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Ein Rudel in Weiß und Grau. Am Ende waren irgendwie alle in Leipzig ganz einverstanden mit dem 0:0.

© dpa

FC Bayern weiter zuversichtlich: Dann eben nächsten Samstag Deutscher Meister

Die Bayern sind nach der verpassten vorzeitigen Meisterschaft weiter siegessicher. Und so ein bis zum Schluss spannendes Saisonfinale hat ja auch was.

Zum Schluss noch einmal: Rudelbildung. Ist ja so üblich im modernen Fußball, wenn irgendwas nicht so gelaufen ist, wie es hätte laufen sollen. Am Samstag in Leipzig war eine ungewohnte Variante zu bestaunen. Ein schweigsames Rudel im Mittelkreis, junge Männer in wechselweise grauen und weißen Leibchen, Münchner und Leipziger, die nicht so recht wussten, was sie anfangen sollten mit diesem Nachmittag. Die einen hatten auf den Gewinn der Meisterschaft spekuliert, die anderen auf einen Euphorie verströmenden Sieg im Casting für das Pokalfinale mit derselben Besetzung am 25. Mai in Berlin. 

Am Ende bekam keiner das Gewünschte. Das 0:0 des FC Bayern beim den sächsischen Rasenballsportlern hält den Titelkampf in der Bundesliga bis zum letzten Spieltag offen und gibt auch keinen Aufschluss für die anstehende Reise nach Berlin. Was sich wiederum bestens in diese seltsame Saison fügt, die den deutschen Fans ein lange entbehrtes Gefühl zurückgibt: In der Unterhaltungsindustrie Fußball weiß am Anfang endlich keiner mehr, wie es am Ende ausgeht. „Das ist doch geil, jede Woche geht es um was“, fand Bayerns Innenverteidiger Niklas Süle.

Nach ein paar Minuten lösten die Münchner das gemischte Rudel und marschierten gemessenen Schrittes hinüber zu dem Eckchen, wo sich ihre Fans versammelt hatte. Sie hoben die Arme zum Beifall und ließen sich feiern von denen, die wohl ganz zufrieden damit waren, dass die fest eingeplante Meistersause nun in der Heimat steigen kann. Am kommenden Samstag gegen Eintracht Frankfurt, die ehemalige Mannschaft des Münchner Trainers Niko Kovac. 

„Wir wollen unbedingt das Ding mit unseren Fans im Rücken“, sprach Bayerns Kapitän Thomas Müller. „Wir haben nächste Woche nochmal ein absolutes Finale, da zählt es dann.“ Sein Klub-Chef Uli Hoeneß formulierte seine Meinung mit der ihm eigenen Diktion des unbedingten Siegglaubens: „Ich werde die kommenden Nächte selig schlafen, weil ich weiß: Wenn sie so spielen wie heute, so fighten, sich so reinhauen, dann sind wir am Samstag Deutscher Meister.“ Zum 29. Mal in der Klub-Geschichte und zum siebten Mal in Folge.

Kovac kann sich kaum Schöneres vorstellen, als ausgerechnet gegen Frankfurt Meister zu werden

Gegen die präsidiale Zuversicht lassen sich schwerlich Argumente finden. Die Bayern blicken zurück auf eine grandiose Rückrunde mit zwölf Siegen und nur einer Niederlage. Mit lässigem Lassoschwung haben sie die zwischenzeitlich davongaloppierten Dortmunder eingefangen und sie beim 5:0 so nachhaltig in die Koppel gezwängt, dass später niemand ernsthaft von einem Gipfeltreffen im klassischen Sinne reden wollte. Sie waren auch am Samstag in Leipzig die klar dominante Mannschaft, und daheim sind sie eine Macht. Die beim Champions-League-K.o. gegen Liverpool zu konstatierende Frühjahrsmüdigkeit ist nicht verdrängt, sondern verarbeitet. Dass es nun gegen die von einer bemerkenswerten Europatournee beseelten Frankfurter geht – na und? Leon Goretzka fand dafür ein eingängiges Bild: „Die haben immer das Messer zwischen den Zähnen – aber genauso werden wir auch spielen.“

Der Nationalspieler Goretzka hätte die Liga beinahe um das unverhoffte Late-Night-Finale gebracht. Mit seinem Gewaltschuss in Leipziger Tor gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit, als die Bayern schon ein bisschen von der vorweggenommenen Meisterschaft träumen durften und die Leipziger mit gesenkten Köpfen Richtung Mittellinie marschierten. Niemand im Stadion, auch nicht der fehlerfreie Schiedsrichter Manuel Gräfe, hatten gesehen, was erst der Videoassistent Marco Fritz im berüchtigten Kölner Keller auf seinem Standbild entdeckte. Dass nämlich der den Raum freisperrende Mittelstürmer Robert Lewandowski eine Fußspitze ins Abseits platziert hatte. 

Mal abgesehen von Uli Hoeneß, der über „den Witz des Jahres“ zeterte, weil der Videoschiedsrichter doch nur bei klaren Entscheidungen eingreifen dürfe und keine Stiefelspitzen-Diskussion zu führen habe, ertrugen die Bayern das aberkannte Tor mit souveränem Gleichmut. Goretzka ärgerte sich ein bisschen, aber auch nur so viel, wie es ein verhinderter Torschütze darf: „Da freust du dir einen Ast, dann wird es zurückgepfiffen und du stehst wie der letzte Idiot da.“ Niko Kovac aber ließ schnell und deutlich wissen, „dass ich ein Freund des Videobeweises bin“. Zwar stelle sich immer die Frage, wann denn da einer im Kölner Keller auf den Knopf drücke. „Wenn er es einen Tick zu spät macht, ist es Abseits, sonst ein Tor.“ Aber so, wie es sich für ihn darstelle, gehe die Entscheidung in Ordnung, „da müssen wir nicht diskutieren“. Er könne sich ohnehin kaum Schöneres vorstellen, als die Meisterschaft gegen seine alten Freunde aus Frankfurt zu feiern. Gegen die Mannschaft, bei denen sich der Fußballlehrer Niko Kovac für den Job beim FC Bayern empfohlen hat.

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