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Geschafft. Alba ist zum elften Mal Deutscher Pokalsieger.

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Update

Energieleistung im Finale gegen Crailsheim: Alba Berlin krönt sich zum Rekordpokalsieger

Alba Berlin hat gegen Crailsheim lange Schwierigkeiten und liegt früh mit 16 Punkten zurück. Doch am Ende eines spannenden Spiels steht der elfte Pokalsieg.

Es hatte etwas von Franz Beckenbauer bei der Fußball-WM 1990, wie Israel Gonzalez am Sonntagnachmittag über das Parkett der Arena am Ostbahnhof schlenderte. Der 47 Jahre alte Spanier hatte mit Alba Berlin soeben den ersten Titel als Cheftrainer gewonnen, seine Spieler feierten ausgelassen vor dem Fanblock, aus den Boxen dröhnte „We are the Champions“. Doch Gonzalez schaute gedankenverloren Richtung Hallendecke, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.

Wie sein Vorgänger und Lehrmeister, der große Aito Garcia Reneses, trägt er seine Emotionen nicht so sehr in die Öffentlichkeit, doch unmittelbar nach Spielende war schon zu erkennen, wie viel ihm der Pokalsieg bedeutet. Gonzalez umarmte jeden einzelnen Spieler, hier und da gab es ein Küsschen auf die Wange. „Man kann nicht stolzer sein“, sagte er. Durch ein hart erkämpftes 86:76 (15:22, 24:21, 25:15, 22:18) gegen die Merlins Crailsheim hat Alba zum elften Mal den deutschen Basketball-Pokal gewonnen und ist damit nun alleiniger Rekordhalter. „Dieses Wochenende mit Fans war so erfrischend. Die Stimmung war unfassbar“, sagte Albas Maodo Lo.

Vor genau einer Woche hatte Alba an selber Stelle locker und lässig 106:74 gegen Crailsheim gewonnen. Doch schon im Vorfeld hatten alle Beteiligten energisch betont, dass das Ligaspiel keinerlei Bedeutung habe, und dabei die altbekannte Phrase vom Pokal mit seinen eigenen Gesetzen bemüht. Alba trat mit demselben Kader an wie schon im Halbfinale und musste damit erneut auf Louis Olinde, Marcus Eriksson und Yovel Zoosman verzichten. Daran lag es aber nicht, dass die Berliner sehr lange brauchten, um in diesem Endspiel anzukommen.

Es dauerte mehr als drei Minuten, bis Luke Sikma endlich die ersten Punkte für Alba erzielte. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Crailsheimer ihren Rhythmus schon voll aufgenommen, vor allem Timothy Neocartes Shorts II., besser bekannt als T.J. Shorts.

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Der US-amerikanische Point Guard ist nur 1,75 Meter groß, verfügt aber über einen außergewöhnlichen Antritt sowie eine starke Ballbehandlung. Mit 20 Punkten im Schnitt ist er in der Liga der heißeste Kandidat für die Auszeichnung als wertvollster Spieler, und seine Extraklasse hatte er auch schon im Halbfinale gegen Braunschweig am Samstag gezeigt. Mit 26 Punkten und neun Assists war er der entscheidende Faktor und knüpfte an diese Leistung im Finale nahtlos an.

Ob aus der Distanz oder mit Zug zum Korb, Shorts ließ sich auch durch eine enge Bewachung nicht stoppen. Zur Halbzeit hatte er bereits 17 Punkte auf dem Konto, am Ende waren es überragende 30. „Er hat ein sehr starkes Spiel gemacht, aber das war uns schon vorher klar“, sagte Albas Oscar da Silva, der mit 14 Punkten und acht Rebounds ebenfalls eine exzellente Leistung zeigte. „Unser Plan war, die anderen Crailsheimer nicht ins Spiel kommen zu lassen. Das ist uns am Anfang leider nicht gelungen.“

Alba (hier mit Johannes Thiemann) hielt Crailsheim im Finale auf Distanz.
Alba (hier mit Johannes Thiemann) hielt Crailsheim im Finale auf Distanz.

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Nach einer frühen Auszeit von Gonzalez fand Alba langsam besser ins Spiel, dieser Effekt hielt aber nicht lange an. Den Berlinern fehlte gegen die gute Crailsheimer Verteidigung der Esprit, und das schlug sich in einer schwachen Trefferquote nieder. So gelang es den Crailsheimern, ihren Vorsprung auszubauen. Als Maurice Stuckey drei Freiwürfe versenkte, war dieser erstmals zweistellig und wuchs im zweiten Viertel bis auf 16 Punkte an.

„Wir haben den Beginn wieder ein bisschen verschlafen“, monierte Johannes Thiemann. Das ging auch an den 4000 Zuschauern nicht spurlos vorbei. Während die Gäste aus Baden-Württemberg bei jedem Antritt von Shorts in Verzückung gerieten, war die Besorgnis in Albas Fanblock klar zu hören.

Jaleen Smith drehte bei Alba nach der Pause auf

Doch das hielt nicht allzu lange an. da Silva brachte von der Bank viel Energie , und dann übernahm Maodo Lo in seiner unnachahmlichen Art. In den letzten Minuten der ersten Halbzeit legten die Berliner einen 18:6-Zwischenspurt hin. Nach dem Seitenwechsel machte Alba genau dort weiter und konnte durch zwei Freiwürfe von Jaleen Smith zum ersten Mal seit dem 0:0 ausgleichen.

Doch richtig rund lief es immer noch nicht. Wo das Berliner Spiel sonst oft so leicht und flüssig aussieht, war es am Sonntag eher kämpferisch geprägt. So gelang es Alba in dieser Phase mehrmals, Smith im Eins-gegen-Eins mit dem physisch deutlich schwächeren Shorts zu isolieren. Smith ackerte sich an die Freiwurflinie, und Shorts musste nach drei schnellen Fouls eine seiner seltenen Pausen einlegen.

Wenig später war es erneut Smith, der Alba erstmals in Führung brachte. Der Liga-MVP der Vorsaison kommt nach schwachem Beginn in Berlin immer besser in Schwung und hatte vor dem Pokalwochenende angekündigt, dass „große Spieler für große Aktionen in dieser Art von Spielen“ gemacht seien – und ließ den Worten am Sonntag Taten folgen. Auch Jonas Mattisseck und Lo, der zum MVP der Pokalendrunde gewählt wurde, drehten nun auf.

Die Berliner gingen mit sechs Punkten Vorsprung in die letzten zehn Minuten. Dort sah es schnell nach der Entscheidung aus, doch Shorts kämpfte Crailsheim wieder auf drei Punkte heran. Enger wurde es aber nicht mehr. „Wir müssen diesen Moment genießen“, sagte Gonzalez, und verabschiedete sich in die Berliner Siegesfeier.

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