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Leipzig jubelt, Union ist ziemlich bedröppelt - zumindest die Spieler auf dem durchweichten Platz.

© Reuters

Ernüchterung zur Bundesliga-Premiere: 1. FC Union ist gegen RB Leipzig komplett chancenlos

Das hatten sich die Köpenicker anders vorgestellt. Im ersten Bundesliga-Spiel der Vereinsgeschichte unterliegt der 1. FC Union gegen RB Leipzig 0:4.

Von David Joram

45 Minuten waren im Stadion An der Alten Försterei gespielt, und eigentlich war alles wie immer. Die Fans des 1. FC Union Berlin feierten, klatschten und sangen lautstark. Sie waren schließlich dabei, bei diesem ersten Bundesliga-Spiel in der Geschichte ihres Vereins. Entsprechend stimmte auf den Tribünen alles, nur auf dem Rasen nichts. 0:3 lag der Berliner Aufsteiger zur Pause gegen RB Leipzig zurück, 0:4 hieß es am Ende.

Für Leipzig trafen Marcel Halstenberg, Marcel Sabitzer, Timo Werner und Christopher Nkunku. Union fehlte es gegen die flinken Gäste vor allem an Tempo, hinzu kamen zu viele individuelle Fehler. Und so wurde es eine bittere wie lehrreiche Premiere, die der Klub gegen den Champions-League-Teilnehmer beging. „Die Niederlage hätte deutlich höher ausfallen können“, bekannte Trainer Urs Fischer hernach.

Vorgestellt hatten sich die Unioner das natürlich anders, genauso wie den Auftaktgegner. Das von Red Bull finanzierte „Konstrukt RB Leipzig“ lehnt insbesondere die organisierte Fanszene ab. Eine Haltung, die Unions Offizielle offenbar teilen. Stadionsprecher Christian Arbeit las kurz vor Spielbeginn einen Auszug aus dem offenen Brief des „Wuhlesyndikats“ vor, Unions führender Ultra-Gruppierung, die einen 15-minütigen Stimmungsboykott angekündigt hatte.

Die Solidaritätsbekundung seitens des Vereins beklatschten die Union-Anhänger unter den 22.467 Zuschauern im natürlich ausverkauften Stadion noch. Danach schwiegen sie eisern und sahen, dass Fischer seine Startelf im Vergleich zum 6:0-Sieg im DFB-Pokal in Halberstadt auf zwei Positionen verändert hatte. Auf der rechten Mittelfeldseite begann Suleiman Abdullahi, von dem sich Fischer „Tempo und Wucht“ versprochen hatte, anstelle von Sheraldo Becker. Der eher offensiv ausgerichtete Marcus Ingvartsen musste Robert Andrich weichen. „Ich wollte mit ihm vor allem das Zentrum stabilisieren. Damit wir da kompakter stehen“, begründete Fischer Andrichs Nominierung. Allerdings griffen beide Maßnahmen nicht wie erhofft.

Abdullahi, der nach knapp einer Stunde für Becker ausgetauscht wurde, und Andrich fanden nie wirklich in die Partie – aber das durfte in diesem Duell kaum ein Spieler im roten Heimjersey von sich behaupten. Lediglich in der Anfangsphase hielten die Gastgeber mit, danach dominierten die Leipziger klar. Sie wirkten nicht nur mit dem Kopf schneller, sondern auch mit den Füßen, wenngleich Unions Mittelfeldspieler Grischa Prömel widersprach. Nicht das Tempo sei das Problem gewesen, fand er. „Ich glaube einfach, dass wir zu viele Tugenden haben vermissen lassen, die uns stark gemacht haben.“ Geschlossenheit und Zweikampfverhalten zählte Prömel auf. Wenn das fehle, sei es natürlich schwer, erst recht gegen einen Gegner wie Leipzig. Den ließ auch die tolle Kulisse kalt, die nach 15 stillen und ereignisarmen  Minuten ordentlich aufdrehte.

Die Leipziger spielten schneller, zielstrebiger und konsequenter

Leipzigs Marcel Halstenberg stellte die Regler aber gleich wieder leise. Weil ihn aus 14 Metern kein Berliner Abwehrspieler bedrängte, legte er sich den Ball in aller Ruhe vom linken auf den rechten Fuß und vollendete mühelos ins lange Eck. 1:0 für die Gäste, der Himmel weinte, und in den vielen Regentropfen, die fortan auf den Rasen prasselten, ging auch der 1. FC Union unter.

Insbesondere Andrich, der von Zweitligist Heidenheim nach Berlin gekommen war, wirkte phasenweise mit dem Tempo in der neuen Liga überfordert. Prömel und Christian Gentner, der zur Pause Angreifer Ujah weichen musste, waren im Zentrum kaum präsent. Und als sich Torwart Rafal Gikiewicz einen ungenauen Abwurf auf Kapitän Christopher Trimmel leistete, nutzte Marcel Sabitzer den Ballverlust zum 2:0. Am Spielfeldrand musste der durchnässte Fischer erstmal seine Brille polieren, doch er sah keinerlei Besserung im Spiel seiner Elf. Andrichs Ballverlust hätte Yussuf Poulsen fast zum 3:0 verholfen, sein Heber landete an der Latte.

„Gib‘ niemals auf und glaub‘ an dich“, sangen die Union-Fans energisch, die wohl spürten, dass ihr Team arg litt. Ein zarter Regenbogen tauchte am Himmel auf, allerdings auch Leipzigs Stürmer Werner vor Gikiewicz. Trotz des nassen Geläufs schloss der deutsche Nationalstürmer staubtrocken ab – 0:3.

Nach der Pause rettete Gikiewicz zweimal glänzend, nach knapp 70 Minuten war er dann erneut machtlos. Der eingewechselte Nkunku drückte den Ball zum 4:0 über die Linie, später traf er noch den Pfosten für weiter überlegene Leipziger.

Unions Fans feierten ihre Spieler nach dem Schlusspfiff dennoch. Das fand auch Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann „eindrucksvoll“. „Union ist heute noch nicht abgestiegen, wir sind nicht Meister geworden“, sagte er noch. Für die Heimelf war dies freilich nur ein schwacher Trost.

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