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Endlich angekommen. Sheraldo Becker ist bei Union mittlerweile Stammspieler.

© imago images/Bernd König

Endlich angekommen beim 1. FC Union Berlin: Sheraldo Becker ist mehr als nur schnell

In seinem zweiten Jahr in Berlin zeigt der Niederländer endlich sein Potenzial. Beim 1. FC Union ist Becker aktuell gesetzt – auch am Montag gegen Hoffenheim.

Ohne die passende Athletik geht im Profifußball gar nichts mehr – und auf den Außenbahnen gilt das vor allem für die Geschwindigkeit. Vielleicht war es diese Entwicklung, die Usain Bolt 2018 dazu animierte, es nach seiner grandiosen Leichtathletik-Karriere im professionellen Fußball zu versuchen. In Sachen Schnelligkeit macht ihm schließlich niemand etwas vor. Besonders erfolgreich war das Experiment des jamaikanischen Sprint-Superstars dann aber nicht, Anfang 2019 begrub er die Pläne wieder. Nur schnell zu laufen ist halt doch nicht genug.

In der vergangenen Saison wirkte es manchmal, als hätte der 1. FC Union Bolt doch noch zu einer Bundesliga-Karriere verholfen. Auf der rechten Außenbahn der Berliner flitzte ein Neuzugang mit unfassbarem Tempo die Linie entlang. Anders als Bolt hat Sheraldo Becker in der Jugend von Ajax Amsterdam zwar eine exzellente fußballerische Ausbildung erfahren, am Ball agierte der 25 Jahre alte Niederländer aber meist sehr unglücklich.

Mal machte er eine vielversprechende Konterchance mit einem unsauberen ersten Kontakt zunichte, mal haperte es am Abschluss, und deutlich zu häufig segelten seine Flanken ins Toraus. Dazu kamen häufige muskuläre Probleme, und so fand sich Becker nach einigen Einsätzen zum Saisonbeginn fast nur in der Reha oder auf der Bank wieder. Als einzige positive Randnotiz blieb der Bundesliga-Geschwindigkeitsrekord, den er mit mehr als 36 Stundenkilometern zwischenzeitlich aufstellte.

„Ich habe in den Niederlanden fünf Jahre lang fast immer gespielt, und dann komme ich hier her und sitze auf der Bank“, blickt Becker auf seine unbefriedigende erste Saison zurück. „Meine Familie war nicht hier, meine Freunde waren nicht hier. Ich habe mich allein gefühlt, und das war hart.“

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Vergleicht man den Sheraldo Becker der Saison 2019/20 mit jenem aus den ersten Wochen dieser Spielzeit, sind bis auf die Geschwindigkeit nur wenige Parallelen zu erkennen. Vor dem Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim am Montag (20.30 Uhr, live auf Dazn) ist er aus der Stammformation von Union nicht wegzudenken. Der Rechtsaußen wirkt seit Wochen viel konzentrierter, blickt vor den Flanken nach oben und serviert den Ball dann oft präzise auf den zweiten Pfosten zu einem Mitspieler. So bereitete er gegen Mainz das 1:0 von Max Kruse vor und beim Heimspiel gegen Freiburg am vergangenen Spieltag gleich mehrere Chancen für Joel Pohjanpalo.

„Meine Einstellung ist in dieser Saison eine andere“, sagt Becker als maßgebliche Erklärung für den deutlichen Leistungssprung. Im Sommer hat er viel über seine Situation gesprochen – mit seinem Berater, der Familie, Freunden und auch mit Urs Fischer. „Ich habe alles auf Null gesetzt, habe meinen Kopf frei bekommen und mir gesagt: Das muss mein Jahr werden“, erzählt Becker.

Dass es bisher so aussieht, als könnte er dieses Ziel tatsächlich erreichen, liegt auch an seiner guten körperlichen Verfassung. Warfen ihn in der vergangenen Saison noch viele Verletzungen zurück, ist er nun durchgängig fit. „Im Sommer habe ich zwei Wochen Pause gemacht und danach jeden Tag trainiert“, sagt Becker, dessen Berater extra eine Art Trainingslager nahe Düsseldorf organisiert hatte.

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Das hat sich ausgezahlt, und allgemein wirkt es, als habe Becker aus seiner ersten Saison die richtigen Lehren gezogen. An die physischere Spielweise in der Bundesliga hat er sich mittlerweile gewöhnt und das gilt auch für die taktischen Anweisungen Fischers. Anders als bei ADO Den Haag, wo er die letzten drei Jahre vor seinem Wechsel in der Eredivisie spielte und hauptsächlich für die Offensive zuständig war, verlangt Unions Trainer auch von seinen Außenbahnspielern viel Defensivarbeit. „In den Niederlanden sind die besten Spieler die Flügelstürmer, die brauchen ihre Power für den Angriff und deshalb kannst du dich auch mal mehr ausruhen“, sagt Becker.

Die nötigen Anpassungen in seinem Spiel sind ihm offenbar gelungen. „Jeder braucht eine gewisse Eingewöhnungszeit, und die ist bei jedem anders“, sagt Trainer Fischer. „Im Moment macht es Sheraldo sehr gut und nutzt seine Chance.“

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