zum Hauptinhalt
Sein größter Moment. 2014 gewann Joachim Löw mit der Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft.

© imago images/MIS

Ende der Ära Joachim Löw: Der Rücktritt hat etwas Befreiendes

Für Joachim Löw hätte es frühere und bessere Zeitpunkte für den Rücktritt gegeben. Doch immerhin liegt der Fokus nun auf einer erfolgreichen EM. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Michael Rosentritt

Der deutsche Fußball verdankt Joachim Löw einiges. Etwa die Modernisierung der Nationalmannschaft, die oft stilbildend war und lange anhielt, bis hin zum Gewinn der Weltmeisterschaft in Rio 2014. Nach fast unvorstellbaren 15 Jahren wird Löw das Amt als Trainer der immer noch wichtigsten deutschen Mannschaft im Sommer nach der EM zur Verfügung stellen. Und trotz aller Erfolge ist das gut so.

Denn er ist nun schon sehr lange im Amt. Als Löw im Sommer 2004 als Assistent von Jürgen Klinsmann beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) angefangen hat, war er ein Mann von Mitte 40. Anfang Februar hat er seinen 61. Geburtstag gefeiert.

Die EM wird sein siebtes und letztes großes Turnier sein. Löw überholt damit Helmut Schön und stellt eine weitere Rekordmarke in seiner beispiellosen Bundestrainerkarriere auf. Die meisten Spiele (189) und die meisten Siege (120) hat er schon. Kein Nationaltrainer in den 211 Fifa-Mitgliedsländern ist länger im Amt als er.

Doch zu Löws Wirken gehören auch große Niederlagen bis hin zum Scheitern bei der WM 2018 in Russland sowie ein ins Stocken geratener Neuaufbau.

Löw hat sich in den vergangenen Jahren wegen seiner Sturheit, seiner an Arroganz grenzenden Kritikunfähigkeit und seiner fehlenden Präsenz im Fußballalltag angreifbar gemacht. Das spiegeln auch die Reaktionen wieder: Anerkennung gibt es für ihn, größeres Bedauern bleibt aus.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräteherunterladen können.]

Es hätte frühere und vielleicht bessere Zeitpunkte für den Abgang gegeben; der jetzige Zeitpunkt hat aber auch etwas Befreiendes. Von nun an drehen sich die Debatten nicht mehr um seine Zukunft, sondern wie die EM erfolgreich gestaltet werden kann.

Im Sommer wird damit eine Ära enden. Bis dahin bleibt dem DFB genügend Zeit, einen Nachfolger zu finden. Es fallen Namen wie der in Liverpool gerade strauchelnde Jürgen Klopp, der bereits abgewunken hat, und der verfügbare Ralf Rangnick.

Die junge Generation um Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel hat große Dinge bei RB Leipzig und beim FC Chelsea vor. Bei Hansi Flick dürfte der FC Bayern sein Veto einlegen. Dass Löws Assistent Marcus Sorg ihm folgt, gilt als unwahrscheinlich. Zu groß ist der Wunsch nach einem klaren Schnitt. Löw war lange da, Löw war auch lange gut. Aber irgendwann ist lange zu lang.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false