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Ein Trainer, viele Probleme. Das Testspiel in Hamburg hat Bruno Labbadia gezeigt, dass er noch viel Arbeit hat.

© imago images/Michael Schwarz

Ernüchterung vor dem Saisonstart: Hertha BSC und die Probleme in der Offensive

Beim 0:2 gegen den Zweitligisten HSV erzielt Hertha BSC im dritten Testspiel hintereinander kein Tor. Trainer Bruno Labbadia hat ein echtes Problem.

Ganz am Ende des Tests in Hamburg zeigte sich noch einmal auf dramatische Weise, mit welchen Problemen die Mannschaft von Hertha BSC kurz vor Beginn der neuen Saison noch zu kämpfen hat. Mangelnder Wille und fehlender Einsatz sind es nicht

Es gab Ecke für den HSV, ein Spieler stand am Ball, ein zweiter Hamburger kam ihm entgegen, um die Ecke kurz auszuführen. Von Herthas Spielern reagierte niemand – bis Torhüter Alexander Schwolow einen spitzen Schrei ausstieß, um seine Kollegen auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen. Daraufhin stürzten gleich drei Berliner aus dem Strafraum, alle drei sprinteten dem Ball entgegen, so dass sich in ihrem Rücken, in Herthas Strafraum, eine riesige Lücke auftat.

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Konzentration, Klarheit und Stringenz, daran mangelt es Hertha BSC im ausgehenden Sommer 2020. Manchmal bei der Verteidigung gegnerischer Ecken, vor allem aber im Spiel nach vorne – und da besonders in den finalen Aktionen. „Bis 25 Meter vor dem Tor bekommen wir es relativ gut hin, da haben wir auch ein gutes Positionsspiel“, sagte Herthas Trainer Bruno Labbadia nach der 0:2-Niederlage seiner Mannschaft gegen den Hamburger SV. „Bei allem danach treffen wir oft falsche Entscheidungen und sind auch ein Stück unsauber.“

Ergebnisse spielen in der Vorbereitung naturgemäß eine eher untergeordnete Rolle, vor allem auf die Inhalte kommt es an. Aber bei Hertha BSC stimmen in diesem Sommer weder die Resultate noch die Inhalte, sodass sich bei Trainer Labbadia schon vor dem Saisonstart eine leichte Ernüchterung bemerkbar macht.

Seit 282 Spielminuten hat Hertha BSC nicht mehr getroffen

Das 0:2 beim Zweitligisten in Hamburg war im vierten Vorbereitungsspiel nicht nur die dritte Niederlage hintereinander, es war auch das dritte Spiel hintereinander, in dem die Berliner ohne Tor blieben. Nur gegen den Viertligisten Viktoria Köln hat Hertha getroffen. Seitdem Daishawn Redan mit einem billigen Abstauber den 2:0-Endstand erzielt hat, sind 282 Spielminuten vergangen, in denen sich die Berliner vergeblich um einen Treffer mühten.

„Es ist doch klar, dass wir darüber nicht erfreut sind“, sagte Labbadia. „Es ist für uns auch nicht komplett neu. Wir sehen ja im Training, das uns das ein Stück abgeht.“ Das nährt den Eindruck, dass die Mannschaft es aktuell nicht besser kann. Fehlende Sauberkeit im Passspiel, Mängel in der Ballan- und -mitnahme, falsche Entscheidungen vor dem Tor, zu wenig Mut in direkten Duellen – es gibt einiges, was Herthas Trainer zu beklagen hat. „Wir arbeiten extrem daran, aber wir merken natürlich, dass wir im Moment ein Stück zu harmlos sind“, sagte Labbadia.

Zur Pause brachte Labbadia Leckie - das sagt einiges

Das Spiel in Hamburg hat die Mängel noch einmal deutlich offenbart. Und auch gezeigt, wie sehr Herthas Offensive von Matheus Cunha abhängt. Der Brasilianer war, anders als in den vorangegangenen Testspielen, der beste Mann der Berliner. Das ist einerseits schön, andererseits wenig beruhigend, wenn alle anderen Offensivleute so sehr abfallen. Den Belgier Dodi Lukebakio holte Labbadia schon zur Pause vom Feld – um stattdessen Mathew Leckie spielen zu lassen.

Das sagt einiges über Labbadias Möglichkeiten in der Offensive. „Wir brauchen ein paar Spieler im vorderen Bereich, die gefährlicher werden“, sagte er. Ein Mittelstürmer und ein Offensivspieler für die Außenbahn stehen auf der Wunschliste der Berliner, doch auf dem Transfermarkt tut sich weiterhin nichts.

Umso ärgerlicher wäre es daher, wenn Labbadia am Freitag, im DFB-Pokalspiel gegen Eintracht Braunschweig, auch noch auf Krzysztof Piatek verzichten müsste. Der Pole ist am Sonntag entgegen Herthas Wunsch mit seiner Nationalmannschaft nach Bosnien-Herzegowina gereist und wird dort am Montag ein Länderspiel bestreiten. Das Land gilt als Risikogebiet, weswegen Labbadia fürchtet, dass Piatek nach seiner Rückkehr für fünf Tage in Quarantäne muss. Sicher ist das allerdings nicht.

Die Bestimmungen sind kompliziert, auch Labbadia klagte nach dem Spiel in Hamburg über die schwer durchschaubaren Regelungen im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie. „Es ist grausam, was gerade hinter den Kulissen abläuft“, sagte er. Labbadia hatte mehrmals mit Piatek telefoniert und zudem den ganzen Tag über versucht, auch dessen Nationaltrainer ans Telefon zu bekommen. Vergebens.

Krzystof Piatek, im Winter für knapp 25 Millionen Euro vom AC Mailand verpflichtet, ist die Nummer eins in Herthas Sturm, obwohl er immer noch ein bisschen zu fremdeln scheint. Vermutlich kommt es nicht von ungefähr, dass sich den ganzen Sommer Gerüchte über eine mögliche Rückkehr Piateks nach Italien halten. Doch ein Weggang des Polen ist das Letzte, was Hertha jetzt braucht.

Die Harmlosigkeit im Sturm ist aktuell nicht das einzige Problem für Bruno Labbadia, aber vielleicht das drängendste. „Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir das am besten auffangen, solange wir nicht durchschlagskräftiger sind“, sagte Herthas Trainer. „Ich habe meine Gedanken dazu, ich weiß auch, woran es liegt, aber es ist auch nicht so einfach, das abzustellen.“ Optimismus klingt anders.

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