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Weitermachen: Nach der enttäuschenden WM warten auf Bundestrainer Henrik Rödl und sein Team neue Aufgaben.

© Swen Pförtner/dpa

EM-Qualifikation mit Testspielcharakter: Welche Folgen der Machtkampf der Verbände für das Basketball-Nationalteam hat

Das deutsche Team steht bereits als Teilnehmer der Basketball-EM fest. Dennoch muss es in die Qualifikationsrunde. Das riecht nach Wettbewerbsverzerrung.

Wenn man gerade mit der Bahn in Wien angekommen ist, dann ist es Quatsch, sich noch ein Zugticket nach Wien zu kaufen. Wenn man bei „Mensch ärgere Dich nicht“ bereits alle vier Figuren ins Ziel gebracht hat, dann ist es Quatsch, noch mal zu würfeln. Und wenn man bereits für eine Europameisterschaft qualifiziert ist, dann ist es Quatsch, noch an der Qualifikationsrunde teilzunehmen.

Könnte man meinen. Doch beim Basketball-Weltverband Fiba sieht man das offenbar anders. Denn bei der Qualifikationsrunde für die EM im nächsten Jahr spielen auch vier Nationalteams mit, die für das Turnier bereits gesetzt sind. Die vier Ausrichter nämlich, zu denen neben Italien, Georgien und Tschechien auch Deutschland gehört. Unter diesen vier Ländern werden die vier Vorrundengruppen aufgeteilt, eine davon wird ihre Spiele im September 2021 in Köln austragen. Die Finalrunde findet dann in Berlin statt.

Basketball-Bundestrainer Henrik Rödl sieht den Qualifikationsmodus kritisch

Die Teams der vier Ausrichternationen bei der Qualifikation einfach außen vor zu lassen, kam für die Fiba jedoch offenbar nicht in Betracht – obwohl sich natürlich große Fragen in Sachen Wettbewerbsverzerrung stellen. Schließlich treten Italien, Georgien, Tschechien und Deutschland in den regulären Qualifikationsgruppen an und treffen dort auf Gegner, die sich das Ticket für die EM erst noch erspielen müssen. Die Spiele gegen die bereits qualifizierten Ausrichternationen fließen dennoch in die Wertung ein.

Auch Bundestrainer Rödl hat damit seine Probleme. Am Freitagabend (20 Uhr/Magentasport) starten er und sein Team in Vechta mit einem Heimspiel gegen Frankreich in die Qualifikation mit Testspielcharakter. Es wäre vernünftiger gewesen, „die bereits qualifizierten Nationen in eine separate Gruppe zu bringen“, sagte Rödl kürzlich in einem Interview mit dem Basketball-Magazin „BIG“.

Ohnehin wirft der Qualifikationsmodus viele Fragen auf. Gespielt wird in acht Vierergruppen, von denen sich aber jeweils die ersten drei Teams qualifizieren – oder eben die zwei bestplatzierten plus das Gastgeber-Team. Warum überhaupt eine aufwändige Qualifikation spielen, wenn ohnehin fast alle Teams am Ende den Sprung schaffen?

Ein Machtkampf zerklüftet den Basketball

Sportliche Antworten auf solche Fragen gibt es kaum, dafür politische. Schon seit Langem schwelt ein Machtkampf zwischen dem Weltverband Fiba und der Klubvereinigung ECA, die hinter dem europäischen Spitzenwettbewerb, der Euroleague, steht. Beide wollen sie mehr Präsenz neben dem Geschäft der nationalen Ligen.

Die Fiba trägt ihre Qualifikationsspiele deshalb seit 2017 in Länderspielfenstern während der Saison aus, die Euroleague hat den Umfang ihres Wettbewerbs immer weiter erhöht und dabei eine 18er-Liga geschaffen, deren Spielbetrieb mit 34 Spieltagen parallel zu den nationalen Ligen läuft.

Gefragter Mann: Der 23-jährige Andreas Obst (rechts) zählt bereits zu den erfahreneren Spielern im deutschen Kader für das erste Länderspielfenster der EM-Qualifikation.
Gefragter Mann: Der 23-jährige Andreas Obst (rechts) zählt bereits zu den erfahreneren Spielern im deutschen Kader für das erste Länderspielfenster der EM-Qualifikation.

© Swen Pförtner/dpa

Beide Pläne kollidieren immer wieder miteinander. Die Euroleague weigert sich, ihre Termine anzupassen und Spieler freizugeben, solange nicht auch die nordamerikanische Profiliga NBA in eine Lösung eingebunden wird. Auch deren Spieler fehlen bei den Qualifikationsrunden. Die Fiba möchte umgekehrt nicht klein beigeben. Den aufgeblähten Qualifikationsmodus für die EM zieht sie deshalb einfach durch.

Auf Bundestrainer Rödl und sein Team warten deshalb sechs Qualifikationsspiele, in denen es nicht viel zu gewinnen gibt. „Es geht darum, weiter an unserer Identität zu arbeiten und einige junge Spieler zu testen“, sagt er. Der Fokus liegt für ihn ohnehin auf einem ganz anderen Qualifikationsturnier, auf dem im Juni für die Olympischen Spiele nämlich. Für die anstehenden Spiele gegen Frankreich und in Großbritannien (Montag, 21 Uhr) hat er einen sehr jungen Kader mit fünf potenziellen Debütanten nominiert. Die Gegner wird es freuen.

Leonard Brandbeck

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