost, hielt erstaunlich gut mit.

Aber Tabellenführer Viktoria machte die Tore – eines wenige Minuten vor der Pause, eines kurz danach – und gewann trotz eines späten Gegentreffers und mit ein bisschen Zittern am Ende 2:1. „Letzte Saison hätten wir wahrscheinlich 0:0 gespielt oder verloren“, sagt Sportdirektor Rocco Teichmann.

In dieser Saison läuft es eben. Und zwar richtig, da führen auch weniger souveräne Auftritte zu drei Punkten. Folge: zehn Spiele, zehn Siege. Viktoria befindet sich auf den Spuren des Chemnitzer FC, der in der Saison 2018/19 vom Start weg sagenhafte 15 Spiele nacheinander gewonnen hatte.

So weit sind die Berliner noch nicht, aber am Freitag (19 Uhr, Stadion Lichterfelde), könnten sie sich mit einem Erfolg gegen Babelsberg 03 dem Chemnitzer Rekord weiter annähern.

Für die Vereinsverantwortlichen sind die harten Fakten entscheidender: Die Tabelle weist einen Vorsprung von acht Punkten auf die VSG Altglienicke und zwölf auf Carl Zeiss Jena und Chemie Leipzig. Obwohl Altglienicke und Jena ein Spiel weniger ausgetragen haben, ist das zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison höchst komfortabel.

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„Wir wollten oben mitspielen, aber damit haben wir nicht gerechnet“, sagt Teichmann. Er gibt zwar den in solchen Situationen nicht unüblichen Hinweis auf die „erfreuliche Momentaufnahme“, sagt aber auch: „Wir wollen so lange es geht und auch am Ende oben stehen.“ Hohe Ziele verfolgte Viktoria schon öfter, doch nie passte die Realität so gut dazu wie aktuell.

Teichmann ist seit 2016 im Verein, er kennt auch die anderen Zeiten. Da folgten auf große Träume zu Saisonbeginn finanzielle Einschnitte im Winter, was zu deutlich nach unten korrigierten Ambitionen führte.

Das war Anfang 2018 und nichts zu dem, was knapp ein Jahr später passierte: Ein Investor aus China war eingestiegen und es schien nicht mehr die Frage, ob Viktoria durchstarte, sondern wann. Bis kein Geld mehr kam und im Dezember 2018 alles platzte. Insolvenz!

Der Fortbestand des Vereins war gefährdet

Der Fortbestand des Vereins mit der erfolgreichen Jugendabteilung stand auf dem Spiel. Heute sagt Teichmann: „In der Zeit habe ich sehr viel gelernt. Das hat mir geholfen. Allerdings würde ich das natürlich anders sehen, wenn die Sache mit der Löschung aus dem Vereinsregister geendet hätte.“ Hat sie aber nicht, auch weil der Insolvenzverwalter laut Teichmann einen „sensationellen Job gemacht hat“.

Noch während das Insolvenzverfahren lief, stieg im Frühjahr 2019 der Hamburger Immobilien-Unternehmer Tomislav Karajica als Hauptgesellschafter ein. Inzwischen ist auch sein Bruder Zeljko dabei. Sie unterstützen außerdem Austria Klagenfurt aus der zweiten österreichischen Liga und den Basketball-Bundesligisten Hamburg Towers.

Der neue Investor bringt Viktoria nun den Erfolg – nachdem der Versuch mit dem Geldgeber aus China als riesengroßes Desaster in Erinnerung geblieben ist.

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In der Defensive war die Mannschaft von Trainer Benedetto Muzzicato schon vorige Saison stabil, schoss jedoch kaum Tore. Beim Abbruch wegen der Coronavirus-Pandemie standen nach 21 Partien 20 Treffer zu Buche. Aktuell sind es 23. Den größten Anteil daran hat mit fünf Toren der Finne Kimmo Hovi, der vom Ligakonkurrenten Union Fürstenwalde kam.

„Wir sind jetzt generell breit aufgestellt“, sagt Teichmann. Bernd Nehrig etwa war von Zweitliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig zu Viktoria gewechselt. Der 34 Jahre alte frühere Erstligaprofi hatte nach einer Verletzung Trainingsrückstand. Inzwischen ist er fit, zählt aber bisher nicht zur Stammelf. Viele Gründe für Änderungen gibt es angesichts der Maximalausbeute aus den bisherigen Spielen nicht.

Charakter gezeigt nach 0:6 im Pokalfinale

Es läuft eben bei Viktoria. Aber wie würde ein an Siege gewöhntes Team auf Rückschläge reagieren? Im Sommer gab es einen ziemlich heftigen, das 0:6 im Berliner Pokalfinale gegen Altglienicke. „Danach hat die Mannschaft einen extrem guten Charakter gezeigt“, sagt Teichmann.

Wer die Liga so dominiert, muss – und darf – nach vorn blicken, Richtung Zulassungsverfahren zur Dritten Liga. Sportlich und wirtschaftlich sähe sich Viktoria gerüstet.

Bliebe die Stadionfrage. Ein Wegzug aus dem Stadion Lichterfelde wäre nötig. Als Alternativen sind unter anderem Poststadion und Mommsenstadion im Gespräch. Konkret ist noch nichts, zumal beide Stadien aktuell nicht für die Dritte Liga zugelassen wären. „Aber wir werden alles dafür tun, dass wir Drittliga-Fußball in Berlin anbieten können, wenn wir aufsteigen sollten“, sagt Teichmann.

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